Gefährliche Wechselwirkungen:Der Grapefruit-Effekt

Fruchtsäfte hemmen oft die Wirkung von Arzneien - das kann erhebliche Folgen haben. Auch andere Lebensmittel sind keineswegs so ungefährlich, wie man gemeinhin annimmt.

Christina Berndt

Ein Glas Pampelmusensaft kann aus einer normalen Tablette eine tödliche Überdosis machen. Davor warnen Fachleute seit Jahren, doch nun müssen sie ihre Warnungen ausweiten: Pampelmusen bedrohen die Gesundheit auch, indem sie die Wirkung wichtiger Arzneien schwächen, berichtete David Bailey von der University of Western Ontario auf der Tagung der American Chemical Society.

Gefährliche Wechselwirkungen: Gefährliche Frucht: Der Saft der Pampelmuse kann die Wirkung von Arzneien erheblich beeinflussen.

Gefährliche Frucht: Der Saft der Pampelmuse kann die Wirkung von Arzneien erheblich beeinflussen.

(Foto: Foto: d-g/www.pixelio.de)

Er präsentierte erste Studien an Menschen und betonte zugleich: Das Ganze gilt nicht nur für Pampelmusen und Grapefruits (eine Kreuzung aus Pampelmuse und Orange), sondern auch für Apfelsinen und Äpfel.

Die Früchte nehmen etlichen Arzneien die Wirkung - auch solchen gegen lebensbedrohliche Krankheiten. Das Antiallergikum Fexofenadin gehört dazu, das Krebsmittel Etoposid, mehrere Betablocker und Antibiotika.

Ich bin sicher, dass wir noch mehr Medikamente finden", so Bailey. In seiner neuesten Studie nahmen Freiwillige ein Antihistaminikum ein. Mit Grapefruitsaft kam nur die Hälfte des Medikaments im Blut an.

Mineralwasser meiden

Bailey und die Grapefruit sind alte Bekannte. Es war der Pharmakologie-Professor, der 1991 entdeckte, wie gefährlich die Früchte Patienten werden können. Dabei hatte er in einem Versuch nur den bitteren Geschmack eines Blutdrucksenkers mit Grapefruitsaft vertuschen wollen.

Viele Patienten mussten schon unter dem Grapefruit-Effekt leiden. Manche sind gar gestorben. Die Deutsche Herzstiftung berichtete vom Tod eines 29-Jährigen, in dessen Blut wegen seines täglichen Saftkonsums die 30-fache Menge eines Antiallergikums schwamm. Inzwischen sei der Effekt bei mehr als 50 Arzneien bekannt, darunter Schmerztabletten, Antidepressiva und die Anti-Baby-Pille, sagt Thomas Eschenhagen vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf.

Ihr Geheimnis ist den Pampelmusen entlockt: Der Stoff Naringenin, der den Früchten ihre Bitterkeit verleiht, hemmt Stoffwechselwege: sowohl die CYP450-Enzyme, die Fremdstoffe abbauen, als auch - wie Bailey nun entdeckte - den Transporter OATP1A2, der Stoffe vom Darm ins Blut befördert.

Es würden immer mehr Wechselwirkungen von Arzneien und Lebensmitteln bekannt, sagt Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Auch Milch, Tee, Rotwein, Knoblauch, Kresse und Brokkoli könnten Therapien beeinflussen. Sogar Mineralwasser: "Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte Tabletten mit Leitungswasser einnehmen."

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