IKB: Staat findet Lone Star:"Heuschrecke" aus Texas

Schnelles Geld, rigorose Praktiken: Der neue IKB-Eigner Lone Star ist eine "Heuschrecke" aus Texas. Was will der Retter der Mittelstandsbank?

Tobias Dorfer

Wer genau hingehört hat, der konnte schon im Januar ahnen, wer bald der angeschlagenen IKB-Bank aus der Patsche hilft. Damals sinnierte Karsten von Köller, Deutschlandchef des Finanzinvestors Lone Star, über die Finanzkrise, über notleidende Banken - und über die eigene Rolle.

IKB: Staat findet Lone Star: Verkauf perfekt? Günther Bräunig (links), Vorstandsvorsitzender der IKB-Bank, Wolfgang Kroh (Mitte), Vorstandssprecher der KfW-Bankengruppe, und Karsten von Köller, Geschäftsführer von Lone Star Deutschland.

Verkauf perfekt? Günther Bräunig (links), Vorstandsvorsitzender der IKB-Bank, Wolfgang Kroh (Mitte), Vorstandssprecher der KfW-Bankengruppe, und Karsten von Köller, Geschäftsführer von Lone Star Deutschland.

(Foto: Foto: dpa)

"IKB, SachsenLB, WestLB oder was da noch kommen könnte, diese Banken müssen alle restrukturiert werden", sagte Köller der Financial Times Deutschland - und natürlich war klar, dass sich Lone Star selbst aktiv ins Getümmel stürzen würde. "Ich halte es für möglich, dass in den nächsten Monaten bis ins nächste Jahr hinein etwas auf Lone Star zutreibt", orakelte Köller.

Die SachsenLB wird inzwischen von der Landesbank Baden-Württemberg aufgepäppelt, die WestLB durch Landesbürgschaften am Leben gehalten, da trieb - um es mit Köllers Worten zu sagen - die IKB schnurstracks auf Lone Star zu. Der Investor musste sich nicht einmal sieben Monate gedulden.

Die einst als solide geltende IKB, die mittelständische Unternehmen mit Darlehen versorgt, geht nun also an einen Finanzinvestor, der vor allem auf das schnelle Geld scharf ist. Das wirft Fragen auf. Die wichtigste ist: Wer sind die geheimnisvollen Bankenretter?

Lone Star ist eine texanische Beteiligungsfirma, die erst 1995 in Dallas von dem Finanzmann David Grayken gegründet wurde. Er war ein Schützling zweier texanischer Milliardäre, der Bass-Brüder. Graykens Firma investiert vor allem das Geld amerikanischer Pensionfonds und anderer institutioneller Investoren.

Die deutsche Dependance sitzt in Frankfurt am Main, wenige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Mitten im Epizentrum der deutschen Bankenszene agiert der Investor ziemlich lautlos - dafür meistens mit harter Hand.

Bedrängte Kreditnehmer

Der Hedgefonds spekuliert stets auf einen günstigen Preis. Zu Schleuderpreisen kaufen die Investoren Firmenanteile oder faule Kredite auf - um dann möglichst schnell die Unternehmen zu zerlegen oder die Kredite auszulösen. Erst vor wenigen Wochen übernahm Lone Star ein Paket mit Kreditpapieren von der krisengeplagten Investmentbank Merrill Lynch. Ein Notverkauf, denn die Papiere waren einmal 30 Milliarden Dollar wert. Lone Star bekam sie für lediglich sieben Milliarden - ein Abschlag von 80 Prozent.

In Deutschland ist der Name Lone Star vor allem in Verbindung mit bedrängten Kreditnehmern zu hören. Der Investor ist - zusammen mit der Investmentbank Goldman Sachs - auch hierzulande einer der größten Abnehmer von faulen Hypothekenkrediten, die von Banken und Sparkassen zum Schleuderpreis abgestoßen werden. In den meisten Fällen geschieht das ziemlich lautlos. Laut wird es aber immer dann, wenn die Kredite ausgelöst werden sollen - und das kann ziemlich schnell passieren.

Die kruden Geschäftsmethoden der Investoren bekam auch eine Sparkassenkundin aus dem schleswig-holsteinischen Negernbötel zu spüren. Als Kathy Thedens Schwierigkeiten mit den Zahlungen hatte, musste sie plötzlich erfahren, dass ihre Hausbank das Darlehen an Lone Star weitergereicht hatte. Die Investoren waren wenig zimperlich. "Jetzt regiert hier der Zwangsverwalter", sagte Thedens wütend. Auch die deutschen Gerichte haben sich bereits mit den Geschäftspraktiken von Lone Star beschäftigen müssen.

Im ostdeutschen Lauchhammer übernahm Hudson Advisors, eine Schwesterfirma von Lone Star, die Problemkredite der örtlichen Kommunalen Wohnungs- und Baugesellschaft - und räumte kräftig auf. Die Amerikaner, die eng mit der Deutschen Bank zusammenarbeiten, kündigten Zwangsvollstreckung an, um die Immobilien - sie dienen als Sicherheit - zu Cash zu machen. Der Insolvenzverwalter wehrte sich gerichtlich gegen die "Heuschrecken".

Lone-Star-Deutschlandchef Köller wies Vorwürfe, hier würden skrupellos Geschäfte gemacht werden, immer strikt zurück. Es sei "eine Mär", dass seine Firma regelmäßig bediente Kredite vollstrecke.

Weniger Ärger hat Lone Star, zumindest in Deutschland, mit seinen Beteiligungen. Dort gelang der Beteiligungsgesellschaft sogar ein richtiger Achtungserfolg.

Sanierung mit harter Hand

Zwar schlug der Kauf der Bankgesellschaft Berlin im Jahr 2002 fehl, weil dem Berliner Senat das Angebot zu niedrig war. Als Bankenretter profilierte sich Lone Star jedoch im Fall der Allgemeinen Hypothekenbank Rheinboden. Die kurz vor dem Zusammenbruch stehende Bank wurde von den neuen Eignern mit harter Hand saniert, verkleinert, schlanker gemacht. Heute schreibt das Institut unter dem neuen Namen Corealcredit wieder schwarze Zahlen.

Für Lone Star hat sich das Geschäft so oder so gelohnt: Als Anreiz für die Übernahme zahlten die damaligen Eigentümer dem Investor eine Startprämie von 870 Millionen Euro.

Auch beim IKB-Engagement ist das Risiko für die lautlosen Bankenretter nicht so groß, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn die Mittelstandsbank wird nicht vollständig verkauft. Um den Deal attraktiv zu machen, wurde das Institut in zwei Teile aufgeteilt. Im Angebot ist vorerst nur der gute Teil, der als Kern die Adressenliste und die Verbindung zu den Mittelstandskunden enthält.

Der schlechtere Teil der IKB, in dem sich die spekulativen Geschäfte verbergen, verbleibt dagegen bei der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und soll erst zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden.

Für das Filetstück der Mittelstandsbank wollte die Bundesregierung ursprünglich 800 Millionen Dollar haben. Doch die neuen Geldgeber haben den Preis offenbar gedrückt - und zwar nach unten. In Finanzkreisen galt zuletzt ein Preis um 500 Millionen Euro als wahrscheinlicher.

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