Prozess um "Kuckuckskinder":Der Kuckuck muss zahlen

Lesezeit: 2 min

Scheinväter können Unterhalt künftig zurückbekommen: Der Bundesgerichtshof hat die Regressansprüche eines vermeintlichen Vaters gestärkt, der jahrelang Unterhalt gezahlt hat.

Helmut Kerscher

Das schöne Frühlingslied "Kuckuck, Kuckuck, ruft's aus dem Wald" von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben mag gehörig zum guten Image des seltsamen und immer seltener werdenden Vogels beigetragen haben. Im Lied des Nationalhymnen-Dichters wird er gar als "trefflicher Held" besungen, wiewohl jeder den "Brutparasitismus" des Kuckucksweibchens kennt.

Prozess um "Kuckuckskinder": Der falsche Vater muss nicht zahlen. (Foto: Foto: dpa)

So hat sich der Begriff "Kuckuckskinder" längst für Kinder eingebürgert, deren Mütter den "Scheinvater" in falscher Sicherheit über die Abstammung wiegen. Einer dieser Männer hat jetzt den Bundesgerichtshof (BGH) zu einer Korrektur seiner Rechtsprechung veranlasst.

Künftig kann ein "Scheinvater", der jahrelang Unterhalt bezahlt hat, in einem Regress-Prozess gegen den mutmaßlichen Kindsvater die biologische Abstammung klären lassen. Mit dieser Maßgabe wird sich nun erneut das Oberlandesgericht (OLG) Celle der Klage eines Scheinvaters zuwenden. Dieser hatte für drei während seiner Ehe geborenen Kinder, die jetzt im Teenager-Alter sind, jahrelang Unterhalt bezahlt. Kurz vor der Scheidung focht er gerichtlich erfolgreich seine Vaterschaft an. Damit war aber noch nicht geklärt, wer der wirkliche Vater ist und wer dem "Putativvater" die Unterhaltsleistungen ersetzen soll.

Der Verdacht des Scheinvaters richtete sich gegen den jetzigen Lebensgefährten der Mutter. Der erkannte indessen die Vaterschaft nicht an, und auch die Frau verweigerte ein "Vaterschaftsfeststellungsverfahren". Der amtlich als Nicht-Vater festgestellte Mann konnte ein solches Verfahren weder selbst noch mit Hilfe des Jugendamts einleiten.

Dies ist eine Folge der seit 1. Juli 1998 geltenden Kindschaftsreform: Danach durfte das Jugendamt nicht mehr über eine Amtspflegschaft die Vaterschaft feststellen lassen. Der BGH wiederum hatte im Jahr 1993 entschieden, dass die Vaterschaft nicht "inzident" im Rahmen eines Regress-Verfahrens zwischen zwei Männern festgestellt werden dürfe.

Somit konnte ein Scheinvater zwar versuchen, seine Unterhaltsleistungen einzuklagen. Sein Recht war aber ohne Mitwirkung der Mutter und des vermutlichen Kindsvaters nicht durchsetzbar. Das OLG Celle sprach im aktuellen Fall von einer "misslichen Lage" des Scheinvaters, sah sich jedoch nicht imstande, ihm zu helfen. Im Übrigen könne eine solche Feststellung für die betroffenen Kinder belastend sein.

Das Gericht lehnte die Klage ab, reichte den Fall aber zur Rechtsfortbildung an den BGH weiter. Der wollte den Scheinvater nicht mehr "faktisch der Willkür der Kindesmutter und des wahren Erzeugers" aussetzen. Der BGH ließ "in Ausnahmefällen wie dem vorliegenden" die Feststellung der Vaterschaft im Rahmen eines Regress-Prozesses zu.

Künftig wird es solche Ausnahmefälle kaum noch geben. Seit dem 1. April ist nämlich das neue Gesetz zur Vaterschaftsfeststellung in Kraft. Danach kann in einem "Verfahren auf Klärung der Abstammung" auch gegen den Willen der Mutter die genetische Abstammung von Kindern ermittelt werden. Ihre Einwilligung und die der anderen Beteiligten kann vom Familiengericht ersetzt werden. Dieses muss natürlich auch und gerade an die Folgen für die betroffenen Kinder denken. Das Gesetz sieht deshalb für besondere Lebenslagen und Entwicklungsphasen vor, das Verfahren auszusetzen. Kinder können schließlich nichts dafür, dass sie Kuckuckskinder sind.

© SZ vom 18.4.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: