Porträt: Christine Haderthauer:"Ich glaube, ich bin eine Chance für die Partei"

Mit einer Überdosis Selbstbewusstsein versucht CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer, Kritik in der CSU zu ersticken.

Peter Fahrenholz

Als Erwin Huber noch CSU-Generalsekretär war, hat er die Erkenntnis, dass am Ende er der Schuldige sein wird, wenn es nicht wie gewünscht läuft, in einen Satz von zeitloser Gültigkeit gegossen: "Der Sündenbock ist kein Herdentier".

Porträt: Christine Haderthauer: Christine Haderthauer: "Ich liebe es, Generalsekretärin zu sein", sagt sie, der Job sei wie für sie gemacht.

Christine Haderthauer: "Ich liebe es, Generalsekretärin zu sein", sagt sie, der Job sei wie für sie gemacht.

(Foto: Foto: AP)

Wenn die Wahl so schlecht ausgeht, wie die Umfragen verheißen, könnte dieses Einzelschicksal am Sonntag der aktuellen Generalsekretärin Christine Haderthauer drohen. Nicht nur, weil die Schuldfrage in der CSU schon immer relativ brutal gehandhabt worden ist. Sondern auch, weil Haderthauers Wahlkampagne in den eigenen Reihen auf großes Unbehagen stößt, von dem die Generalsekretärin selbst allerdings völlig unberührt ist. "Die Fähigkeit zur Selbstkritik ist nicht überentwickelt bei ihr", sagt ein CSU-Präside über die Frau, die Huber gegen den Rat der meisten anderen CSU-Größen berufen hat.

Es ist eine lange Liste, über die genörgelt wird. Die ganze Grundanlage des Wahlkampfes sei falsch, sagt einer, der schon viele CSU-Wahlkämpfe miterlebt hat. Viel zu oft sei die Tonlage gewechselt worden, der Slogan "Bayern wählen" verkenne völlig, dass die Zeiten vorbei seien, in denen die CSU mit Bayern gleichgesetzt worden sei.

Dass Haderthauer während der Sommerferien Plakate mit der Botschaft "Sommer, Sonne, CSU" hat kleben lassen, ist parteiintern auf eine Mischung aus Kopfschütteln, Befremden und Wut gestoßen. Jetzt sei wochenlang die Sonnenölindustrie gefördert worden, maulte der Münchner Abgeordnete Ludwig Spaenle im CSU-Vorstand, ob denn nun endlich wieder etwas für die Wahl getan werde?

Auch der von CSU-Chef Huber angezettelte Kreuzzug gegen die Linken wird von vielen als verfehlt eingeschätzt. Zwar hat es dafür auf Versammlungen kräftigen Applaus gegeben, aber die eingeschworenen CSU-Anhänger jubeln immer dann, wenn der politische Gegner attackiert wird. Ob damit Unentschlossene gewonnen werden können, ist fraglich.

Der ganze Linkswahlkampf, "das ist doch nicht die Kernsorge unserer Wähler", schimpft ein hochrangiger CSU-Mann. Stattdessen sei die Gefahr, die von der FDP und den Freien Wählern ausgehe, völlig vernachlässigt worden. "Das ist überhaupt nicht antizipiert worden."

Keinerlei Selbstzweifel

Wer mit Christine Haderthauer über solche Vorwürfe spricht, gewinnt den Eindruck, dass es in Bayern in den vergangenen Monaten zwei völlig unterschiedliche CSU-Kampagnen gegeben hat. "Wir haben noch nie soviel Zustimmung zu einer Kampagne gehabt", sagt Haderthauer.

Das hat sie auch in der letzten CSU-Vorstandssitzung so vorgetragen. Da hat dann einer dazwischengerufen, ja und sie sei sicher die "Gröwaz", die größte Wahlkämpferin aller Zeiten. Das hat für einen Lacher gesorgt, er war nicht herzlich gemeint. Dass vor allem im Oberland die Mobilisierung der eigenen Leute mäßig ist, lastet Haderthauer nicht ihrer Kampagne, sondern den örtlichen Mandatsträgern an, ihren eigenen Landtagskollegen. Sie kämpften nicht genug. "Manche suchen ihr Heil unter dem Küchentisch", sagt Haderthauer.

Lesen Sie, wie Christine Haderthauer auf Kritik aus den eigenen Reihen reagiert.

