Dialekte:Nürnberger Maadla, Fürther Maadli

Die fränkischen Nachbarstädte Nürnberg und Fürth sind grundverschieden und doch ganz ähnlich - zumindestens was den Dialekt angeht, der dort gesprochen wird.

Christoph Plass

"Das Schönste an Nürnberg ist die U-Bahn nach Fürth." Sagen die Fürther. "Was bekommt man nach zehn Jahren unfallfreiem Autofahren in Fürth? Ein Nürnberger Kennzeichen." Sagen die Nürnberger. Und: Die Art und Weise, wie sie das sagen, die ist ziemlich die gleiche - auch wenn sie das wohl nicht zugeben würden.

"Die Dialekte der beiden Städte sind sich relativ ähnlich", sagt Sibylle Reichel vom Sprachatlas für Mittelfranken an der Uni Erlangen. Unterschiede gebe es vor allem in der Pluralisierung von Verkleinerungsformen: Aus Nürnberger "Knedla" ("Knödelchen") werden in der Nachbarstadt "Knedli", aus "Maadla" ("Mädchen") "Maadli".

"Soll ich mich fier mei Sprach ziern, fürn Dialekt geniern?", fragt die Fürtherin Karin Jungkunz (sie ist für die heutige Sprechprobe im Internet zu hören). Nein, das muss sie wohl nicht - "Dialekt hat mit Identität zu tun, Sprache ist Heimat", sagt Sibylle Reichel.

Ein problematischer Nebenaspekt dieser lokalen Identifikation sei allerdings, "dass viele Regionen Wörter und Sprechweisen als typisch nur für sie empfinden". Für den Nürnberger ist beispielsweise das "fei" typisch Nürnbergisch, obwohl es ja sehr viel weiter verbreitet ist.

Der Ausbreitung von gleichen Sprechweisen steht aus wissenschaftlicher Sicht die Vermischung mit "Fremdgut" gegenüber: Gerade im Ballungsraum Nürnberg sieht sich der alte Stadtdialekt mit vielen Sprachkomponenten aus anderen Regionen vermischt.

Die Warnung "Die Mundart stirbt aus" klinge zwar sehr dramatisch, sagt Sibylle Reichel - das sei aber durchaus zutreffend: "Untersuchungen von Sprachforschern haben ergeben, dass die jungen Nürnberger kaum noch den Stadtdialekt kennen."

Dieser sei nicht einmal ein einheitlicher Dialekt, erklärt die Expertin: Von Westen her dringen oberostfränkische Faktoren in den Nürnberger Sprachraum ein, von Osten werden die Franken mit nordbayerischen Dialekten konfrontiert. "Beispielhaft dafür sind die gestürzten Diphthonge wie etwa im Oberpfälzischen", sagt Reichel. Für "lieb" sage man "le-ib", aus "gut" werde "goud".

Von Pegnitz bis Windsbach zieht sich ein breiter Sprachstreifen durch Nürnberg, der nordwestlich aber noch vor Erlangen endet. "Man spricht nicht Mittelfränkisch in Mittelfranken", sagt Sibylle Reichel - das gehe eher über oberrheinische Lippen.

Was man sprachlich kennt aus Nürnberg und Fürth - durch die Komödianten Heißmann und Rassau in den ganzen Freistaat getragen -, sei gar kein echter Dialekt dieser Region. "Da wird viel verbreitet, das umgangssprachlich standardisiert wurde. Dinge, die eigentlich gar nicht nach Nürnberg gehören", macht die Sprachforscherin da aus.

Radiohörer kennen das "typisch fränkische Allmächdnaa". Reichel: "Dafür weiß kaum noch ein Nürnberger, dass in der Stadt der ,Schnee' eigentlich ,Schne-i' heißen müsste."

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