Oliver Welke im Gespräch:"Schwarz-Gelb war bislang gut für uns"

ZDF-Comedian Oliver Welke über Merkels Humor, den Hype um Bohlen und ARD-Kollege Harald Schmidt.

Christina Maria Berr

Oliver Welke, 43, ist Comedian, Fußballmoderator und Anchorman der heute-show. Die Nachrichtensatire läuft freitags um 22:30 Uhr im ZDF.

Oliver Welke, Foto: dpa

"Wo Namen wie Franjo Pooth vorkommen, bin ich geistig am Strand" - Oliver Welke über die Themen in der

heute-show

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(Foto: Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Vor acht Monaten starteten Sie mit der heute-show im ZDF - zunächst einmal im Monat. Nun senden Sie wöchentlich. Soll demnächst die tägliche Show kommen?

Oliver Welke: Nein, das gibt das deutsche Fernsehen nicht her. Die Kollegen aus den USA von The Daily Show mit John Stewart, eine Art Pendant zur heute-show, senden zwar vier Mal die Woche - aber die leben davon, dass es Kanäle wie Fox News gibt, die ein krudes Weltbild verbreiten und an denen sie sich wunderbar abarbeiten können. Dafür ist das deutsche Fernsehen vergleichsweise zu gut.

sueddeutsche.de: Sie könnten ja in Richtung Late-Night-Show gehen.

Welke: Davon gibt es ja schon genug. Wir wollten uns ganz bewusst streng an der Nachrichtenästhetik orientieren. Es gibt Reporter-Schalten, es gibt einen Kommentar, es gibt einen Anchorman. Es wird keine Sketche geben und auch keinen Stand-up von mir.

sueddeutsche.de: Seit Januar läuft die Sendung am Freitagabend um 22:30 Uhr nach dem heute-journal. Verwechseln die Zuschauer schon mal Nachrichten mit Comedy?

Welke: Ich hoffe doch, dass uns die Leute immer mehr verwechseln und dranbleiben - weil sie denken, die Nachrichten gehen weiter. Das wäre für uns natürlich quotentechnisch schön.

sueddeutsche.de: Der Freitag ist schwieriger als ihr bisheriger Sendeplatz am Dienstagabend.

Welke: Ja, da hatten wir den Vorteil direkt nach der Kabarettsendung Neues aus der Anstalt zu laufen. Die politisch sowie satirisch interessierten Zuschauer sind uns angeliefert worden. Jetzt müssen wir erst mal Publikum von anderen Sendern herüberholen. Dafür braucht man Geduld. Denn die Sehgewohnheiten der Zuschauer sind wirklich zementiert.

sueddeutsche.de: Comedy am Freitagabend ist nicht originell.

Welke: Eine Zeitlang war das bei anderen Sendern inflationär. Wenn man gefühlt von 20 Uhr bis Mitternacht Comedy sendet, wird es für den Zuschauer schwer, Qualität vom Dreck zu unterscheiden. Aber jetzt sind wir im ZDF definitiv das einzige Comedyformat am Freitagabend. So gesehen wittere ich da keine Gefahr.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Oliver Welke in seiner Sendung auf keinen Fall über Dieter Bohlen und Franjo Pooth sprechen will.

"Ich find's nicht komisch"

sueddeutsche.de: ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut hat gesagt, sie sollten mehr Quote als ARD-Chefzyniker Harald Schmidt holen.

Welke: Intern haben wir die Ansage bekommen, wir sollten auf Qualität achten und Spaß haben an dem Format. Die werden sich das erst mal geduldig angucken.

sueddeutsche.de: Es besteht natürlich die Gefahr, dass man für die Quote flache Witze präsentiert, oder?

Welke: Das darf man nicht machen. Wir versuchen zum Beispiel das ganze Thema Boulevard völlig auszusparen. Wenn mir Gags vorgeschlagen werden, wo Namen wie Franjo Pooth vorkommen, bin ich geistig am Strand. Davon möchte ich mich direkt distanzieren.

sueddeutsche.de: Boulevard als Tabu?

Welke: Ja, es gibt natürlich auch andere Grenzen - aber die müssen die Autoren und Macher für sich verantworten. Es gibt kein Handbuch der Humorgrenzen. Bei uns ist das nicht nur eine Geschmacksfrage. Wir haben als politische Satire auch thematisch eng gesteckte Grenzen. Sport geht immer.

sueddeutsche.de: Sie sind im Superwahljahr gestartet, aber 2010 fehlen wichtige politische Termine. Wie wollen Sie das füllen?

Welke: Wir waren auch sehr gespannt, wie das wird. Aber bis jetzt können wir uns über Themenarmut nicht beklagen, Schwarz-Gelb war bislang sehr gut für uns - denken Sie an die ganze Hartz-IV-Debatte, die Steuersünderdatei, das Krisentreffen der FDP. Ich glaube, dass die Saure-Gurken-Zeit im Mai kommt.

sueddeutsche.de: Und dann ...

Welke: ... muss man sich helfen und Themen selbst setzen. Wir haben ja zum Glück echte Reporter und nicht nur Moderatoren und Schauspieler, die Reporter spielen. Da muss man eben selbst auf eine Geschichte kommen.

sueddeutsche.de: Oder müssen die Kollegen herhalten - geht es irgendwann doch um Dieter Bohlen?

Welke: Nein, da versuche ich jetzt einfach mal zu versprechen, dass nicht mal der Name vorkommen wird. sueddeutsche.de: Sind DSDS und Das Supertalent nicht komische Sendungen?

