"24":Der längste Tag

Agent Jack Bauer kehrt mit der Serie "24" zurück, und dieses Mal ist die Gefahr global. Ausstrahlen wird den Echtzeit-Thriller wieder RTL 2, allerdings in verändertem Rhythmus.

Von Marc Winkelmann

Eigentlich hatten Robert Cochran und Joel Surnow alles richtig gemacht. Ihre Erfindung, die TV-Serie 24, kam bestens an. Die Fans waren von der ersten Staffel begeistert, die Kritiker voll des Lobes, das Format gewann wichtige Preise.

"24": Kiefer Sutherland als Jack Bauer - diesmal im Kampf gegen islamische Terroristen.

Kiefer Sutherland als Jack Bauer - diesmal im Kampf gegen islamische Terroristen.

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Nur die Auftraggeber, die Verantwortlichen bei Rupert Murdochs US-Sender Fox, hatten Bedenken. Ob man mit dem aufwändigen Produkt ausreichend Geld verdienen könne? Sie glaubten es nicht, offenbar, jedenfalls beauftragten sie die Autoren, bei der Fortsetzung das Grundprinzip von 24 zu ändern:

Nicht mehr eine durchgehende Handlung sollte die 24 Stunden im Leben des Agenten Jack Bauer bestimmen, sondern 24 einzelne Abenteuer, für die Bauer jeweils eine Stunde Zeit haben sollte.

Am Echtzeit-Prinzip - erzählte Zeit gleich Erzählzeit - wollte man nicht rütteln. Aber abgeschlossene Folgen ließen sich einfacher verkaufen. Die Zuschauer können leichter in die Serie einsteigen - und ohne Probleme ein paar Stunden auslassen.

Die Autoren fügten sich, schrieben aber eine zweite Version. Eine nach dem bewährten Muster. Und sie setzten sich durch.

In Amerika durchlebt Jack Bauer derzeit zum dritten Mal den längsten Tag seines Lebens, in Deutschland startet er in seinen zweiten Tag. Die Gefahr ist dieses Mal global. Islamistische Terroristen sind im Besitz einer Atombombe und drohen, sie in Los Angeles zu zünden. Präsident David Palmer erfährt von den Plänen, setzt seinen Stab in Bewegung und reaktiviert Bauer (Kiefer Sutherland).

Jeder ist verdächtig

Der hatte, gezeichnet vom Tod seiner Frau, den Dienst bei der "Counter Terrorist Unit" quittiert. Nun beginnt jenes Spiel, das schon die erste Staffel auszeichnete: Jeder ist verdächtig. Die wahren Drahtzieher und ihre Motive werden nur langsam sichtbar. Die Protagonisten spinnen auf allen Seiten fortlaufend ihre Intrigen - und Jack muss sich dieser Hydra annehmen.

Einige Weggefährten aus der ersten Staffel machen es ihm nicht leichter, Nina Myers etwa. Jacks ehemalige Kollegin und Geliebte entpuppte sich in der ersten Staffel in letzter Minute als seine Gegenspielerin und erschoss Jacks schwangere Frau. Nun sitzt sie im Gefängnis, ist aber Teil des neuen Puzzles.

Zeit zum Reflektieren bleibt den Akteuren nicht. Das Tempo ist hoch. Im Minutentakt muss der unbeirrbare Jack Bauer Hürden nehmen, die James Bond wie einen Praktikanten aussehen lassen. Und angesichts der atomaren Bedrohung passen er und Präsident Palmer ihre Methoden denen der Gegner an: Sie foltern.

Die neue Staffel ist düsterer als die erste und auch politischer. Weit vor der amerikanischen Irak-Invasion haben die Autoren das Drehbuch geschrieben, doch die Parallelen sind deutlich.

Man kann 24 auch als Kritik verstehen

Wer finanziert die Terroristen? Sind die Beweise ausreichend, um drei islamische Länder, vermeintliche Unterstützer, angreifen zu können? Sind die Beweise überhaupt echt? Mit diesen Fragen beschäftigt sich 24, und erwägt die Möglichkeit, dass reaktionäre Kräfte in der amerikanischen Regierung die Fäden in der Hand halten. Man kann 24 auch als Kritik verstehen.

Ausstrahlen wird den Echtzeit-Thriller wieder RTL 2, allerdings in verändertem Rhythmus. Im Herbst 2003 hatte der Kanal versucht, dem temporeichen TV-Ereignis einen angemessenen Rahmen zu schaffen. Er zeigte an drei Tagen in der Woche jeweils eine Doppelfolge und versendete so die erste Staffel innerhalb eines Monats. Das Konzept war mutig, aber es überforderte die Zuschauer.

Jack Bauers Tag ist drei Monate lang

Die Resonanz sei groß gewesen, sagt eine Sendersprecherin, nur: "Viele haben uns signalisiert, dass sie nicht so oft zu Hause bleiben können." Vor allem freitags und sonntags schalteten sie nicht ein oder wanderten zur Konkurrenz ab. Im Schnitt blieben 1,5 Millionen Zuschauer hängen. Nun setzt der Kanal auf eine wöchentliche Programmierung. Er bringt dienstags eine Doppelfolge und wiederholt sie einen Abend später. Jack Bauers Tag zieht sich somit über drei Monate hin.

RTL 2 hat sich auch entschieden, an drei Abenden nicht zwei, sondern drei Episoden zu zeigen. Weil Gewalt in der neuen Geschichte expliziter dargestellt ist als in der ersten Staffel, dürfen drei Folgen erst nach 22 Uhr gezeigt werden. Schneiden wollte man die Szenen aber nicht.

"Die Fans von 24 reagieren empfindlicher als Anhänger anderer Formate", weiß man bei RTL 2.

Trickreich bleibt zudem der Umgang mit den Werbepausen. Knapp 20 Minuten haben die Erfinder pro Folge dafür reserviert und in die Echtzeit integriert. Da deutsche Sender aber pro Stunde maximal 12 Minuten lang werben dürfen, kommt es zu Zeitsprüngen. Bei der ersten Staffel waren diese Lücken offensichtlich: Innerhalb weniger Sekunden sprang die Uhr fünf Minuten vor. Dieses Mal, versichert der Sender, seien die Übergänge weicher geschnitten.

24, RTL 2, 20.15 Uhr

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