"Ich glaube, ich bin eine Chance für die Partei"

Sie selbst ist von keinerlei Selbstzweifeln angekränkelt: "Ich glaube, ich bin eine Chance für die Partei." Haderthauer sollte das Defizit ausgleichen, das die CSU seit langem bei jüngeren Frauen hat. So hatte sich Parteichef Huber das gedacht. Eine Frau, die erfolgreich als Anwältin gearbeitet hat, ehe sie Abgeordnete wurde, und trotzdem verheiratet ist und Kinder großgezogen hat, so wie es sich in der CSU immer noch gehört. Die dazu eloquent und telegen ist. Das wäre in der Tat eine Chance für die CSU gewesen.

Porträt: Christine Haderthauer: Kritiker werfen CSU-Generalsekretärin Haderthauer vor, sie kenne die Partei nicht.

Kritiker werfen CSU-Generalsekretärin Haderthauer vor, sie kenne die Partei nicht.

(Foto: Foto: AP)

Eine Erklärung für die Überdosis Selbstbewusstsein

Aber vielleicht ist das alles etwas zu schnell gegangen für Haderthauer: 2002 das erste Mandat als Stadträtin in Ingolstadt, 2003 in den Landtag gewählt, vier Jahre später bereits Generalsekretärin. Vielleicht ist dieser kometenhafte Aufstieg die Erklärung für die Überdosis Selbstbewusstsein, mit der sie die Zweifel in den eigenen Reihen ersticken will.

Und die sind im Grunde nicht geringer geworden seit ihrer Berufung. Sie kenne die Partei nicht, habe sie trotz ihrer vielen Auftritte bis heute nicht kennengelernt, im Grunde sei sie ein "Fremdkörper" in der CSU, sagen Kritiker, die allesamt zumindest vor der Wahl nicht mit Namen genannt werden wollen.

Hier zeigt sich eine alte CSU-Krankheit: In der Partei traut sich solange keiner offen Kritik zu äußern bis nicht klar ist, woher der Wind weht. Anonym aber sticheln die Herren ungeniert: Der Erfolg sei Haderthauer zu Kopf gestiegen, sie sehe sich "als eine Art Märchenprinzessin der CSU", spiele sich auf, als sei sie die geschäftsführende Vorsitzende, heißt es. "Sie ist die oberste Sekretärin der Partei, sie bestimmt nicht den Kurs", sagt einer.

Das alles könnte Haderthauer möglicherweise kompensieren, Erfolg in der Politik setzt nicht voraus, bei den eigenen Leuten beliebt zu sein. Doch dafür braucht man ein Netzwerk, zumindest ein Handvoll Leute, auf die man sich verlassen kann. Ein Netzwerk, das die anderen jüngeren Ehrgeizlinge in der CSU seit den Tagen in der Jungen Union geknüpft haben, und das Haderthauer fehlt, ja, auf das sie auch gar keinen Wert zu legen scheint. Sie habe sich inzwischen mit maßgeblichen Leuten in der Partei überworfen, heißt es in der CSU.

Chuzpe und Charisma

Der schlimmste Fehler, den Haderthauer in den Augen ihrer Parteifreunde macht, ist aber, dass sie ihrer wichtigsten Rolle nicht gerecht wird. Ein CSU-Generalsekretär wird von keinem Parteitag gewählt, er wird vom Parteivorsitzenden berufen und ist damit dessen Geschöpf. Das verlangt unbedingte Loyalität.

Haderthauer müsste eine Hausmacht für den schwächelnden Huber organisieren, müsste alle seine Fehler auf sich nehmen. Stattdessen sagt sie, der Kreuzzug gegen die Linke, das seien "Äußerungen des Parteivorsitzenden" gewesen.

Sie verlässt sich ganz darauf, dass sie an der Basis gut ankommt. "Super vernetzt" sei sie, sagt sie und hält sich selbst für "die beste Rednerin, die die CSU hat". Um mit so einem Egotrip durchzukommen, muss man schon die einzigartige Seehofer-Mischung aus Chuzpe und Charisma haben. Und selbst der musste schon Niederlagen hinnehmen.

Gut möglich, dass Haderthauer das Bauernopfer wird, wenn der Wahlabend schlecht verläuft.

Das glaubt sie selbst überhaupt nicht, und zwar nicht nur, weil sie auf ein gutes Ergebnis setzt. Sondern auch, weil sie überzeugt ist, dass sie so gut ist, dass ihr gar nichts passieren kann. "Ich liebe es, Generalsekretärin zu sein", sagt sie, der Job sei wie für sie gemacht.

Und was sagt sie all den Parteifreunden, die ihr vorwerfen, die Partei nicht zu kennen, das Geschäft nicht zu beherrschen? Als Antwort darauf streckt Christine Haderthauer den Mittelfinger heraus.

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