Gefährlicher Kriegsschrott:Ein Torpedo im Starnberger See

Ein Polizeikommando sprengt eine 400 Kilogramm schwere Bombe, die im Zweiten Weltkrieg aus der Luft abgeworfen worden war.

G. Summer und Ch. Deussing

Der Starnberger See ist am gestrigen Mittwoch zum Sperrgebiet geworden: Ein Hubschrauber kreiste über dem Wasser, zwei Hundertschaften der Polizei und Helfer der Wasserwacht und DLRG riegelten von neun Uhr an den Nordteil des Sees komplett ab. Ein Sporttaucher hatte nämlich in 25 Metern Tiefe vor dem Ufer in Niederpöcking eine mutmaßlich scharfe deutsche Übungsbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt.

Gefährlicher Kriegsschrott: Polizei am Ufer des Starnberger Sees: Zunächst war die Bombe für eine Tonne oder Abfall gehalten worden.

Polizei am Ufer des Starnberger Sees: Zunächst war die Bombe für eine Tonne oder Abfall gehalten worden.

(Foto: Foto: dpa)

Das Objekt war zunächst für eine Tonne oder Abfall gehalten worden. Erst am vergangenen Freitag stellten Experten fest: Bei dem zwei Meter langen und 400 Kilo schweren Fundstück handelte es sich um einen Torpedo, der Schiffe zerstören sollte und zur Erprobung offenbar von einem Flugzeug der Wehrmacht abgeworfen worden war.

Aus dem Starnberger- und dem Ammersee sind in der Vergangenheit zwar schon wiederholt Handgranaten, jede Menge Munition und 1988 sogar ein abgestürzter US-Militärhubschrauber geholt worden. "Aber einen solchen Fall haben wir noch nicht gehabt", sagte Günter Hanft, Chef des Sprengkommandos München und Ingolstadt, der die Aktion leitete.

Die mehr als 60 Jahre alte Bombe zu entschärfen, war seinen Worten nach unmöglich. Das Kriegsrelikt hatte nämlich einen abgebrochenen Magnetzünder, der 100 Jahre aktiv bleibt, auf Metall im Umkreis von fünf Metern reagiert und so den Sprengkörper zur Detonation bringen kann.

Bei dem Taucher, der die Bombe fand, handelt es sich um den Saint-Exupéry-Forscher Lino von Gartzen aus Berg. Der 35-Jährige Unterwasserarchäologe hatte mit französischen Kollegen das Flugzeugwrack des französischen Dichters an der Künste von Marseille untersucht.

Auf die Bombe im stockdunklen Starnberger See war er bereits im März 2003 gestoßen. Bei einem Tauchgang hatte der Forscher im schlammigen Grund eine halb skelettierte Leiche entdeckt. Und in der Nähe fiel ihm ein von Algen überwuchertes Objekt im Seegrund auf, das er später auch fotografierte.

Auf den ersten Bildern des Fundstückes war allerdings wenig zu erkennen. Experten der Polizei dachten daher zunächst, dass dem Taucher eine alte Abfalltonne vor die Linse geraten war. Gartzen jedoch blieb skeptisch. Vergangene Woche legte er den Fachleuten eine gut ausgeleuchtete und scharfe Fotografie des mysteriösen Objektes vor - und bei den Sachverständigen schrillten die Alarmglocken.

Wie viel Sprengkraft die Bombe tatsächlich hatte, konnten die Spezialisten bis zuletzt nicht ganz klären. Hanft konnte nicht ausschließen, dass es kein Übungstorpedo, sondern ein Gefechtskopf mit 300 Kilo Sprengkraft war, der im See lag. Bei der Explosion einer solchen Bombe wäre eine bis zu 100 Meter hohe Fontäne aus dem Wasser geschossen. Als die Bombe dann detonierte, war die Fontäne allerdings nur zehn Meter hoch. Die Zahl der Schaulustigen hielt sich angesichts des recht kühlen Herbstwetters in Grenzen.

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