Fall Mitja:Ermordet in der Gartenlaube

Der neunjährige Mitja aus Leipzig ist missbraucht und dann erstickt worden. Der mutmaßliche Mörder ist der Besitzer der Laube, in der die Leiche des Jungen entdeckt worden war.

Christiane Kohl

In der Straßenbahn waren die beiden fotografiert worden. Das Bild aus einer Überwachungskamera der Leipziger Verkehrsbetriebe, das am Samstag in allen Zeitungen der Messestadt erschien, führte die Polizei direkt auf die Spur des mutmaßlichen Mörders.

Leipzig neunjähriger Junge Mitja vermisst tot

Die Aufnahme der Überwachungskamera in einer Straßenbahn mit dem Gesuchten und dem getöteten Mitja.

(Foto: Foto: dpa)

Es handelt sich um den Besitzer einer Gartenlaube, in deren Nähe die Leiche des Jungen am Samstagabend gefunden worden war. Gegen den flüchtigen 43-jährigen Mann aus Schkeuditz bei Leipzig ist Haftbefehl wegen Mordes erlassen worden, nach ihm wird bundesweit gefahndet.

Mitja wurde nach Erkenntnissen der Ermittler vermutlich erstickt und missbraucht. Das ergab eine erste Obduktion am Sonntag. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Abend mitteilten, kann aber erst eine Feingewebsuntersuchung Gewissheit bringen. Nach Angaben der Polizei war der dringend tatverdächtige Mann 1998 wegen sexuellen Missbrauchs zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Seit Donnerstagnachmittag war Mitja spurlos verschwunden. Zuvor hatte er die Kindertagesstätte ,,Sonnenhügel'' im Leipziger Ortsteil Stahmel besucht, wo während der sächsischen Skiferien Spiele für daheimgebliebene Kinder angeboten wurden.

Gewöhnlich wurde der Junge von seinen Eltern aus der Kita abgeholt, wie eine Polizeisprecherin berichtet: Ausgerechnet für diesen Tag aber hatte das Kind ,,eine schriftliche Genehmigung seiner Eltern, allein mit der Straßenbahn nach Hause zu fahren''. Mitja galt als fröhlich und kontaktfreudig, auf dem Heimweg von der Kita muss er auf seinen Mörder getroffen sein. Als der Junge nicht nach Hause kam, erstatteten seine Eltern am Donnerstagabend Vermisstenanzeige.

In den folgenden Tagen suchten die Ermittler mit Spürhunden nach dem Kind, 30 Polizisten durchkämmten Straßen und Gärten, auch ein Hubschrauber wurde eingesetzt - doch der Junge schien wie vom Erdboden verschluckt. Dabei war Mitja noch am Donnerstag in Begleitung des bis dahin unbekannten Mannes in einem Bäckerladen gesichtet worden. Die beiden kauften Backwaren ein, dann fuhren sie mit der Straßenbahn davon, und dort gerieten sie dann ins Visier der Videoüberwachung.

Gezielt hatten die Polizisten an Hand von Fotos des Jungen im Umfeld der Kindertagesstätte das Bildmaterial in den Überwachungskameras überprüft. Am Freitag wurden sie fündig und gaben die Aufnahme zur Veröffentlichung frei: Es zeigt den Mann, wie er neben Mitja in der Straßenbahn sitzt, ganz ersichtlich lachen die beiden miteinander.

Nach der Veröffentlichung des Fotos gingen in Leipzig verschiedene Hinweise bei den Ermittlern ein - einer davon führte schließlich zum Fundort der Leiche in der Kleingartenanlage am nördlichen Stadtrand in Richtung Flughafen im Leipziger Ortsteil Modelwitz.

Ein Nachbar hatte den Mann aus dem Überwachungsvideo erkannt und sich bei der Polizei gemeldet. Bei der Überprüfung der Gartenlaube fanden die Ermittler die Leiche des Neunjährigen. Am Sonntag bestätigte die Polizei dann offiziell, dass der Mann auf dem Foto der Besitzer der Gartenlaube ist. Zunächst war unklar, ob der Junge seinen Mörder womöglich gekannt haben könnte, und auch deshalb so arglos mit ihm erst zum Bäcker und dann in die Laube mitgegangen war.

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