Lilienstraße:Stadt evakuiert Wohnhaus

Ein gut 100 Jahre altes Haus in der Lilienstraße in der Au musste am Donnerstag evakuiert werden. Wegen einer benachbarten Baugrube ist die Stabilität des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes nicht mehr gewährleistet.

Bernd Kastner

Die Lokalbaukommission verfügte in Absprache mit Statikern sowie dem Eigentümer des Anwesens Lilienstraße 8 die Räumung. Acht Mietparteien mussten innerhalb weniger Stunden ihre Wohnungen verlassen, auch das Weiterarbeiten für die Beschäftigten zweier Büros im Erdgeschoss war nicht mehr möglich.

Mitarbeiter der Stadtwerke riegelten die Gaszufuhr ab, die Polizei sperrte vorübergehend die Lilienstraße. Der Verkehr soll aus Sicherheitsgründen künftig über einen Parkstreifen geleitet werden.

Laut einer Statikerin waren auf dem Nachbargrundstück zwei alte Häuser abgerissen worden. Seit etwa zwei Monaten wurde dort an einem Neubau gearbeitet, bislang ist die Baugrube ausgehoben. Bereits seit Wochen hätten sich in Nummer 8 Risse im Mauerwerk gezeigt, berichteten Bewohner. Im Erdgeschoss sei ein Stück der Fassade herausgebrochen.

In der Nacht zum vergangenen Mittwoch wurde die Fassade noch abgestützt - vergeblich. Weil sich das Haus bereits über mehrere Tage messbar bewegte, habe man sich zur Sperrung entschlossen, sagte die vom Eigentümer des gefährdeten Hauses beauftragte Statikerin Heidi Aschl. Im geräumten Zustand könne man das Gebäude besser stabilisieren. Erst dann werde entschieden, ob die Bewohner wieder einziehen können oder das Haus sogar abgerissen werden muss.

Vierte Zwangsräumung wegen Einsturzgefahr

Aschl, die auch Präsidentin der Bayerischen Bauingenieur-Kammer ist, erklärte, dass Baugruben sehr selten zu einer Einsturzgefahr führten. In München ist es in diesem Jahr bereits der vierte Fall von Zwangsräumung eines einsturzgefährdeten Hauses. Bisher lagen die Ursachen aber immer im Gebäude selbst. Im Februar war in der Donnersbergerstraße ein Haus sogar teilweise eingestürzt.

"Wo sollen all die Leute hin?", fragte Mieter Norbert Genschke, 66, am späten Nachmittag, als er mit seinem Sohn die wichtigsten Dinge aus der Wohnung trug. Die dreiköpfige Familie, die seit elf Jahren in dem Haus unweit des Deutschen Museums lebt, verbrachte die Nacht wie die meisten anderen Bewohner in einem Hotel. Hauseigentümer Emil Preter hatte Hotelzimmer und zwei Umzugs-Lastwagen organisiert. Bis in den Abend waren die Mieter und ihre Helfer damit beschäftigt, Mobiliar aus den Wohnungen zu tragen: Computer, Bildschirme, Sofas, Bilder, Regale.

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