Bärbel Höhn, Grüne:Die streitbare Umweltadvokatin

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Bärbel Höhn verkörpert das Auf und Ab der rot-grünen Regierung in Nordrhein-Westfalen. Den einen gilt die Umweltministerin als Garant des Bündnisses, den anderen als Ursache vieler Koalitionsquerelen.

Von Bernd Oswald

1995 verlor die SPD in Nordrhein-Westfalen die absolute Mehrheit und erkor die Grünen zum Koalitionspartner. Was folgte, war der Beweis, dass dieses Bündnis alles andere als eine Liebesheirat war. Zwischen Rot und Grün kriselte es immer wieder gewaltig: Der Braunkohletagebau Garzweiler II, der Metrorapid und der Bau des umweltfreundlichen Gaskraftwerk bei Köln, sorgten für Ärger. Die Protagonisten des Streits: Die Ministerpräsidenten Clement und Steinbrück von der SPD und und die grüne Umweltministerin Bärbel Höhn.

Seit zehn Jahren Umweltministerin in NRW: Bärbel Höhn (53) (Foto: Foto: dpa)

In zwei Fällen setzten sich die Grünen durch. Im monatelang währenden Streit um den Metrorapid drohte Ministerpräsident Steinbrück unverhohlen, die Grünen vor die Tür zu setzen und statt dessen die FDP ins Koalitonsboot zu holen. Es blieb bei der Drohung. Die Magnetschwebebahn kam auch wegen des Einsatzes von Bärbel Höhn nicht, die Grünen blieben in der Landesregierung.

Auch beim Gaskraftwerk in Köln, dessen Bau die Kohlefraktion der SPD verhindern wollte, setzte sich Höhn durch.

Profilierte Umweltschützerin

Anders ging es beim Braunkohletagebau in Garzweiler aus: Höhn konnte nicht verhindern, dass das Dorf nach heftigsten Auseinandersetzungen geopfert wurde. Und doch sagt Bärbel Höhn: Garzweiler sei "in der Sache eine Niederlage" gewesen - aber insgesamt ein Erfolg.

Ihren Widerstand gegen Garzweiler II bezahlte Höhn damit, dass ihr Ministerpräsident Clement nach der Landtagswahl 2000 die Kompetenz für die Landesplanung und damit auch für die Genehmigung des umstrittenen Braunkohlenabbaus entzog. Dafür erhielt die die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz, den sie seitdem mit feinem Gespür für öffentlichkeitswirksame Themen nutzt.

Bärbel Höhn hat sich ein klares Profil erarbeitet: Zum Beispiel mit den BSE-Massentests, die sie schon vorbereiten ließ, als Zweifel am Etikett "BSE-frei" noch als Verunglimpfung des Landwirtschaftsstandorts galten.

Grüne Rekordministerin

Oder mit Feinstaubmessungen, die sie bereits im Herbst 2001 anordnete, unmittelbar nach Verabschiedung der EU-Richtlinie, die nun zu Klagen und Fahrverboten führt. Ihr konsequenter Einsatz gegen zu hohen Dioxin-Gehalt in Eiern brachte ihr zusätzliche Popularität ein. Weitere Erfolge: Die Umweltschutzauflagen für den Braunkohletagebau, die Lärmschutzbestimmungen zugunsten der Flughafenanwohner.

Auch Konflikten mit grünen Bundespolitikern geht sie nicht aus dem Weg: mit Außenminister Joschka Fischer stritt sie über den Kosovo-Krieg, mit Bundesverbrauchreschutz-Ministerin Renate Künast über die richtige Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.

Die 53-Jährige ist seit Bildung der rot-grünen Koalition vor zehn Jahren Umweltministerin - und damit gemeinsam mit Bauminister Michael Vesper das am längsten ununterbrochen amtierende grüne Kabinettsmitglied in Deutschland.

Am 22. Mai entscheiden die Wähler darüber, ob Höhn ihren Rekord ausbauen kann und eine rot-grüne Regierung erstmals drei Wahlen am Stück gewinnt, oder ob das "personalisierte Investitionshindernis", wie CDU und FDP Höhn bezeichnen, abgewählt wird.

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