Aura-Healing/Aura Soma:Energiefelder in den Farben des Regenbogens

Wir besitzen angeblich Hüllen aus "magnetischer Energie", aus denen man auf Erkrankungen schließen kann. Die Felder sehen allerdings nur Aura-Heiler.

Colin Goldner

Der Begriff Aura (lateinisch: Lufthauch) bezeichnet ein Feld "magnetischer Energie", das angeblich den Körper des Menschen in Form einer ovalen oder pilzförmigen Schutzhülle umgibt.

Aura-Healing/Aura Soma: Manche Menschen sollen über besonders helle Auren verfügen.

Manche Menschen sollen über besonders helle Auren verfügen.

(Foto: Foto: iStock)

Dieses Energiefeld ist dem normalen Betrachter unsichtbar, dem geschulten Aura-Heiler jedoch zeigt es sich angeblich in den sieben Farben des Regenbogens.

Aus der Form und der Farbzusammensetzung des aurischen Energiefeldes könnten Rückschlüsse auf seelische und körperliche Erkrankungen gezogen werden, die sich lange vor ihrem tatsächlichen Ausbruch bereits in diesem abzeichnen sollen.

Krankheiten erscheinen angeblich als Löcher, Risse oder Verfärbungen in der Aura. Spirituell hochentwickelte Menschen sollen über besonders helle Auren verfügen, die dann als "Heiligenschein" (Aureole, Halo) wahrgenommen und dargestellt werden.

Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts befasste sich der schwedische Hellseher Emanuel Swedenborg (1688-1772) mit den "spirituellen Sphären", die seiner Auffassung nach den menschlichen Körper umgäben.

1845 veröffentlichte der deutsche Chemiker Carl von Reichenbach (1788-1869) seine Entdeckung des "Od", einer Energie, die, wie er glaubte, allen lebendigen Organismen, aber auch anorganischen Stoffen wie etwa Kristallen, in Form einer hellstrahlenden "Lohe" entströme. Auch die Anthroposophie Rudolf Steiners ging von der Existenz aurischer Energiefelder aus.

Fremde Seelen in einer defekten Aura

Nach esoterischer Vorstellung können sich in einer defekten Aura auch Seelen Verstorbener aufhalten, die dort eine Art "Zwischenleben" bis zu ihrer Wiedergeburt oder bis zu ihrem Eintritt ins Jenseits verbringen.

Es handle sich dabei um Geistwesen, so die einschlägige Literatur, die "ihren eigenen physischen Körper verlassen, ihren physischen Tod jedoch nicht akzeptiert haben."

In ihrem "Wirt", in dessen Aura die "verlorenen Seelen" eingefahren sein sollen - in der Regel ohne dass dieser es bemerkt -, richten sie angeblich erheblichen Schaden an, da sich all ihre Probleme auf diesen übertragen.

Die Besetzung eines "Wirtes" geschieht nach Überzeugung der Aura-Heiler, wenn dieser etwa durch Narkose oder Drogenrausch ohne Bewusstsein ist. Auch ein geschwächtes Immunsystem zieht angeblich Fremdenergien an. Menschen, die derart "besessen" sein sollen, bedürften einer tiefgreifenden Säuberung ihrer Aura, einer Art spiritistischen Exorzismus.

Energieübertragung zur Therapie

Die Therapie "aurischer Defekte" besteht vor allem in "Energieübertragung": Der Aura-Heiler legt hierzu seine Hände im Abstand einiger Zentimeter über den Körper des Klienten und lässt (angeblich) kosmische Energie in dessen Aura einströmen.

Gelegentlich wird die Aura auch "massiert" oder mit Magneten oder heilkräftigen Kristallen behandelt. Komplexere aurische Säuberungen umfassen schamanische oder auch selbsterfundene Inszenierungen, nicht selten werden auch die Maßgaben des offiziellen "Rituale Romanum" (Teufelsaustreibung) aus dem Jahre 1614 herangezogen.

Gegen eine solcherart gesäuberte und gestärkte Aura hätten weder "fremde Seelen" noch Krankheitskeime eine Chance, so das Versprechen der Aura-Heiler. Man sei nicht nur gegen Krebs, Aids und Radioaktivität gewappnet, sondern auch gegen psychische Probleme jedweder Art. Selbst Unfälle könnten nicht mehr passieren.

Sollte man dennoch krank werden oder verunglücken, ist dies - in szeneüblichem Zirkelschluss - ein Hinweis auf eine (noch) nicht intakte Aura, die weiterer Behandlung eines Aura-Heilers oder Exorzisten bedarf.

