JP Morgan übernimmt Bank One:US-Megafusion treibt deutsche Bankaktien

Eine große Fusion in den USA verändert die Bankenlandschaft. J.P. Morgan Chase & Co. übernimmt die sechstgrößte Bankengruppe des Landes, Bank One Corp, für 58 Milliarden Dollar. Spekulationen über Zusammenschlüsse in Europa trieben am Donnerstag auch die Aktien deutscher Banken in die Höhe.

Von Andreas Oldag und Lothar Gries

Mit der Fusion zwischen J.P. Morgan Chase und Bank One entsteht die zweitgrößte amerikanische Bankengruppe mit einer Bilanzsumme von 1,1 Billionen Dollar (rund 870 Milliarden Euro) und 2300 Zweigstellen. Branchenführer bleibt die Citigroup mit einer Bilanzsumme von 1,2 Billionen Dollar.

JP Morgan übernimmt Bank One: JP Morgan und die Bank One sind bereits als einzelne Institute sehr groß. Gemeinsam könnten sie nun sogar die Citigroup herausfordern.

JP Morgan und die Bank One sind bereits als einzelne Institute sehr groß. Gemeinsam könnten sie nun sogar die Citigroup herausfordern.

(Foto: Tabelle: Süddeutsche Zeitung)

J.P. Morgan-Chase-Chef William Harrison sprach von einem "Meilenstein". Es entstehe einer der weltgrößten Finanzdienstleister. Er kündigte zugleich die Streichung von bis zu 10.000 Stellen an.

Das zusammengeschlossene Unternehmen werde nach den Worten Harrisons eine bessere Ertragslage erreichen. Man verspreche sich Kostenersparnisse von rund 2, 2 Milliarden Dollar vor Steuern, die über einen Zeitraum von drei Jahren erreicht werden sollen.

Ablösung im Jahr 2006

Harrison soll zunächst Unternehmenschef und Verwaltungsratsvorsitzender der neuen Großbank werden. Er wird aber nach den bisherigen Plänen im Jahr 2006 vom derzeitigen Bank-One-Chef James Dimon abgelöst. Harrison soll dann nur noch den Verwaltungsrat führen.

Die fusionierte Bank wird 163.400 Mitarbeiter und Einlagen von 477 Milliarden Dollar haben. Sie gehört auch zu den führenden Investmentbanken und den größten Kreditkartenemittenten. Ihr Zweigstellennetz reicht von New York bis Texas.

Die Transaktion wurde von den Verwaltungsräten beider Banken einstimmig genehmigt. Aktionäre und Aufsichtsbehörden müssen die Transaktion erst noch genehmigen. Sie soll Mitte 2004 vollzogen werden. Kartellexperten rechnen mit einer Billigung der Pläne durch die Wettbewerbsbehörden.

Die Übernahme soll auf Basis eines Aktientauschs stattfinden. Die Aktionäre von Bank One erhalten 1,32 Aktien der J.P. Morgan Chase. Bei einem J.P. Morgan-Aktienkurs von 39,22 Dollar entspricht dies 51,77 Dollar je eigene Aktie. Dies läuft auf ein Aufgeld von 14 Prozent hinaus.

Unternehmenssitz in New York

Der Gesamtwert der Aktien der zusammengeschlossenen Gesellschaft beträgt rund 130 Milliarden Dollar. Sie wird als J. P. Morgan Chase firmieren und ihren Sitz in New York haben. Chicago, der bisherige Sitz der Bank One, bleibe ein wichtiger Standort.

Es ist die zweite Großfusion binnen weniger Monate. Im Oktober hatte die Bank of America die Übernahme der siebtgrößten US-Bank FleetBoston Financial für 47 Milliarden Dollar angekündigt.

Mit der jüngsten Fusion gewinnt die Neuordnung des Bankensektors an Fahrt. J.P. Morgan Chase war 2001 durch den Zusammenschluss der beiden New Yorker Großbanken Chase Manhattan und J.P. Morgan entstanden.

Die Fusion in den USA hat auch die Übernahmephantasien in Deutschland wieder angeheizt. Banktitel verbuchten Kursgewinne. Dennoch rechnen Analysten und Börsianer nicht damit, dass es auch in Deutschland in absehbarer Zeit zu einer großen Fusion oder einer Übernahme durch ein ausländisches Geldhaus kommen wird.

Die deutschen Banken seien an den Kapitalmärkten zwar immer noch günstig bewertet, doch seien die hiesigen Institute einfach noch nicht profitabel genug, sagt Bankenexperte Dieter Hein von Fairesearch in Frankfurt.

Belastungen aus der Vergangenheit

Zudem hätten sich die Belastungen aus der Vergangenheit bei den deutschen Instituten weitaus höher erwiesen als vermutet. So hatte etwa die Commerzbank im November Abschreibungen aus Beteiligungen von 2,3 Milliarden Euro vornehmen müssen.

Die Banken hätten in den vergangenen Jahren zwar enorme Anstrengungen unternommen, um ihre Kosten zu senken. Doch ihre Kapitalkosten verdienten sie immer noch nicht. Sie seien Wertvernichter, sagte Hein.

John Cameron, Chef der Royal Bank of Scotland, dem immer wieder Interesse an einer deutschen Bank unterstellt wird, stellte kürzlich klar, dass es ihm bei einer Übernahme vor allem darum gehe, zusätzlichen Wert zu schaffen. "Im Vordergrund steht die Frage, was bringt ein Zukauf unseren Aktionären". Das zusätzliche Volumen spiele in einer vom Kapitalmarkt getriebenen Welt nicht mehr die entscheidende Rolle.

Mangelnde Marktstärke

Auch mangelt es den hiesigen Banken an Marktstärke. Gerade in dem für ausländische Geldhäuser wie der Citigroup so interessanten Geschäft mit Privatkunden, erreichen die fünf deutschen Großbanken zusammen nur einen Marktanteil von knapp 20 Prozent. Zu wenig, um ernsthaftes Interesse zu wecken.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: