Spektakulärer Prozess in Amsterdam:Kronzeuge tot aufgefunden

Den wichtigsten Zeugen findet die Polizei tot in seiner Wohnung. Noch vor einer Woche hatte er in dem Prozess gegen den Hauptangeklagten einer Amsterdamer Erpresserbande ausgesagt.

Der spektakuläre Prozess gegen eine mutmaßliche Amsterdamer Erpresserbande wird von einem mysteriösen Todesfall überschattet. Am Dienstagmorgen fand die Polizei den wichtigsten Zeugen der Anklage tot in seiner Wohnung. Vor einer Woche hatte er in dem Prozess gegen den Hauptangeklagten Willem Holleeder ausgesagt, bekannt als Entführer des Brauereibesitzers Freddy Heineken.

Tod des Kronzeugen in Prozess in Amsterdam

Polizeibeamte tragen den Leichnam von Bram Zeegers aus seinem Haus.

(Foto: Foto: dpa)

Über die Todesursache wollte die Polizei zunächst nichts sagen, sprach jedoch von "verdächtigen Umständen". Der Zeuge, ein ehemaliger Anwalt namens Bram Zeegers, hatte Holleeder bei seiner Aussage vor einer Woche beschuldigt, den 2004 ermordeten Makler Willem Endstra erpresst zu haben. Zeegers war dessen Vertrauter. Auch Endstra selbst hatte Holleeder in geheimen Gesprächen mit der Polizei vor seinem Tod als Erpresser genannt. Der Angeklagte streitet die Vorwürfe ab.

Verbindungen zu Holleeder

Holleeder ist der wohl am meisten gefürchtete Kriminelle in den Niederlanden. 1983 beteiligte er sich an der Entführung Heinekens, der gegen ein Lösegeld von umgerechnet 16 Millionen Euro freikam. Seit seiner Haftentlassung 1992 soll sich Holleeder laut Medien zum wichtigsten Drahtzieher der Amsterdamer Unterwelt entwickelt haben. Der Makler Endstra wiederum galt als deren Geldwäscher. In den vergangenen Jahren sind zwei weitere Amsterdamer Makler kaltblütig ermordet worden, ebenso mindestens vier mutmaßliche Kriminelle, mit denen Holleeder zeitweise zusammengearbeitet hat.

Die Ermittlungen zu den Mordfällen laufen noch. Medien berichten unter Hinweis auf Polizeidossiers, dass es Verbindungen zu Holleeder gebe. Zu Beginn des derzeit laufenden Prozesses im April hatten Unbekannte Sprengsätze in das schwerbewachte Gerichtsgebäude in Amsterdam geworfen. Später wurde das Verfahren für mehrere Monate unterbrochen, weil Holleeder sich einer Herzoperation unterziehen musste. Mit einem Urteil wird frühestens im November gerechnet.

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