Welke: Ich find's nicht komisch. Ich kann über die Kommentatoren schon lange nicht mehr lachen. Das wird wirklich hochgejazzt und sekundiert von Zeitungen, die mit Bohlen irgendwelche Verträge haben. Da ist er dann wieder Pop-Titan. Und wieder werden irgendwelche politischen Hinterbänkler gefunden, die so doof sind, zu fordern, dass man ihn vom Schirm nehmen soll und da gibt es prompt die nächste Schlagzeile. Diese endlose Verwertungskette finde ich ermüdend.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Oliver Welke über Stefan Raab sagt.

"Ich bin kein Showmoderator"

sueddeutsche.de: Und Stefan Raab?

Welke: Mit dem arbeite ich ja nun seit Jahrzehnten zusammen. Das ist einfach Deutschlands bester Produzent.

sueddeutsche.de: Ist er denn komisch?

Welke: Raab hat nicht den Anspruch komisch zu sein. Er sagt ja, er sei kein Moderator sondern lasse moderieren. Unter anderem von mir.

sueddeutsche.de: Und zwar auf Pro Sieben. Fußball kommentieren Sie für Sat 1 und die heute-show läuft im ZDF - Sie zappen wie kein anderer durch die Sender.

Welke: Na, Matthias Opdenhövel macht das auch. Ich bin halt der Einzige in der Kombination Moderation, Comedy, Sport. Trotzdem muss ich mich wegen der wöchentlichen heute-show beschränken. Ich werde die Pokersendungen für Raab noch moderieren, aber die Wok-WM, die am Freitag stattfindet, kann ich nicht mehr machen.

sueddeutsche.de: Sie machen jetzt 34 Sendungen und zwei Best-offs. Was würden Sie sich denn noch karrieremäßig wünschen?

Welke: Mit der heute-show bin ich wirklich angekommen. Diese Mischung aus Moderation und Schreiben gefällt mir wirklich gut. Ich würde mir wünschen, dass wir das noch ein paar Jahre so weitermachen.

sueddeutsche.de: Vielleicht auf einem anderen Sendeplatz?

Welke: Im Moment sagen wir dem Freitag den Kampf an. Wenn alle Beteiligten den langen Atem haben, kann man es auf dem harten Platz schaffen. Mein guter Freund und Kollege Bastian Pastewka hat auch drei Staffeln mit mauen Quoten leben müssen und jetzt in der vierten kriegt er die Belohnung. Wenn also Sat 1 schon so viel Geduld mit Pastewka hat, wird es das ZDF mit mir auch haben.

sueddeutsche.de: Johannes B. Kerner ist mit seinem Format ja zum Privaten gewechselt - für Sie auch vorstellbar?

Welke: Dieses Format würde bei den Privaten nicht funktionieren, weil die Politik und Nachrichten für Quotengift halten. Da habe ich ja schon erlebt, dass man ein Problem mit einem Gag hat, in dem auch nur ein Name wie Kurt Beck vorkam. Da sagen die: Nee, das kennen unsere Zuschauer nicht, das irritiert die ... sueddeutsche.de: Und wie heißen die Highlights-Politiker bei Ihnen?

Welke: Besonders gut gefällt unseren Zuschauern tatsächlich, wenn wir Rainer Brüderle untertiteln, weil er der größte Silbenverschlucker ist, der überhaupt vor die Mikrofone tritt. Wir sind mit diesem Kabinett wirklich sehr zufrieden. Besonders witzig ist natürlich der trockene Humor von Angela Merkel, was man gar nicht so glauben mag. Aber neulich hat sie sogar einen Witz über ihre eigenen Mundwinkel gemacht. Und dann gibt's natürlich solche, die unfreiwillig komisch sind und ein bisschen aufgeblasen daherkommen. So hat Dirk Niebel die Tendenz, sich einen Hauch zu gut zu finden.

sueddeutsche.de: Was ist mit Gästen in der Show?

Welke: Für uns ist das mit den Gästen noch ein völliges Experiment. Aber wir wollen keine Talkshowtouristen und Gespräche à la: "Was machst du gerade?" Wir wollen gleich in ein Thema gehen. Grundsätzlich sagt die Erfahrung, dass die Quoten immer leicht runtergehen, wenn ein Gast kommt. Da können Sie Harald Schmidt auch fragen.

sueddeutsche.de: Schielen Sie nach Schmidt?

Welke: Der Spiegel wollte ja mal eine Rivalität zwischen uns und Schmidt konstruieren, aber das ist völliger Quatsch, wir laufen ja nicht gegeneinander. Und das deutsche Fernsehen verträgt allemal zwei Sendungen, die Ausschnitte von Politikerreden benutzen.

sueddeutsche.de: An wem orientieren Sie sich dann?

Welke: Die Qualität des US-Kollegen John Stewart anzustreben, diese Latte ist zu hoch. Rudi Carells Nachrichtenshow war die erste Sendung, die Nachrichtenschnipsel benutzt hat. Er war ja ein richtiger Trendsetter, aber ich will nicht sagen, dass ich eines Tages sein will wie Rudi Carrell. Ich bin jetzt 14 Jahre im Fernsehen - und da auch die Summe der eigenen Erfahrungen. Wenn man schlau ist, merkt man auch, dass man bestimmte Sachen nicht so gut kann und lässt die dann wieder.

sueddeutsche.de: Zum Beispiel?

Welke: Ich bin kein Showmoderator. Ich hab mich nicht wohl gefühlt auf der riesige Bühne der Guiness-Show - hier der Musikact, da kommt einer die Treppe runter. Mir ist so eine kleine Form wie die heute-show lieber.

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