Frage der Woche:Über glühende Kohlen - ohne Verletzung?

Feuerläufer sind überzeugt, dass der Glaube an eigene Fähigkeiten ihre Füße vor Verbrennungen schützt. Was ist dran?

Markus C. Schulte von Drach

Seit Tausenden Jahren testen Menschen ihren Mut, indem sie über glühende, bis zu 700 Grad Celsius heiße Kohlen laufen.

Frage der Woche: Feuerläufer in Japan. Man braucht Mut - und das richtige Tempo.

Feuerläufer in Japan. Man braucht Mut - und das richtige Tempo.

(Foto: Foto: AP)

Und mit der richtigen Einstellung, so heißt es, kommt man dabei ohne Verletzungen davon und spürt auch keine oder kaum Schmerzen. Wie kann das sein, wenn doch bereits der Funke eines Grillfeuers uns verbrennen kann?

Zuerst einmal: Natürlich kann man sich beim Laufen über die Kohle verletzen. Wer unterwegs stehen bleibt, dem hilft auch das ausgeprägteste Selbstbewusstsein nichts.

Es kommt deshalb darauf an, auf jeden Fall im normalen Lauftempo oder zügig über den glühenden Weg zu schreiten, der meist wenige, manchmal aber auch mehrere Dutzend Meter beträgt. Dann aber, so verheißen Feuerlauf-Seminare, muss man nur noch an sich selbst glauben - und schon bleiben Schmerzen und Brandblasen aus oder sind zumindest erträglich.

Doch ist es tatsächlich der geistige Zustand, der unsere Füße für Schmerzen unempfindlich macht und unsere Haut vor Brandblasen schützt? Helfen uns die eigenen Anfeuerungsrufe und die Begeisterung der anderen Seminarteilnehmer bei dieser Prüfung?

Eine Frage der Wärmeleitfähigkeit

In erster Linie ist es einfach nur Physik, die Feuerläufer vor Verletzungen schützt. Es gibt nämlich gute Wärmeleiter - etwa Metall - und schlechte. Und zu den schlechten gehören Holz und Asche. Deshalb verbrennt man sich zum Beispiel leicht an einer Metallgabel, die noch in der Lasagne im heißen Ofen steckt, der Holzgriff der Gabel dagegen gibt einem die Chance, ohne Brandblase davonzukommen.

Kohle braucht also eine Weile, bis sie Gegenstände, mit denen sie in Kontakt kommt, zu erhitzen. Und Wasser, aus dem unser Körper zum großen Teil besteht, hat ebenfalls nur eine niedrige Wärmeleitfähigkeit.

Die Hitze wirkt also langsam. Und bei dem Tempo, in dem ein Feuerlauf üblicherweise bewältigt wird, berührt der Fuß nicht länger als eine halbe oder ganze Sekunde die Kohle. Und diese ist meist auch noch von einer Schicht Asche bedeckt.

Rennen sollte man allerdings auch nicht, da das Körpergewicht dabei auf eine kleinere Fläche wirkt und der Kontakt zum heißen Untergrund intensiver wird.

Außerdem wird die Hitze teilweise auch von unserem Blut abgeleitet - unsere Füße sind gewissermaßen aktiv gekühlt.

Auszuschließen ist ein gewisser psychologischer Effekt der Vorbereitung auf den Feuerlauf aber nicht. Bekanntlich kann Angst Schmerzen verstärken - und der Gedanke, mit bloßen Füßen auf glühende Kohlen zu treten, ist natürlich beängstigend. Furchtlosigkeit ist also eine gute zusätzliche Voraussetzung, den Feuerlauf ohne größere Einschränkungen im Wohlbefinden zu absolvieren.

Man kann also feststellen, dass bei einem Feuerlauf nicht der Geist über die Materie siegt, indem wir unseren Körper auf metaphysische Weise gegen die physikalischen Wirkungen des Feuers wappnen. Es ist vielmehr so, dass wir unsere (in diesem Fall übertriebene) Angst vor der Glut bewältigen. Und wem das gelingt, der macht natürlich eine äußerst positive Erfahrung.

Michael Shermer, monatlicher Kolumnist für Scientific American, berichtet in einem YouTube-Video über seine eigenen Erfahrungen mit dem Feuerlauf.

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