Krisen erfordern Entschlossenheit, Wahlkämpfe auch.
Der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain überraschte Amerika gestern mit seiner Ankündigung, nach Washington zu reisen, um im Kongress einen Kompromiss zur Rettung des Finanzsystems zu schmieden.
Er sagt, er wolle dafür den Wahlkampf unterbrechen - dabei setzt er ihn fort, nur mit anderen Mittel. McCains Manöver soll Führungsstärke und Überparteilichkeit beweisen.
Der Republikaner will präsidentiell wirken - und seinen Kontrahenten Barack Obama als Spalter bloßstellen. Die Botschaft: In Zeiten der Krise rückt Amerika zusammen, bis auf Obama.
Dreister hätte McCain die Krise für den Wahlkampf nicht ausschlachten können. Obama hatte McCain am Mittwochmorgen eine gemeinsame Erklärung zur Finanzkrise vorgeschlagen. Stunden später meldete sich McCain bei Obama und stimmte zu.
Die Antwort nicht abgewartet
Er bat Obama außerdem, nach Washington zu kommen und den Wahlkampf zu unterbrechen. Obama sagte, er wolle darüber nachdenken. Statt eine Antwort abzuwarten, stürmte McCain in New York vor die Kameras und verkündete seinen Coup.
Außerdem dringt McCain darauf, die für Freitag geplante Fernsehdebatte mit Obama zu verschieben. Als neuen Termin schlägt er den 2. Oktober vor. Dann würde wohl das geplante Stellvertreter-Duell zwischen Joe Biden und Sarah Palin ausfallen.
Den Republikanern käme das gelegen: Sie versuchen ohnehin seit Wochen, Palin von kritischen Fragen abzuschirmen. Wie nützlich eine Krise doch für den Wahlkampf ist.