ARD: Frank Plasberg und das Geld:Harte Fragen für 17.000 Euro

Im WDR ist Frank Plasberg mit seiner Polit-Talkshow "Hart aber fair" erprobt. Mit dem Wechsel ins ARD-Hauptprogramm kommt er in eine neue Gehaltsklasse: sueddeutsche.de liegt die senderinterne Finanzplanung vor.

Hans-Jürgen Jakobs

Die nächsten Tage erfordern von Frank Plasberg, 50, ganze Kraft. An diesem Freitag ist die Presse zum Fototermin nach Berlin geladen, am nächsten Donnerstag dann spricht der TV-Moderator und Autor ("Der Inlandskorrespondent") auf der Frankfurter Buchmesse. So geht es in einem fort - bis Plasberg vom 24. Oktober an mit seiner Polit-Talkshow "Hart aber fair" jeden Mittwoch live in der ARD nach ganz oben strebt.

ARD: Frank Plasberg und das Geld: Geben und Nehmen: Frank Plasberg.

Geben und Nehmen: Frank Plasberg.

(Foto: Foto: dpa)

Für den Start im Ersten wurde die im WDR erprobte Sendung um eine Viertelstunde auf 75 Minuten gekürzt. Auch sonst ändert sich im Umfeld der journalistisch wertvollen Gesprächsrunde einiges - was im öffentlich-rechtlichen Großverbund der ARD für Diskussionen gesorgt hat.

Nun ist sicher: Der WDR und der NDR - große Sender mit vielen Gebührenzahlern im Sendegebiet - übernehmen den weitaus größten Teil der Kosten. Die belaufen sich für geplante drei Jahre auf insgesamt 20,4 Millionen Euro, wovon der WDR allein mehr als die Hälfte trägt. Interne Papiere, die sueddeutsche.de vorliegen, zeigen die Finanzplanung auf.

20 Millionen für drei Jahre sind eine eher bescheidene Summe für dieses Genre - vor allem, wenn man als Vergleich die einstige kürzere Sonntags-Talkshow "Sabine Christiansen" heranzieht, deren Nährwert bekanntermaßen gering war. Auch dürfte Plasberg unter dem Strich unter den Verdienstchancen von Christiansens Nachfolgerin Anne Will liegen.

Für den Normalbürger bleiben es gleichwohl durchaus eindrucksvolle Zahlen.

Von dem Geld der ARD für "Hart aber fair" gehen im Einzelnen knapp 15 Millionen Euro an die Düsseldorfer Produktionsfirma Ansager & Schnipselmann, eine GmbH & Co. KG, mit der Co-Gesellschafter Plasberg seit einiger Zeit seine eigene Show herstellt. Das ist üblich geworden im weiten Rund von ARD und ZDF, für die jeder Bürger jeden Monat zahlt.

Für jede Show erhält Plasbergs Firma rund 120.000 Euro. Von dieser Summe sind zum Beispiel Redakteure, ein Dokumentarist, zwölf bis 16 Einspielfilme, Nachrichtenagenturen und Miete sowie ausweislich der internen Unterlagen "Honorierung der Gäste", "Akquise themenorientiertes Publikum" und "Parteienberatung/Kontakte Medienbüro" zu zahlen.

Plasbergs Gage pro Sendung liegt bei 17.000 Euro, weitere 2400 Euro bekommt er für redaktionelle Mitarbeit. Ein kleiner Gewinn als Unternehmer dürfte auch übrig bleiben. Damit ist der einstige Polizeireporter der Münchner Abendzeitung durchaus kein Geringverdiener, doch andererseits ist der Aufwand für die akribisch vorbereitete Show hoch. Auch ist das Risiko immens, am Mittwoch gegen Live-Übertragungen von der Fußball-Champions-League quotentechnisch nicht bestehen zu können.

Wie die Kesselflicker

Zur Finanzierung sollen auch die ARD-Filmfirma Degeto - die für ihre klebrigen Freitagsromanzen berüchtigt ist - und der Sport etwas beitragen. Deren Etats werden für Plasberg zusammen um 3,5 Millionen Euro gekürzt.

Solche internen Verrechungstricks sind in diesen Kreisen gut bekannt: Aus dem Budget der Degeto wurde auch das Salär für den Entertainer Harald Schmidt und seine Show bestritten. Irgendwo im weiten Reich der ARD findet sich offenbar immer noch mal ein Topf, der mit Geld gefüllt ist.

Um die monetären Details für Plasbergs Premiere stritten die Intendanten dennoch wie die Kesselflicker. So heißt es in einem WDR-Papier vielsagend, zur Lösung der Finanzierungsfrage sei "nach schwierigen Verhandlungen" ein "Kompromiss" gefunden worden.

Der MDR in Leipzig, der Bayerische Rundfunk, der Hessische Rundfunk (HR) und der RBB in Berlin hatten dagegen protestiert, dass die verbleibenden Restkosten - nach Vorabbezahlung der direkten Lasten durch WDR und NDR - gemäß des üblichen Schlüssels von allen Häusern aufgebracht werden sollten. Nun werden aus der meuternden Viererrunde der HR und der RBB zusätzlich entlastet, um 240.000 beziehungsweise 120.000 Euro. Nur die Mini-Anstalten aus dem Saarland und Bremen hatten nichts zu kritisieren, sie können ohnehin kaum etwas zur Gemeinschaftskasse beitragen.

Keine Beißhemmung

Pro Jahr sollen mit Hilfe von Ansager & Schnipselmann jeweils 20 Sendungen in Köln und in Berlin entstehen. Auch ist eine "Sondersendung außerhalb des Sendeplatzes" geplant. Der WDR als federführende Anstalt macht sich große Hoffnungen rund um "Hart aber fair" und hat etwa auch die "uneingeschränkten Weltrechte" erworben. Intern verweisen die Macher in Köln auf den hohen Marktanteil von 12,3 Prozent im WDR-Fernsehen, der im laufenden Jahr sogar um fast einen Prozentpunkt gestiegen ist.

Plasberg empfindet seinen künftigen Mittwoch-Termin als "Kampfsendeplatz". Am Donnerstagabend hat er sich schon mal eine Pilotsendung auf den Terminplan gesetzt. Thema: Pflege in Deutschland.

Und so wird der frühere Vize-Chefredakteur des WDR am 24. Oktober wieder im Ring stehen und Politikern wie gewohnt zusetzen. Einer von Plasbergs schönsten Interview-Einfällen: "Haben Sie was mit den Zähnen, Herr Pofalla?" - "Nein, wieso?" - "Na ja, Sie leiden offenbar unter Beißhemmung."

Das will sich der Newcomer im Ersten, der bissige Frank Plasberg, garantiert nicht vorwerfen lassen.

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