Massenvernichtungswaffen als Kriegsgrund:Fälschungen als Beweise

Ein früherer Mitarbeiters des US-Außenministeriums wirft der Bush-Regierung vor, Hinweise auf Urankäufe des Irak als Beweise für Massenvernichtungswaffen präsentiert zu haben - obwohl sie darüber informiert war, dass es sich um Fälschungen handelte.

Eines der Hauptargumente der Alliierten für einen Krieg gegen den Irak war die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen, die von dem Land ausgehen sollte.

Da dort bislang jedoch keine solchen Waffen entdeckt werden konnten, wurde bereits der Verdacht laut, die USA und Großbritannien hätten diese Bedrohung als Vorwand für die Militärintervention im Irak genutzt.

Behauptungen eines früheren Mitarbeiters der US-Regierung zufolge trifft dies zumindest teilweise tatsächlich zu. Wie das ZDF-Magazin "Frontal 21" am Dienstag vorab berichtete, erklärte Greg Thielmann in einem Interview, die Regierung habe Geheimdienstinformationen manipuliert, um ihre politischen Ziele zu erreichen.

"Irak war nicht einmal in der Lage, seine direkten Nachbarn zu bedrohen und schon gar nicht die USA, das mächtigste Land der Welt", sagte er laut ZDF.

Thielmann leitete nach Angaben des Fernsehsenders bis September im Geheimdienstbüro des US-Außenministeriums die Abteilung, die sich mit irakischen Massenvernichtungswaffen beschäftigte.

Er kritisierte von Präsident George W. Bush angeführte Informationen über angebliche Urankäufe Iraks in Afrika.

Seine Abteilung habe die betreffenden Dokumente über ein halbes Jahr vorher geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, "dass die angeblichen Beweise Fälschungen waren". Er habe seine Vorgesetzten davor gewarnt, sich auf diese Papiere zu berufen. "Ich war sehr enttäuscht, dass dann trotzdem dieses Material als unser wichtigstes Beweismittel präsentiert wurde."

Auch Außenminister Colin Powell habe die Bedrohung durch Irak verzerrt dargestellt, sagte Thielmann den Angaben zufolge. Powell habe am 5. Februar im UN-Sicherheitsrat Aluminiumröhren als Beweis für ein irakisches Atomwaffenprogramm angeführt, obwohl er von der Geheimdienstabteilung mehrmals informiert worden sei, dass diese Röhren nicht für die Produktion von waffenfähigem Atommaterial geeignet seien.

"Ich habe es sehr bedauert, dass Powell sich dennoch vor dem UN-Sicherheitsrat und vor der Welt auf diese falschen Beweise berief", sagte Thielmann laut ZDF.

"Irak hatte ein Waffenprogramm"

US-Präsident George W. Bush hat unterdessen Berichte über eine angebliche Übertreibung bei der vom Irak vor der Invasion ausgehenden Gefahr zurückgewiesen.

"Der Irak hatte ein Waffenprogramm. Geheimdienst-Erkenntnisse über das letzte Jahrzehnt haben gezeigt, dass sie ein Waffenprogramm hatten", betonte Bush am Montag (Ortszeit) im Weißen Haus.

In US-Medienberichten vom Dienstag war von einem Kurswechsel die Rede. Während der Präsident früher immer die irakischen Arsenale an Chemie- und Biowaffen zitiert habe, spreche er jetzt nur noch von Waffenprogrammen.

Bush betonte, er sei auch "absolut überzeugt" davon, dass die Koalitionstruppen im Laufe der Zeit herausfinden würden, dass der Irak "Waffenprogramme" hatte. Die Geschichte werde zeigen, dass die USA die "absolut richtige Entscheidung" getroffen hätten, den Irak anzugreifen.

Am Wochenende hatten Außenminister Colin Powell und Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice die Manipulationsvorwürfe mit ungewöhnlicher Schärfe zurückgewiesen, die USA.

Rice warf den Kritikern eine "revisionistische" Geschichtsbetrachtung vor. Es habe klare Beweise gegeben, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze und auch eingesetzt habe. Powell erklärte, es sei "empörend", dass einige Kritiker die Informationen der Geheimdienste als falsch bezeichneten.

(sueddeutsche.de/dpa)

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