Paulis Wahlkampfprogramm:Politik aus dem Esoterik-Camp

Die CSU-Rebellin hat die Provokation zum Prinzip erhoben - und macht damit die Politik noch unglaubwürdiger.

Kassian Stroh

Ein Etikettenwechsel ist angebracht: Gabriele Pauli, noch Landrätin von Fürth, ist nicht länger die CSU-Rebellin.

Gabriele Pauli, dpa

Von der CSU-Rebellin zur Politik-Rebellin - Gabriele Pauli.

(Foto: Foto: dpa)

Sie ist eine Politikrebellin. Politiker jeder Couleur, so diagnostiziert sie, sicherten nur ihre Machtpositionen, statt "ein Stück zum Glück der Menschen beizutragen" und ihnen "Selbstwert" zu geben. Wo doch ein jeder "in sich die Kraft Gottes" trage.

Solche Sätze schreibt Pauli in ihrem Programm, mit dem sie ihre Kandidatur um den CSU-Vorsitz begründet. "Beginn einer ganzheitlichen Politik" hat sie es überschrieben. Es liest sich in weiten Teilen, als habe sie die Sommerferien in einem Esoterik-Camp verbracht.

"Beginn einer ganzheitlichen Politik"

Aber dann formuliert Pauli ja noch einige konkrete Vorschläge wie etwa den, Zivilehen zeitlich zu befristen, weil viele in die Brüche gingen und man so Scheidungskosten sparen könne.

Das macht Paulis Wahl auf dem Parteitag so wahrscheinlich wie die Möglichkeit, dass Edmund Stoiber künftig mit Renate Künast die Doppelspitze der Grünen bildet. Pauli will ja nicht Vorsitzende der Yogi-Partei werden, sondern der Christlich-Sozialen Union.

Sicher stimmt manches an Paulis Analyse, warum sich viele enttäuscht von der Politik abwenden. Aber wenn alle Politiker so wären, wie Pauli sich derzeit gibt, wäre die Enttäuschung noch viel größer. Denn sie hat die Provokation zum Prinzip erhoben.

Paulis Problem ist: Mit ihrer Kritik an Stoibers Verbleiben im Amt löste sie ein unglaubliches Medienecho aus. In der Folge fand sie nur noch dann Gehör, wenn sie immer noch eins drauf setzte. So wie jetzt die Idee befristeter Ehen.

Pauli offenbart ein Politikverständnis, dem kaum jemand zu folgen vermag. Bei ihr geht es nicht mehr darum, Mehrheiten zu finden, Kompromisse zu schmieden, Koalitionen zu bilden. Entweder sie meint das alles ernst, dann ist sie in dem Sinne verrückt, dass sie bislang gültige Maßstäbe ignoriert.

Oder sie spielt nur damit, dann macht das Politik noch unglaubwürdiger. Pauli will der CSU Impulse geben; doch das einzige, was sie auslöst, ist, dass sich die Reihen schließen und niemand sie mehr ernst nimmt.

Wie Britney Spears beim Einkaufen

Bei ihrer Pressekonferenz balgten sich die Fotografen, Fernsehreporter hielten ihr auf der Straße Mikrophone unter die Nase, als sei sie Britney Spears beim Shoppen.

Die Pressekonferenz wurde live im Fernsehen übertragen. Das zeigt, welchen Stellenwert das Seichte in der Politik mittlerweile hat.

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