Helmut Fischer:,,Immer lässig und von etwas windiger Eleganz''

Helmut Dietl über die Figur des ,,Monaco Franze'', die Helmut Fischer berühmt machte - am Mittwoch wäre der Schauspieler 80 geworden.

Es war die Rolle seines Lebens, ein später Glücksfall. Helmut Fischer war weit in seinen Fünfzigern, als er der Legende nach von Helmut Dietl in einem Schwabinger Café entdeckt wurde - ein schicksalhafter Moment für beide. Der Filmemacher spürte bald nach dieser Begegnung, dass er die Idealbesetzung für seinen ,,Monaco Franze'' gefunden hatte.

Und die zehnteilige BR-Fernsehserie machte Fischer, der bis dahin nur mäßigen Erfolg gehabt hatte, über Nacht populär. Der ,,Monaco'' stand für das München der achtziger Jahre: als Lebenskünstler in der sonnigsten Stadt der alten Bundesrepublik; als gut aussehender Blender mit einem Faible für die besseren Kreise; als Lebenskünstler, der die Frauen mit seinem entwaffnenden Charme betört.

Und weil Helmut Dietl ein akribischer Autor ist, gab er seiner Figur eine Lebensgeschichte, die er zum Sendestart 1983 in dem Buch ,,Monaco Franze - der ewige Stenz'' veröffentlichte. Die Ähnlichkeiten zur Biografie des Schauspielers Helmut Fischer sind nicht von der Hand zu weisen, wie die Auszüge belegen.

Herkunft und Charakter:

,,Das Münchner Westend, gleich hinter der Schwanthalerhöhe gelegen, hat nie konkurrieren können mit der Welt der Altbogenhausener Eleganz, der sogenannten Schwabinger Bohème, oder auch nur mit der Solidität eines alten Bürger- und Handwerksviertels wie des Lehels.

Liebevoll - aber überdeutlich - im Volksmund das ,Glasscherbenviertel' genannt, hat das Westend auch nicht so romantische Figuren hervorgebracht wie etwa den ,,Stolz von der Au'', wenngleich es mit diesem Streifen Isartiefland um den Mariahilfplatz herum soziologisch eine interessante Verwandtschaft aufweist: den uralten Stenzenadel.

Was ist ein Stenz? (...) Die wesentlichen Merkmale liegen im Äußeren, wie überhaupt die Wirkung nach außen für den Stenz von größter Bedeutung ist. Von etwas windiger Eleganz, der jeweils herrschenden Mode immer einen Schritt vorausstolzierend, hat der Stenz die Pflege seines Haupthaares sowie die Pflege seiner Schuhe (von denen er unzählige besitzt) zu kultischen Handlungen entwickelt.

Er legt Wert auf Umgangsformen, beziehungsweise auf das, was er dafür hält, ist einem strengen Ehrenkodex verhaftet und schafft es trotz alledem, das oberste Ausstrahlungsziel dabei nicht aus den Augen zu verlieren: immer cool und lässig zu sein. Seine Sprache ist cool und lässig, die Art, wie er ein Glas, eine Zeitung oder eine Sonnenbrille hält, ist cool und lässig.

Unentwegt ist er damit beschäftigt, cool und lässig zu wirken - auf Frauen, Freunde, Feinde, Kellner, Taxifahrer, Onkel und Tante, im Supermarkt und im Krämerladen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Cafés und Restaurants, in Biergärten und Frühlokalen, im Fasching, zur Fastenzeit, auf dem Oktoberfest, zu Ostern und zu Weihnachten sowie an sämtlichen Wochen- und Feiertagen...

,,Immer lässig und von etwas windiger Eleganz‘‘

In diese verpflichtende Tradition wurde Franz Münchinger, genannt ,,der Monaco Franze'' im Sommer des Jahres 1933 hineingeboren. . .zwischen Westend und Schwanthalerhöh', dort wo die Kazmair- der Ligsalzstraße begegnet. Heute noch hat man den Eindruck, dass die beiden Straßen sich dort ursprünglich zu einem Platz vereinigen wollten - aber bei der Ärmlichkeit des Viertels und seiner Bewohner hat es halt nur zu einer Kreuzung gereicht.

So, wie es bei dem blonden, blauäugigen Änderungsschneider Franz Münchinger senior und seiner Frau, der blonden, blauäugigen Aushilfskellnerin Maria auch nur zu dem verdächtig dunkelhaarigen und braunäugigen Franz junior gerecht hat.''

Über sein Verhältnis zu seinem Spatzl Annette von Soettingen und den Frauen: ,

,Der Monaco Franze, sonst von beinahe widerspruchslosem Gehorsam seiner geliebten Annette gegenüber - er respektierte in ihr immer noch die Dame aus der besseren Gesellschaft -, muckte auf. Nicht etwa, weil er seinen Beruf so liebte, sondern aus privateren Motiven... Schon über die Mitte vierzig hinaus, aber jünger aussehend, erlebte der Monaco Franze gerade sowas wie einen zweiten Frühling, einen Anflug von Midlife-crisis... eine etwas regressive Phase, in der er mit Wehmut seines früheren Frauenheldentums gedachte.

So wurden die Abende immer häufiger, an denen Annette bis weit nach Sendeschluss vor dem Testbild dasaß und auf ihren Franz warten musste. Und die Geschichten, die der Spätheimkehrer dann jeweils auftischte, wurden von Vollmond zu Vollmond immer abenteuerlicher und widersprüchlicher. Frau von Soettingen begann, sich Sorgen zu machen.

Nicht etwa, dass sie Angst gehabt hätte, ihr angetrauter, angegrauter Altstenz könnte sie nach zwanzig Jahren glücklicher Ehe plötzlich verlassen - sie fürchtete auch nicht die Konkurrenz jener jüngeren Schneeflocken und Rauschgoldengel, die ab einem reiferen Alter gerne die Alpträume von Ehefrauen bevölkern.

Ihre Sorge war weit profanerer Art. Wenn sie ihren Monaco Franze so anschaute, wie er nach einem langen Kriminalbeamtentag ohne Rücksicht auf seine Gesundheit noch freiwillig Überstunden in Sachen Nachstellung und Verfolgung auf sich nahm, musste sie sich als weise und vorausblickende Frau doch ihre Gedanken machen.

Mit Hilfe des Herrn Professors Hallerstein, Chef eines Großklinikums und alter Freund der Familie Soettingen, gelang es der netten Annette, ein so vernichtendes Gutachten über den Gesundheitszustand ihres Mannes beizubringen, dass dem Frührentnertum des Monaco Franze nichts mehr im Wege stand.''

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