Film über in den USA inhaftierten Deutschen:Lebend begraben

Er ist Deutscher und sitzt seit 21 Jahren wegen Mordes in den USA in Haft. Unschuldig, wie er sagt. Der Fernsehfilm "37 Grad: Lebend begraben - Diplomatensohn hinter Gittern" zeigt heute Abend sein Schicksal.

Karin Steinberger

Wie er da sitzt, so ruhig und gefasst, mitten in dieser lachsfarbenen Gefängniswelt. Seit mehr als 21 Jahren ist Häftling Nummer 179212 eingesperrt, mehr als die Hälfte seines Lebens. Er hat nie ein Handy benutzt, nie einen iPod gesehen, er hat seit Jahrzehnten keine Baumrinde berührt und keine Nachrichten gehört.

Jens Söring in Haft in den USA, ZDF

Lebend begraben. Jens Söring soll 1985 als 18-Jähriger die Eltern seiner Freundin bestialisch umgebracht haben. Seitdem sitzt er in den USA in Haft und beteuert seine Unschuld. Trotzdem wird er wahrscheinlich nie wieder frei kommen.

(Foto: Foto: ZDF/Ulf Eberle)

Weil es zu weh tut, das Leben der anderen, sagt er. Sein Name ist Jens Söring. Staatsangehörigkeit: deutsch. Alter: 40. Sohn eines Diplomaten, in Thailand geboren, in Deutschland und Amerika aufgewachsen. Er war ein begabtes Kind, ein fleißiger Student. Alles schien möglich. Bis zu jenem 30. März 1985.

Es war der Tag, an dem die Eltern seiner Freundin Elizabeth Haysom in ihrem Haus in Lynchburg, Virginia, brutal ermordet wurden. Söring war 18 Jahre alt. Er war verliebt. Und er war verdächtig.

Als die Befragungen zu heikel wurden, machten sich die beiden aus dem Staub. Thailand, Europa, gefälschte Schecks. Es war wie ein Spiel. Bis sie in London gefasst wurden. Erst gestanden beide, dann beschuldigten sie sich gegenseitig. Söring sagt, er wollte Elizabeth vor der Todesstrafe retten, er glaubte, er sei geschützt durch den Diplomatenstatus des Vaters. Aber das war er nicht.

Nur die Todesstrafe blieb ihm erspart, das war Bedingung für seine Auslieferung. Er bekam zweimal lebenslänglich. Tod in Raten. Seitdem wartet er: "Man weiß nur, dass der morgige Tag genau so langweilig sein wird, so einsam und so sinnlos."

Stücke vom verpfuschten Leben

Es war eine SZ-Reportage, die die Filmemacher Katharina Gugel und Ulf Eberle auf Söring aufmerksam gemacht hat. Und so haben sie die Bruchstücke seines verpfuschten Lebens zusammengetragen.

Sie haben die Gerichtsfilme aus dem Jahr 1990 gesichtet. Sie haben Menschen gefunden, die den Gedanken nicht ertragen können, dass der Deutsche in seine Heimat abgeschoben werden könnte, wo er frei wäre.

Sie haben aber auch mit der ehemaligen stellvertretenden Generalstaatsanwältin Gail Marshall gesprochen, die davon überzeugt ist, dass der Falsche verurteilt wurde. Sie haben Sörings deutsche Anwälte und den deutschen Botschafter in den USA interviewt, lauter Menschen, die sich für ihn einsetzen. Bislang ohne Erfolg. Vorzeitige Haftentlassung, Begnadigung, Wiederaufnahme des Verfahrens. Alles wurde versucht, alles wurde abgeschmettert.

Söring weiß, dass die Sache schwierig wird. Gefängnisse sind in den USA ein gigantisches Geschäft, oft privatisiert und hochrentabel. 60 Milliarden Dollar jährlich für 2,2 Millionen Häftlinge.

Kein anderes Land hat so viele seiner Bürger eingesperrt. Er hat darüber Bücher geschrieben. Er sagt: "Resozialisierung gibt es hier nicht. Der Plan ist, dass wir hier sterben." Also zählt er weiter die Jahre, Monate, Tage, Stunden. Was soll er sonst tun, an diesem Ort, an dem Zeit klebt wie Zuckerwatte.

37 Grad: Lebend begraben - Diplomatensohn hinter Gittern, ZDF, 22.15 Uhr.

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