SPD:Der Mann hinter Müntefering

Er hat einen der schwierigsten Job der Republik: Kajo Wasserhövel ist Wahlkampfleiter der SPD.

Von Christoph Schwennicke

Das ist doch eigentlich eine Frage, die direkt den Nerv treffen müsste, die den Mann aus der Haut fahren lässt. Wie man denn darauf komme, was diese Frage solle, die sich doch so gar nicht stelle - auf derlei Antworten richtet man sich ein. Aber Kajo Wasserhövel antwortet, als habe man ihn nach der Uhrzeit gefragt. "Die Chance der Situation liegt in ihrer Ungewöhnlichkeit", sagt er nach einer Pause und verzieht nicht für eine Moment das Gesicht.

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Er will Kanzler bleiben - mit Wasserhövels Hilfe

(Foto: Foto: dpa)

Die Frage an den Wahlkampfmanager der SPD lautete, wie man sich motiviere als Kampagnenchef eines Wahlkampfes, der gar nicht mehr zu gewinnen zu sein scheint. Und sicherlich hat Karl-Josef Wasserhövel, genannt Kajo, mit seinen 42 Jahren einen der undankbarsten Jobs, den man sich in Deutschland im Augenblick anlachen kann. Andererseits: Er hat es so gewollt. Seit Jahren gehört Wasserhövel zu Franz Müntefering wie dessen weiße Packung Zigarillos. Vom Kofferträger zum Koordinator einer Blitzwahl ist Wasserhövel geworden.

Wie Zwillinge

Die beiden lassen an die These denken, dass Ehepartner einander ähnlicher werden, je länger sie verheiratet sind. Wasserhövel redet wie Müntefering, oder redet der wie Wasserhövel - schwer zu sagen, was zuerst da war. Auf jeden Fall wurde Wasserhövels Sohn zuerst geboren und Franz genannt, und dann begann die enge Zusammenarbeit mit dem heutigen SPD-Chef, auch wenn viele in der SPD süffisant lächelnd auf die groupiehafte Unterwerfung und bedingungslose Hingabe Wasserhövels an Franz Müntefering blicken.

Von Müntefering heißt es nicht zu Unrecht, er würde morgens nicht einmal seinem Spiegelbild ein Geheimnis verraten. Über Wasserhövel wird gesagt, dass man ihn zehn Jahren lang kennen könne, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung von ihm zu haben.

Einstieg als Redenschreiber

1995 kam er zu Müntefering, damals als Redenschreiber, ins Arbeitsministerium in Nordrhein-Westfalen. Seither wich er dem Mann, der nun der SPD vorsitzt, nicht mehr von der Seite. Eine Zeit lang gehörte er zur Boy-Group des Franz Müntefering, mit Michael Donnermeyer (heute Wowereit-Sprecher) und Matthias Machnig (Wasserhövels Vorgänger als Bundesgeschäftsführer) und dann noch Lars Kühn (nach wie vor Münteferings Sprecher). Manche in der SPD sagen, seitdem Machnig und Donnermeyer weg seien, sei auch die intellektuelle Stärke des Parteivorsitzenden verschwunden.

Wahrscheinlich tun sie Wasserhövel Unrecht. Der Mann mit den chronisch müden Augen besitzt einen wachen Kopf. Fürs Rampenlicht mag er nicht gebaut sein, aber dort haben sie ja Uwe Benneter als Generalsekretär hingestellt, was nichts über dessen Bedeutung sagt. Tatsächlich haben Müntefering und sein Bundesgeschäftsführer Wasserhövel die Generalsekretärsposition mit einem Bypass versehen und Benneter, den Schröder-Mann, ins Abseits gestellt.

Wasserhövel hängt am Telefon im zweiten Stock des Willy-Brandt-Hauses in Berlin. Dort hing er auch am Abend des 22. Mai, als Nordrhein-Westfalen für die SPD verloren und der Neuwahl-Coup beschlossen war. Als Schröder im Fernsehen alles verkündete, buchte Wasserhövel schon Hallen und Termine für den Kanzler. Ein anderer Wahlkampf als 1998 und 2002 sei das, sagt Wasserhövel.

230 Leute im Wahlkampfteam

Die SPD-Wahlkampfzentrale ist nicht ausgelagert wie die Male zuvor. Kein Geld, keine Zeit, man kann nur mutmaßen. Der zweite Stock im Ostflügel der Parteizentrale, wo sonst Ausstellungen stattfinden, ist zum Großraumbüro umgebaut. Auf 230 Leute ist das Team aufgestockt, Brückenköpfe der Werbeagenturen sind in die SPD-Zentrale integriert.

Wasserhövel wirft das Propagandagebläse an, aber er bemüht sich, von dem Land zu sprechen, in dem mutmaßlich bald gewählt wird und die SPD schlecht dasteht. Es sei "eine steile Strecke", und es gehe "jetzt bergauf, das ist gar keine Frage", sagt der Wahlkampfmanager, der mit Regierungssprecher Bela Anda, mit den Sendern und der Union über die Fernsehduelle Schröder/Merkel verhandelt.

Es gebe nicht "den einen archimedischen Hebel", den einen Trick, sagt er. Er räsoniere im Übrigen nicht über Wahlumfragen, sondern mache Wahlkampf. Immerhin habe sich zuletzt "unterhalb der Sonntagsfrage schon viel verändert, was für die Wahl entscheidend sein kann". Ob er das selber glaubt, kann man nicht einem einzigen seiner Gesichtsmuskeln entnehmen.

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