Münchner Sicherheitskonferenz:Westerwelle fordert EU-Armee

Außenminister Westerwelle plädiert für den Aufbau europäischer Streitkräfte, um eigenständig Krisenmanagement zu betreiben.

P.-A. Krüger

Vorstoß auf der Münchner Sicherheitskonferenz: In seiner Tagungsrede hat sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) dafür ausgesprochen, eine gemeinsame europäische Armee aufzubauen, um den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen gerecht zu werden.

Guido Westerwelle Münchner Sicherheitskonferenz EU-Armee Iran dpa

Westerwelle während seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz

(Foto: Foto: dpa)

Westerwelle sagte: "Das langfristige Ziel ist der Aufbau einer europäischen Armee unter voller parlamentarischer Kontrolle". Die Europäische Union müsse ihrer politischen Verantwortung "als globaler Akteur gerecht werden", so der Außenminister.

Die EU müsse eigenständig Krisenmanagement betreiben können und die Fähigkeit entwickeln "rasch, flexibel und im gemeinsamen Verbund handeln können".

Zudem deutete Westerwelle an, dass er sich vorstellen kann, die EU über Westeuropa hinaus auszuweiten. Die Generation der heute Vierzigjährigen habe die Chance, dieses Kooperationsmodell "weit über Westeuropa hinaus" auszubauen, vielleicht sogar auf den ganzen europäischen Kontinent. Die Türkei nannte Westerwelle nicht.

Bei einem Besuch in Ankara vor wenigen Wochen hatte Westerwelle die Unterstützung der Bundesregierung im Prozess um einen EU-Beitritt zugesagt - und war dafür später vom Koalitionspartner kritisiert worden.

Westerwelle: "Hand des Westens bleibt ausgestreckt"

"Mehr Europa richtet sich gegen niemanden", sagte der Vizekanzler nun in München. "Vor Europa muss sich niemand fürchten, aber auf Europa soll sich jeder verlassen können."

Im Atomstreit mit Iran betonte Westerwelle nochmals seine Sorge. Er habe nach den Äußerungen des iranischen Außenministers Manuschehr Mottaki am späten Freitagabend auf der Sicherheitskonferenz "leider keinen Anlass", diese Haltung zu revidieren.

Mottaki hatte gesagt, dass seine Regierung zwar grundsätzlich bereit sei, auf einen Vorschlag von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA einzugehen, der einen Tausch von iranischem Uran gegen neue Brennelemente für einen Forschungsreaktor in Teheran vorsieht. Allerdings ist Iran Mottakis Äußerungen zufolge nicht bereit, die Bedingungen des von der IAEA entworfenen Abkommens zu akzeptieren.

Westerwelle sagte in seiner Rede, die Hand des Westens bleibe ausgestreckt, "aber bisher greift sie ins Leere". Wenn es "wirklich einen neuen Ansatz zur Zusammenarbeit geben sollte, dann müssen den Worten aus dem Iran konkrete Taten folgen".

Eine Einigung mit der IAEA über den Teheraner Forschungsreaktor wäre laut dem Außenminister ein vertrauensbildender Schritt.

Westerwelle stellte aber klar, dass selbst eine solche Einigung den Atomstreit nicht lösen könne. Es müsse Verhandlungen geben, um den zivilen Charakter des iranischen Nuklearprogramms sicherzustellen. Eine atomare Bewaffnung sei nicht akzeptabel und würde "zu einer Destabilisierung der ganzen Region" führen.

Nach Westerwelle sprach sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow.

Russland kritisiert den Westen

Der Außenminister warf dem Westen vor, eine Verteidigungspolitik zu seinen Lasten zu betreiben. Das Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit in ganz Europa sei nicht mehr gewährleistet, kein Staat dürfe aber seine Sicherheit auf Kosten anderer gewährleisten. Der Nato hielt Lawrow vor, sie habe mit ihrer Erweiterungspolitik nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Grenzen des Bündnisses nach Osten verschoben.

Lawrow folgt mit diesen Äußerungen der neuen russischen Militärdoktrin, nach der die Nato-Osterweiterung als eine der größten Bedrohungen für Sicherheit des Landes gesehen wird. Auch die inzwischen geänderten US-Pläne für ein Raketenabwehrsystem in Osteuropa werden in den verteidigungspolitischen Grundsätzen der Regierung in Moskau als Grund zur Sorge genannt.

Russland behält sich zudem weiter das Recht vor, auf eine existenzbedrohende Gefahr mit einem Atomschlag zu reagieren.

Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sei für die Nato-Politik benutzt und damit geschwächt worden, sagte Lawrow.

OSZE-Mitglieder hätten etwa Jugoslawien 1999 bombardiert und damit gegen das Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit verstoßen. Diese Entwicklung müsse gestoppt werden. Die USA, Europa und Russland müssten sich um neues gegenseitiges Vertrauen bemühen. Dabei sei die Hauptfrage, ob es einen gemeinsamen europäischen Raum gebe oder Regionen, in denen verschiedene Standards gälten.

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