Terrorgruppen in der Türkei:Geschichte der Gewalt

Die kurdische Untergrundorganisation PKK, die für den Anschlag in Istanbul verantwortlich sein soll, hat eine lange Geschichte der Gewalt. Doch auch andere Gruppen terrorisieren die Türkei.

Pia Röder

Das Attentat, das am Sonntag Istanbul erschüttert hat, ist eines der blutigsten der vergangenen Jahre. Immer wieder wurde die Türkei Schauplatz schrecklicher Anschläge. Türkische Medien machen für den jüngsten Terrorakt die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verantwortlich.

Terrorgruppen in der Türkei: Polizisten blockieren eine Straße im Stadtteil Güngören in Istanbul, in dem sich der Anschlag ereignet hat.

Polizisten blockieren eine Straße im Stadtteil Güngören in Istanbul, in dem sich der Anschlag ereignet hat.

(Foto: Foto: dpa)

Die PKK ist nicht die einzige Organisation, die in der Türkei Terroranschläge verübt, doch viele Attentate werden ihr von Behörden und Medien zugeschrieben. Insgesamt sollen bei den Kämpfen der PKK Schätzungen zufolge fast 40.000 Menschen ums Leben gekommen sein. Seit dem die PKK nach dem Militärputsch 1980 verboten wurde kämpfen viele Mitglieder der Partei mit Waffen für ihre kulturelle Selbstbestimmung und Unabhängigkeit vom türkischen Staat.

Den Höhepunkt fand diese Auseinandersetzung 1999, als der PKK-Führer Abdullah Öcalan gefasst und in der Türkei zum Tode verurteilt wurde - was auf Druck der EU 2002 in lebenslange Haft umgewandelt wurde. Im Jahr 2004 sind die Kämpfe zwischen der türkischen Regierung und der PKK wieder aufgeflammt und haben in den darauffolgenden Jahren in ihrem Ausmaß zugenommen.

Attentäter wurden in Trainingslagern von al-Qaida ausgebildet

Erst im Mai vergangenen Jahres riss ein Selbstmordattentäter in Ankara sechs Menschen mit in den Tod. Nach Behördenangaben hatte der Mann Verbindungen zur PKK. Deren Splittergruppe Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) soll für eine Terrorwelle im Jahr 2006 verantwortlich sein. Attentäter der TAK versteckten in der Vergangenheit ihre Bomben oft in Mülleimern - wie auch die Bomben beim Anschlag vom Sonntag in Mülleimern lagen.

Kurdische Extremisten bekannten sich Medienberichten zufolge außerdem zu einer Bombenexplosion in einem Istanbuler Stadtbus, bei der im März 2006 ein Mann getötet wurde. Die Behörden vermuten die PKK zudem hinter Anschlägen mit drei Toten im März 2006 im osttürkischen Van und mit fünf Toten im Juli 2005 im westtürkischen Touristenort Kusadasi.

Doch nicht nur kurdische Terrorgruppen rund um die PKK sollen für Anschläge in der Türkei verantwortlich sein. Die Angreifer, die am 8. Juli 2008 drei Polizisten vor dem US-Konsulat in Istanbul erschossen, wurden laut Berichten türkischer Medien in Trainingslagern des Terrornetzwerks al-Qaida in Afghanistan ausgebildet.

Die nach einem getöteten Al-Qaida-Führer benannten Abu-Hafs-al-Masri-Brigaden bekannten sich zu Bombenanschlägen auf zwei Hotels in Istanbuler Touristenvierteln im August 2004. Zwei Menschen wurden dabei getötet. Für eine Attentatsserie mit 61 Todesopfern im November 2003 in Istanbul wurden später sieben Mitglieder einer türkischen Al-Qaida-Zelle zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.

Anschlag auf Bushs Hotel

Auch Linksextremisten verüben in der Türkei blutige Anschläge. Bei einem Selbstmordattentat in einem Istanbuler Stadtbus riss im Juni 2004 eine Aktivistin der Revolutionären Volksbefreiungsfront drei Menschen mit in den Tod. Auch zu einem Selbstmordattentat vor dem deutschen Konsulat in Istanbul mit drei Toten im September 2001 bekannte sich die Gruppe.

Viele weitere Attentate, wie der Anschlage nahe der Blauen Moschee in Istanbul, sind ungeklärt. 1998 explodierte eine Bombe in einem Park nahe der berühmten Moschee und tötete neun Menschen. Bei einer ganzen Serie von Anschlägen im November 2003 starben 61 Menschen. Alleine die Explosionen nahe einer Filiale der britischen Investmentbank HSBC im Stadtviertel Levent und vor dem britischen Konsulat forderten fast 500 Verletzte und 27 Tote.

Im Juni 2004, vier Tage vor dem Gipfeltreffen der Nato, wurden in Istanbul bei der Explosion zweier Bomben vier Menschen getötet und mindestens 18 verletzt. Ein Sprengsatz detonierte in einem vollbesetzten Bus im historischen Altstadtviertel Fatih. Nur wenige Stunden zuvor war in der türkischen Hauptstadt Ankara ein Sprengsatz in unmittelbarer Nähe des Hilton-Hotels explodiert, in dem US-Präsident George W. Bush untergebracht werden sollte.

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