Für die Existenz irgendwelcher Aurafelder gibt es allerdings bislang keinerlei ernstzunehmenden Hinweis. Die Wahrnehmung einer Aura mit Rissen, Löchern und Einfärbungen, wie sie von "Hellsichtigen" oder "Aura-Heilern" behauptet wird, muss als Einbildung, Halluzination oder bewusste Täuschung der gutgläubigen Klientel gewertet werden.

Lesen Sie hier weiter: Was ist Aura Soma?

Energiefelder in den Farben des Regenbogens

Aura Soma

Zu den populärsten Verfahren des "Aura Healing" zählt das sogenannte Aura Soma (lateinisch/griechisch: Lufthauchkörper).

Die Methode ähnelt dem (hinlänglich als unbrauchbar ausgewiesenen) "Lüscher-Farbtest". Sie wurde Mitte der 1980er Jahre von der britischen Geistheilerin Vicky Wall (1918-1991) vorgestellt, die laut Eigenbekundung von "höherer Warte" dazu inspiriert worden sei: Aura Soma besteht aus exakt vierundneunzig Glasfläschchen, die je zur einen Hälfte mit buntfarbigem Öl und zur anderen mit gleich- oder andersfarbigem Wasser gefüllt sind.

Aus der Reihe der vierundneunzig nebeneinandergestellten Fläschchen wählt der Klient "intuitiv" vier Farbkombinationen aus, aus denen nun mittels eines eigenen Deutungskataloges diagnostische Schlüsse gezogen werden.

Blau/Violett an erster Stelle soll etwa auf "spirituellen Scharfblick" hindeuten, Grün/Violett an zweiter auf "psychosomatische Krankheiten". Die Farbwahl informiert angeblich zudem über künftige Ereignisse: Grün/Rosa an vierter Stelle etwa bedeute einen "Neuanfang für die Liebe".

Die ausgewählten Fläschchen, deren Inhaltsflüssigkeiten (Öl/Wasser) im Ruhezustand voneinander getrennt sind, werden vom Klienten in ritueller Weise geschüttelt. Aus der Bläschenbildung beim Vermischen des Öls mit dem Wasser liest der Therapeut weitere diagnostisch wertvolle Informationen ab. Nach dem Verschütteln werden ein paar Tropfen des Öl-/Wassergemisches auf bestimmte Hautareale aufgetragen und eingerieben.

Knallbunte Entscheidungshilfen

Für Fortgeschrittene bietet Aura Soma ein Sortiment sogenannter "Pomander" an, vierzehn Fläschchen mit knallbunt eingefärbten Duftölen. Diese dienen besonderen "Schutz- und Heilungszwecken": Smaragdgrün etwa soll bei schwierigen Entscheidungen helfen und auch bei Asthma und Herzbeschwerden, Rot wirkt angeblich aphrodisierend und schützt vor Erdstrahlen. Dafür werden jeweils drei Tropfen auf die Handinnenfläche gegeben und dann "in die Aura eingefächelt".

Brücke zu spirituellen Meistern

Auf noch höherer Schwingungsebene als die Pomander setzen die sogenannten Meister-Quintessenzen an. Dabei handelt es sich wiederum um vierzehn Fläschchen, die diesmal gedecktfarbige Öle enthalten.

Diese bilden angeblich eine "spirituelle Brücke, um mit Energien bestimmter spiritueller Meister in Berührung zu kommen": Die hellviolette Saint-Germain-Quintessenz etwa führt demnach zu einer Wende in schwierigen Lebenssituationen und erhöht zugleich das "Ich-Bin-Prinzip", wohingegen die dunkelrote Meister-Christus-Essenz eine "Wiedergeburt des Lichtes und der Liebe in unseren Herzen" bewirken soll.

Zu den weiteren "Meistern" zählen Lao-Tse (dunkelblau), Orion (hellblau) und Pallas Athene (rosenpink). Die Quintessenz-Öle werden ebenso wie die Pomander in die Aura eingefächelt.

Das komplette Sortiment an Aura-Soma-Ölen kostet übrigens rund 1300 Euro, eine Beratung oder Behandlung gibt es ab 75 Euro.

Und das Geschäft mit den bunten Fläschchen boomt. Nach dem Tod Vicky Walls 1991 übernahmen deren Mitarbeiter Mike und Claudia Booth den internationalen Vertrieb. Sie erweiterten das Sortiment um eine Vielzahl farbiger Lotionen, Hautcremes, Badezusätzen und dergleichen mehr. Eine Komplettausbildung in Aura Soma dauert übrigens zwei mal drei Tage und kostet 560 Euro.

Colin Goldner ist klinischer Psychologe. Er setzt sich seit etlichen Jahren kritisch mit alternativen Heilverfahren auseinander.

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