Die Krise eskaliert:Drama an der Wall Street

Lesezeit: 2 min

Kurssturz in den USA: Die Milliardenhilfe der Notenbank für den Versicherungsriesen AIG beruhigt die Börse nicht - der Dow fällt massiv.

Angesichts weiterer spektakulärer Umwälzungen in der Finanzbranche sind die US-Börsen zur Wochenmitte erneut auf steile Talfahrt gegangen. Der Ausverkauf bei Finanzwerten beschleunigte sich teils drastisch.

Die Befürchtungen der Händler haben sich bestätigt: Das historische Eingreifen der US-Notenbank beim angeschlagenen Versicherungsriesen AIG konnte den Anlegern die Ängste nicht nehmen. Nun geraten auch die zwei letzten unabhängigen US-Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley immer tiefer in den Abwärtssog an der Börse.

Der Dow-Jones-Index verlor bereits zum zweiten Mal in dieser Woche über vier Prozent. Zum Wochenstart hatte das weltweit bekannteste Börsenbarometer seinen schlechtesten Tag nach den Terrorattacken vom 11. September 2001 erlebt - gefolgt von einer Verschnaufpause am Dienstag.

Der Dow Jones büßte am Mittwoch 4,06 Prozent auf 10 609,66 Punkte ein. Der S&P-500-Index brach um 4,71 Prozent auf 1156,39 Punkte ein. Der NASDAQ-Index stürzte am stärksten ab mit minus 4,94 Prozent auf 2098,85 Punkte.

Die Notenbank rettete AIG mit einem Mega-Kredit von 85 Milliarden Dollar und steigt dafür mit 80 Prozent ein. Die Aktie brach weiter ein und verlor mehr als 45 Prozent auf 2,05 Dollar.

Selbst zuletzt bessere Quartalszahlen als erwartet helfen den Investmentbanken an der Börse nichts mehr: In New York stürzten die Aktien von Goldman Sachs und Morgan Stanley steil wie noch nie ab.

Goldman Sachs stürzte um weitere 14 Prozent auf 114,50 Dollar ab. Morgan Stanley brach um 24 Prozent auf 21,75 Dollar ein. Noch schärfere Kursabstürze hatten Wettbewerber Lehman Brothers am "schwarzen Montag" der Branche zu Wochenbeginn das Genick gebrochen.

Kurz nach Handelsbeginn hatte Goldman Sachs mehr als 20 Prozent verloren, Morgan Stanley gar fast ein Drittel seines Wertes. Es wuchs die Angst, dass Morgan Stanley nun ebenfalls unter der Last der Kreditkrise zusammenbrechen könnte. Der Fernsehsender CNBC hatte berichtet, das Investmenthaus prüfe bereits einen Zusammenschluss mit einer anderen Bank.

Einem Bericht der New York Times zufolge erwägt die US-Bank Wachovia erwägt eine Fusion mit Morgan Stanley. Demnach hätten Vertreter von Wachovia bei Morgan-Stanley-Chef John Mack telefonisch Interesse bekundet. Der Zeitung zufolge handelt sich um einleitende Gespräche. Auch andere Banken hätten Interesse an Morgan Stanley signalisiert.

Keiner will Kredit geben

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte gab um mehr als drei Prozent nach. Der Dax hat um 14,8 Prozent tiefer geschlossen.

Die Investmentbanken benötigten viel Geld, sagte Unicredit-Kreditexperte Markus Ernst. Jetzt würden sich viele Marktteilnehmer fragen: "Wie soll das Geschäft bei den verbliebenden Investmentbanken weiterlaufen, wenn sie kaum noch Kredite erhielten." Das sorge für erhebliche Unruhe.

Entsprechend schnellten auch die Kosten für Kreditabsicherung beider Institute am Mittwoch nach oben.

"Jeder hat Angst, wer der nächste ist", sagte John O'Brien, Vizepräsident von MKM Partners. "Derzeit sehen wir einen Domino-Effekt", erklärte Peter Cardillo von Avalon Partners.

Tagsüber hatten bereits unzählige Spekulationen die Runde gemacht: In Europa wurde vor allem um die Zukunft von HBOS gebangt. Der britische Baufinanzierer gab schließlich bekannt, Gespräche über einen Zusammenschluss mit Lloyds TSB zu führen. Die Verhandlungen befänden sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium und könnten die Übernahme von HBOS zur Folge haben.

Daneben trugen auch neue Konjunkturdaten zum Pessimismus bei. So wurde bekannt, dass sich das Defizit in der US-Leistungsbilanz im zweiten Quartal 2008 überraschend stark ausgeweitet hatte. Auch die US-Wohnbaubeginne gingen aufs Jahr hochgerechnet im August weiter zurück.

© sueddeutsche.de/hgn/mel/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: