Bewerbung:"Ich kenne da jemanden"

Den Nutzwert des Netzwerks betont jeder Karriereberater: Doch wer seine Kontakte professionell nutzen will, sollte einige Regeln beachten.

Julia Bönisch

Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) werden immer weniger Jobs über eine klassische Stellenanzeige vergeben. Kontakte dagegen sind schon bei 40 Prozent der Neueinstellungen entscheidend - Tendenz steigend. Ohne jemanden zu kennen, der jemanden kennt, sind die Chancen einer Bewerbung gleich viel schlechter.

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Netzwerk: Ohne Vitamin B haben Bewerber auf dem Arbeitsmarkt verloren.

(Foto: Foto: iStock)

Ganze Aktiengesellschaften haben sich deshalb mittlerweile der professionellen Kontaktpflege verschrieben, wie etwa Xing mit der dazugehörigen Karriereplattform, auf der mittlerweile schon über 2,6 Millionen Nutzer registriert sind.

Bewerbung ohne aktuelles Zeugnis

Doch wie können Bewerber ihren Bekanntenkreis tatsächlich für die Karriere nutzen? Von einem befreundeten Manager einer renommierten Firma zufällig zu erfahren, dass dort ein interessanter Job frei wird, ist ein erster Schritt. So erreichen die Bewerbungsunterlagen zumindest frühzeitig die Personalabteilung. Doch noch wichtiger ist die persönliche Empfehlung.

"Für ein Unternehmen ist die Beurteilung eines Bewerbers außerordentlich schwierig", sagt der Karriere-Experte Heiko Mell. "Gerade dann, wenn er sich aus ungekündigter Position heraus bewirbt." In solchen Fällen nämlich kann kaum ein Jobaspirant ein aktuelles Zeugnis mitschicken. Die Referenzen früherer Arbeitgeber sind oft veraltet und nicht mehr aktuell. "Ein fünf Jahre altes Schreiben sagt überhaupt nichts mehr aus. Deshalb müssen sich Chefs einzig auf die Angaben des Bewerbers verlassen - und das ist riskant. Eine Empfehlung ist da außerordentlich hilfreich."

Vermittlung durch den Vorstandsvorsitzenden

Schon im Anschreiben sollte ein Bewerber darauf aufmerksam machen, dass er über gute Kontakte verfügt. Der Hinweis auf die Beziehungen könnte etwa lauten: "Ich berufe mich bei meiner Bewerbung auf die Empfehlung von Herrn XY, der für Auskünfte jederzeit gern zur Verfügung steht." In Klammern sollte der Bewerber gleich die Telefonnummer des Betreffenden vermerken. "Das spart Zeit, der Vorgesetzte muss sie dann nicht extra raussuchen", sagt Mell.

Der Chef einer Personal- und Karriereberatung rät Bewerbern, zwei Regeln zu beachten: Im Unternehmen müsse der Referenzgeber bekannt sein. "Wird jemand von einem x-beliebigen Herrn Meier empfohlen, bringt das überhaupt nichts." Zudem dürfe er auf keinen Fall zu hochrangig sein. Sonst frage sich jede Personalabteilung sofort, warum der Vorstandsvorsitzende dem Bewerber nicht gleich selbst einen Job besorgt hätte. "Hinzu kommt: Niemand traut sich, dort anzurufen und tatsächlich Erkundigungen einzuholen."

Frühere Vorgesetzte seien dagegen ideale Kontaktpersonen. Auch auf ehemalige Kollegen könne sich der Bewerber berufen. Auf frühere Untergebene jedoch sollte man verzichten.

Hat es der Bewerber bis ins Vorstellungsgespräch geschafft, braucht er sich laut Mell nicht mehr auf seinen Kontakt zu berufen. Vielmehr sollte er sich nur auf die Wirkung seiner Persönlichkeit verlassen. "Außerdem wird der Gesprächspartner das Thema schon ansprechen."

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"Ich kenne da jemanden"

Diplomatie oder Lüge?

So wichtig persönliche Empfehlungen für Bewerber sind - Mitarbeiter, die von Freunden gebeten werden, sich für sie einzusetzen, sollten sich dies genau überlegen. Denn verwendet sich ein Angestellter bei seinem Vorgesetzten für einen Kandidaten, übernimmt er damit Verantwortung für dessen Leistung. Sobald ein Unternehmen nicht zufrieden mit dem Kandidaten ist, bleibt auch ein Makel am Referenzgeber haften.

Doch was tun, wenn ein Bekannter um Hilfe bittet, den der Mitarbeiter nun wirklich nicht empfehlen kann? Eine direkte und offene Ablehnung des Wunsches bedeutet das Ende für die Freundschaft, deshalb ist hier Diplomatie gefragt. In so einem Fall beschränkt man sich entweder auf die Weitergabe reiner Fakten. Bittet der Vorgesetzte um mehr Informationen, sollte sich der Angestellte mit den Worten "Es tut mir leid, mehr kann ich zu dem Bewerber nicht sagen", aus der Affäre ziehen.

Oder aber man lügt. Das empfiehlt zumindest Mell: "Ein Mitarbeiter kann zusagen, sich für jemanden zu verwenden - ohne es dann wirklich jemals zu tun. Besser man flunkert, als die eigene Karriere aufs Spiel zu setzen."

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