Spendenskandale bei Parteien:Mit einem Bein neben dem Gefängnis

Eine Lehre aus den Spendenskandalen, die sich Parteien seit Gründung der Bundesrepublik leisteten: Am Ende zahlt der Steuerbürger die Rechnung.

Hans Leyendecker

Die Geschichte der Parteispendenskandale ist so alt wie die Republik. Schon 1949 hing bei der Abstimmung, ob Bonn oder Frankfurt Bundeshauptstadt wird, der faulige Geruch der Korruption in der Luft. Fortan traten einige Politiker als Wiederholungstäter auf. Über Jahrzehnte lenkten sie, am Staat und an den Gesetzen vorbei, Geld in die Schatullen der Parteien. Wenn Parteien natürliche Personen wären, hätten die Gerichte zumindest einigen von ihnen die Berufsausübung nach Paragraph 70 des Strafgesetzbuches untersagen und die Sicherungsverwahrung nach Paragraph 66 des Strafgesetzbuchs anordnen müssen.

Spendenskandale bei Parteien: In seinem Namen ging ein Beben durch die Republik: Friedrich Karl Flick, im März 1984 als Zeuge im Untersuchungsausschuss. Politiker von Union, FDP und SPD hatten in den siebziger Jahren vom Flick-Konzern hohe Spenden erhalten. Als Folge der Affäre wurde das Parteispendengesetz verschärft.

In seinem Namen ging ein Beben durch die Republik: Friedrich Karl Flick, im März 1984 als Zeuge im Untersuchungsausschuss. Politiker von Union, FDP und SPD hatten in den siebziger Jahren vom Flick-Konzern hohe Spenden erhalten. Als Folge der Affäre wurde das Parteispendengesetz verschärft.

(Foto: Foto: AP)

Als Kanzler Konrad Adenauer regierte, gab es im Kanzleramt eine schwarze Kasse, die von Unternehmen gefüllt wurde, er setzte sie im politischen Kampf ein. Fragen nach der Herkunft des Geldes beantwortete er nie. Die Sozialdemokraten, schwindelte er, bekämen Gelder aus der "Soffjetzone". Sein Schüler Helmut Kohl hat im Jahr 2000 vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestags erklärt, er habe mit Spenden von unbekannt gebliebenen Gönnern hantiert, weil er "die Chancenungleichheit vor allem mit der SPD verringern" wollte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund unterstütze die SPD und habe dabei "auch jede Form von Schamgefühl im Blick auf parteipolitische Neutralität verloren", sagte er. Das klang fast so wie "Soffjetzone".

1954 wurde die Staaatsbürgerliche Vereinigung (SV) gegründet, die bei rund hundert Großunternehmen das Inkasso organisierte. Ziel war es, die SPD von der Macht fernzuhalten und den Einfluss der Gewerkschaften zu begrenzen. Als die Spendenmaschine SV vier Jahre nach der Gründung vom Bundesverfassungsgericht gestoppt wurde, gingen die Geldverwalter - fast ausnahmslos Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes- in die Illegalität.

Sie tarnten die Geschäftstätigkeit, suchten Zuflucht in Liechtenstein und schleusten das Geld wie gewöhnliche Gauner in die Kassen der bürgerlichen Parteien. "Wie die Dinge bisher sind, stehen wir alle mit einem Fuß im - oder sagen wir besser - neben dem Gefängnis", sagte Adenauer 1962 im CDU-Bundesvorstand. Illegal flossen über die SV bis 1980 umgerechnet mehrere hundert Millionen Euro an CDU, CSU und FDP. Allein im Bundestagswahlkampf 1972 wurden über eine "Aktion Berg" umgerechnet 15 Millionen Euro, die in der Schweiz oder Liechtenstein gewaschen worden waren, in die Kassen der CDU geschleust.

Wer sich heute über die legale Millionenspritze des August Finck junior für die FDP empört, sollte sich erinnern, vor welchem Abgrund an Schurkerei das Land in früheren Zeiten stand. Anfang der Achtziger wurde die Republik durch den Flick-Skandal erschüttert. Ein Konzern hatte das Land gekauft, um eine Steuerbefreiung zu erreichen. Seitdem gehört das Wort von der Landschaftspflege nicht mehr zu einer Gärtnerei, sondern zum politischen Betrieb. Unternehmen und CDU unterhielten einen "Höseler Kreis", in dem gefachsimpelt wurde, wie der Ausbau der Mitbestimmung verhindert werden könnte und wer der geeignete Kanzlerkandidat wäre. Bonner Staatsanwälte stoppten das Treiben in den achtziger Jahren.

Die größten Fälle der jüngeren Vergangenheit waren die Spendenmauscheleien Helmut Kohls und die Geldwäscherei der hessischen CDU, die 1983 umgerechnet zehn Millionen Euro in die Schweiz verschieben ließ. Ein Teil des Geldes stammte möglicherweise aus den Geldreserven der SV. Die CDU musste eine Strafzahlung in Höhe von 21 Millionen Euro leisten.

Der reiche Mann bedankte sich artig

Im Sommer vergangenen Jahres entschied die Bundestagsverwaltung, dass die FDP 4,3 Millionen Euro Strafe zahlen müsse, weil der ehemalige FDP-Landeschef Jürgen Möllemann zwischen 1996 und 2002 verdeckte Spenden in die Parteikasse gelenkt hatte. Woher Möllemann das Geld hatte, blieb ungeklärt, möglicherweise war es sein eigenes. Auch die SPD steckte immer wieder in Parteispenden-Turbulenzen. In den achtziger Jahren flog eine Geldwäsche über Israel auf. In jüngerer Zeit gab es die großen SPD-Spendenskandale in Köln und Wuppertal. Der Kölner Skandal stand im Zusammenhang mit dem Bau einer Müllverbrennungsanlage, die viel zu groß dimensioniert war. In der Folge stiegen die Müllgebühren.

Über alle Zeiten hinweg gilt, dass am Ende der Steuerbürger für jedwede Form von Klientelpolitik die Zeche zahlt. Dem Kölner Skandal hat die Republik einen neuen Begriff zu verdanken. Ein Sozialdemokrat sprach von "Danke-schön-Spenden". Vielleicht müssen die Gaben des Milliardärs Finck vor und nach der Bundestagswahl an die FDP auch so verstanden werden: Der reiche Mann bedankte sich artig.

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