CDU und die Farbe Orange:"Beiß in die wächserne Kaulquappe"

Wer der Allmacht von Labels und Logos vertraut, kommt darin um. Das musste die Firma Coca-Cola erleben, der zur Markeneinführung in China niemand verraten hatte, dass "kou-ke-kou-la" so übersetzt wird: "Beiß in die wächserne Kaulquappe!" Anmerkungen von Gerhard Matzig zur CDU und ihrer neuen Wahlkampf-Farbe.

Bei Toyota wunderte man sich lange darüber, dass in Frankreich keiner ein Auto haben mochte, das "MR2" heißt - also wie "merde" klingt und auf deutsch entsprechend drastisch zu übersetzen ist.

Auf ein gewisses Risiko lässt sich im Bundestagswahlkampf auch die CDU ein. Sie ist dem Ratschlag ihrer Imageberater gefolgt und hat, übrigens schon vor eineinhalb Jahren, die Farbe Orange zu ihrem optischen Erkennungszeichen gekürt.

Nun ist selbst die Wahlkampfzentrale im Konrad-Adenauer-Haus in dieser Couleur gestaltet. Bis zum 18. September wird es bei den Christdemokraten jede Menge Orange zu sehen geben. Genau gesagt: Pantone 144 C. So heißt der CDU-Farb-Code, der bereits vor anderthalb Jahren in Hamburg als "Bundes-Corporate-Identity" unter dem damaligen Generalsekretär Laurenz Meyer eingeführt wurde.

Orange sind die Poster der "Arena 05" genannten CDU-Wahlkampfzentrale, orange sind Wandpfeiler, die sich zum Posieren eignen - und orange sind die T-Shirts der Wahlhelfer, auf denen "teAM" steht, wobei "AM" Angela Merkel bedeutet.

Unsympathisch, billig, laut

Nun muss man sich fragen, ob die CDU weiß, was sie tut, wenn sie gegen Rot, Röter und Grün ausgerechnet Orange in Stellung bringt, eine Farbe, die man in Deutschland mit den siebziger Jahren verbindet. Die Werbeleute sagen, dass Orange "total in" sei und "eine emotional positive Dimension" erschließe. Orange, das signalisiere Zuversicht und Reformwillen.

Das Problem ist nur: "Nach Braun", so eine Studie der Filmakademie Baden-Württemberg, "ist Orange die unbeliebteste Farbe der Deutschen." Es symbolisiere das Unsympathische, das Billige, das Modische, das Laute. So sind sie, die Deutschen: Zwar steht Orange für Energie und Aktivität - aber vermutlich ist die Farbe genau deshalb in Deutschland relativ selten. Jedenfalls dann, wenn es nicht, wie in diesem Jahr, eine Modefarbe ist.

Andererseits ist die CDU, wenn man sich in der internationalen politischen Welt umschaut, mit ihrer Farbwahl durchaus ein Trendsetter. Die Demokratisierung der Ukraine vom vergangenen Winter wird wohl als "Revolution in Orange" in die Geschichtsbücher eingehen. Auch die oppositionellen Christdemokraten in der einstmals sowjetischen Republik Moldawien haben sich für Orange als Parteifarbe entschieden.

Beliebte Farbe bei Haider und israelischen Siedlern

Die Massendemonstration israelischer Gaza-Siedler werden von einer Farbe beherrscht: Orange ist die Kleidung vieler Protestierender, genau wie ihre Plakate. Auch der österreichische Rechtspopulist Jörg Haider ist auf den Zug aufgesprungen und hat Orange zur Farbe seiner neuen Partei gewählt.

Und Orange war, wenn man so will, in diesem Jahr auch die Erfolgsfarbe eines berühmten Künstlerpaares. Die safranfarbenen Tüchertore, mit denen Christo und seine Frau Jeanne-Claude den Central Park in New York in ein Gesamtkunstwerk verwandelten, leuchteten, sagen wir: zumindest fast apfelsinenfarben.

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