Urheberrecht:Mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen

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Das neue Urheberrecht ist dafür da, dem geistigen Eigentümer zu seinem Recht zu verhelfen. Doch leider ist das Gegenteil der Fall: Es schädigt die Urheber.

Heribert Prantl

Es gibt zwei Arten von Eigentum. Da ist einmal das Eigentum an körperlichen Gegenständen: Auf ein Fahrrad, ein Pferd oder einen Kartoffelsack kann man sich draufsetzen; der Nachweis, dass man Eigentümer ist und die Durchsetzung des Rechts, das daraus folgt, ist simpel.

Solches Eigentum ist wunderbar geschützt. Ganz anders ist das beim geistigen Eigentum. Es ist flüchtig.

Wenn ein Autor schreibt oder ein Komponist komponiert, dann kann er sein Produkt, sobald es in der Welt ist, kaum noch festhalten. Andere, die sich nicht angestrengt, die also eigentlich gar kein Recht daran haben, können sich seiner leicht bemächtigen und Profit daraus schlagen.

Es wird den Schutz geistigen Eigentums noch verschlechtern

Geistiges Eigentum verbreitet und vervielfältigt sich mittels moderner Speichermedien blitzschnell und weltweit - und der Urheber hat dann oft das Nachsehen. Das Urheberrecht ist dafür da, dem geistigen Eigentümer zu seinem Recht zu verhelfen. Das neue Urheberrecht, soeben im Bundeskabinett vorgestellt, leistet das nicht - im Gegenteil.

Es wird den Schutz des geistigen Eigentums noch verschlechtern: Das neue Recht sorgt sich weniger um die Urheber als um diejenigen, die deren geistiges Eigentum vermarkten. Es achtet vor allem die Interessen der Verwertungs- und Geräte-Industrie; aus dem Urheberrecht wird ein gewerbliches Schutzrecht.

Das Urheberrecht sollte den Urheber schützen, zum Beispiel so: Wenn schon wild kopiert und gespeichert wird, dann soll er wenigstens was davon haben - der Nutzer soll dafür Abgaben zahlen müssen. Das funktioniert in der Praxis so, dass beim Kauf von Geräten, mit denen Kopien hergestellt werden können (elektronische, magnetische, optische Speicher) eine pauschale Vergütung bezahlt werden muss, die im Kaufpreis enthalten ist.

Das Gesetz ist eine Quelle für Streitigkeiten

Der Nutzer erwirbt also beim Kauf nicht nur das Gerät, sondern auch eine gesetzliche Lizenz zum privaten Vervielfältigen (das ihm auch nach neuem Recht per Kopierschutz durchkreuzt werden darf). Die Lizenzgebühren werden von Verwertungsgesellschaften, in denen die Urheber Mitglied sind, auf diese verteilt.

So bleibt es grundsätzlich auch im neuen Urheberrecht. Aber die Lizenzgebühren werden gedeckelt, weil der Staat dafür sorgen will, dass Computer, Kopiergeräte und Co. möglichst billig bleiben. Die genaue Festsetzung und Durchsetzung der Lizenzgebühr wird nach dem neuen Recht noch schwieriger als bisher. Das Gesetz ist eine Quelle für Streitigkeiten.

Zum Beispiel: Wenn bei einem Gerät der Nutzungsumfang zum Vervielfältigen unter zehn Prozent liegt, muss gar nichts bezahlt werden. Wer stellt das fest? Es wird über Jahre ein Tohuwabohu geben - und die Urheber werden in dieser Zeit, was ihre Tantiemen betrifft, mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen.

Der Schutz des Eigentums nach Artikel 14 Grundgesetz gilt auch für das geistige Eigentum. Dort steht auch der Satz: Eigentum verpflichtet. Er verpflichtet aber nicht dazu, sich das Eigentum wegnehmen zu lassen.

© SZ vom 23.03.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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