U-Haft im Siemens-Skandal verhängt:Auszeit für einen Sponsor

Er beriet Siemens und fördert Sportvereine: Nun sitzt der Chef einer kleinen Gewerkschaft in Haft.

Sibylle Haas, Klaus Ott und Uwe Ritzer

Die Handball-Damenmannschaft des 1. FC Nürnberg ist seit Jahren Spitze in Deutschland, und wer so erfolgreich spielt, hat natürlich auch einen Premiumsponsor, wie das im Sportjargon heißt.

U-Haft im Siemens-Skandal verhängt: Siemens hat derzeit laufend mit Ermittlungsbehörden zu tun. Der neueste Fall betrifft einen Gewerkschafter, der einen dubiosen Beratervertrag hatte.

Siemens hat derzeit laufend mit Ermittlungsbehörden zu tun. Der neueste Fall betrifft einen Gewerkschafter, der einen dubiosen Beratervertrag hatte.

(Foto: Foto: dpa)

Ungewöhnlich ist nur, dass es sich in diesem Fall nicht um ein Unternehmen handelt, sondern um eine Art Gewerkschaft: die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB).

Auch die Handballteams des VfB Forchheim, Dresdner Volleyballer und andere Klubs werben für die AUB, die nach eigenen Angaben 32.000 Mitglieder zählt und 19.000 Betriebsräte stellt.

Die AUB koste das keinen Cent, sagt Traute Jäger, Mitglied des Bundesvorstands. Geldgeber der Vereine sei vielmehr der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Wilhelm Schelsky, der ein ,,großes Herz'' habe, gerade für den Sport.

Ehrenamtliche Tätigkeit

Den AUB leitet Schelsky ehrenamtlich, hauptberuflich betreibt er eine Unternehmensberatung in Nürnberg und andere Firmen. Bei seinem Sport-Sponsoring habe er bescheiden im Hintergrund bleiben wollen und deshalb die Trikotwerbung der AUB überlassen, erzählt Jäger. ,,Er wollte uns etwas Gutes tun."

Derzeit muss die AUB ohne ihren Vorsitzenden auskommen, der die Organisation einst mitgegründet hat. Seit Mittwoch sitzt Schelsky in Untersuchungshaft.

Die Nürnberger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen eines 2001 mit Siemens geschlossenen Berater- und Dienstleistungsvertrages, der Schelsky nach Erkenntnissen der Strafverfolger bis zum vergangenen Jahr 14,5 Millionen Euro eingebracht hat.

Kooperativer als die IG Metall

Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, dass es zu ,,Zahlungen ohne den Nachweis einer konkreten Gegenleistung gekommen ist''. Die Ermittler gehen offenbar auch der Frage nach, ob Schelsky im Sinne von Siemens Einfluss auf das Verhalten von Betriebsräten genommen habe. Die AUB setzt, anders als die IG Metall, mehr auf Kooperation.

Auszeit für einen Sponsor

Und noch eine Frage stellt sich: Hat Siemens über Schelsky die AUB heimlich mitfinanziert? Bundesvorstandsmitglied Jäger sagt, es seien ,,keine Zahlungen von einem Konto Schelskys'' an die AUB gelaufen. Aber vielleicht gibt es ja indirekte Zuwendungen - so wie beim Sport-Sponsoring.

Nicht viel Geld

Der Mitgliedsbeitrag, der maximal acht Euro im Monat beträgt und somit im Schnitt deutlich niedriger liegt als bei der IG Metall, dürfte gerade mal drei Millionen Euro im Jahr bringen. Das ist nicht viel Geld für eine Organisation mit einem Bundesbüro und neun regionalen Geschäftsstellen.

Zu den Mitgliedsbeiträgen kämen noch Seminareinnahmen und ,,im minimalen Bereich Spenden'' hinzu, sagt Jäger. Details nennt sie nicht, die Finanzen bleiben der Öffentlichkeit verborgen - allerdings nicht den Staatsanwälten, denn die waren auch im AUB-Bundesbüro.

Keine zentrale Vorgaben an die Betriebsräte

Die Ermittlungen könnten ,,durchaus unserem Image schaden'', sagte Traute Jäger. Sie vertraue aber darauf, dass ,,die Arbeit unserer Leute in den Unternehmen honoriert'' werde. Jäger fügt hinzu, dass ihre Organisation den Betriebsräten ,,keine zentralen Vorgaben'' mache.

,,Unsere Leute sind nicht ferngesteuert. Sie entscheiden betriebsorientiert.'' Die IG Metall betrachtet die AUB als arbeitgebernah. ,,Wir hatten schon länger den Verdacht, dass die AUB von Siemens unterstützt wird, um gegen uns in Stellung gebracht zu werden'', sagt Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer.

Nach Angaben eines Siemens-Sprechers hat Schelsky den Konzern beraten sowie Arbeitnehmer und Manager geschult und trainiert. Den Vertrag mit dem Nürnberger Geschäftsmann hat im Jahre 2001 Johannes Feldmayer unterzeichnet, damals Fachvorstand in der Sparte Automatisierungs- und Antriebstechnik.

Johannes Feldmayer als Zeuge vernommen

ZeugeSeit 2003 sitzt Feldmayer im Zentralvorstand, dem innersten Machtzirkel des Konzerns. Die Ermittler haben ihn als Zeugen vernommen.

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