Waffentechnik:USA warfen im Irak geächtete Brandbomben ab

Das amerikanische Verteidigungsministerium hat den Einsatz international umstrittener Brandbomben im Irak-Krieg eingeräumt. Zwar handelte es sich nicht um die völkerrechtlich geächteten Napalmbomben, die Waffen haben jedoch die gleiche Wirkung.

(SZ vom 09.08.2003) - Flugzeuge der US-Marineinfanterie hätten die Feuerbomben vom Typ MK-77 mindestens einmal in der Nähe von Safwan an der irakisch-kuwaitischen Grenze abgeworfen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Donnerstag in Washington.

Das Pentagon bestritt zugleich, dass es sich bei den Brandbomben um Napalm gehandelt habe. Nach Ansicht von Rüstungsexperten haben MK-77-Waffen jedoch "die gleiche Wirkung" wie das Gemisch, das von den USA in Vietnam eingesetzt wurde.

Der umstrittene Einsatz der Brandbomben fand im März beim Angriff der US-Truppen auf einen irakischen Militärbeobachter-Posten statt. Nach einem Bericht des Sydney Morning Herald ging Safwan Hill damals "in einem riesigen Feuerball" auf.

Die Zeitung San Diego Union Tribune berichtete von einem Angriff mit Dutzenden solcher Bomben am Fluss Tigris, der dabei half, den Weg nach Bagdad freizumachen. Sie zitierte einen amerikanischen Kommandeur mit den Worten: "Wir nahmen beide Brücken mit Napalm unter Feuer. Die Generäle lieben Napalm. Es hat einen großen psychologischen Effekt."

Noch im März hatte Tim Blair, ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, gesagt, "die amerikanischen Streitkräfte haben kein Napalm im Irak eingesetzt und werden dies auch nicht tun". Nach Informationen der ARD verwendeten die Amerikaner im Irak binnen 30 Tagen 30 Kanister des Napalm ähnlichen Stoffs.

USA: Napalm völlig vernichtet

Der Einsatz von Napalm wird international geächtet und widerspricht dem Geist der Genfer Konvention, die Waffen verbietet, mit denen der Zivilbevölkerung unnötiges Leid zufügt wird.

Das US-Militär weist allerdings den Vorwurf zurück, dass es sich bei der MK-77-Waffe überhaupt um Napalm handelt. "Die chemische Zusammensetzung ist unterschiedlich. Es sind zwei verschiedene Waffen mit ähnlich destruktiven Merkmalen", sagte ein Militärsprecher.

Die letzten Napalm-Bestände aus der Vietnam-Zeit seien vor zwei Jahren vernichtet worden. Nach amerikanischer Darstellung handelt es sich bei MK-77 um Flugzeugkerosin, das mit einem Zusatzstoff kombiniert wird, um es zu verdicken. Dieses Zusatzmittel aber habe eine deutlich geringere schädliche Auswirkung auf die Umwelt als Napalm.

Nach Ansicht des Rüstungsexperten Ottfried Nassauer haben Napalm und MK-77 allerdings die gleiche Wirkung. "Egal, ob man für eine Apfelschorle klaren oder trüben Saft verwendet, es bleibt eine Apfelschorle", sagte der Leiter des Berliner Informationszentrums für transatlantische Studien der Süddeutschen Zeitung. "Der Sauerstoff wird beim Einsatz beider Waffen aus der Luft gesaugt, Menschen werden rapide bewusstlos und sterben." Deshalb würden die amerikanischen Soldaten beim Einsatz von MK-77 selber nach wie vor von Napalm sprechen, sagte Nassauer.

Das US-Militär rechtfertigte am Donnerstag den Einsatz dieser Waffen. "Die Bomben seien dazu geeignet, mit einem schwierigen Feind umzugehen und gleichzeitig das eigene Leben zu schützen", sagte ein Sprecher des Pentagon. Es gebe keine internationale Konvention, die den Einsatz dieser Munition verbiete.

Rüstungsexperte Nassauer räumte ein, dass die BrandbombeMK-77 nicht ausdrücklich verboten sei, auch wenn sie moralisch geächtet werde. Entscheidend sei, ob mit ihr ausschließlich militärische Ziele bekämpft würden und keine Zivilisten in der Nähe seien.

1000 weitere Bomben geplant

Das amerikanische Verteidigungsministerium plant nach Informationen der San Diego Union Tribune für die kommenden beiden Jahre den Kauf von weiteren tausend der umstrittenen Brandbomben. Der Antrag sei dem Kongress bereits im Februar übermittelt worden. Im Militärhaushalt 2004 sieht das Pentagon dafür mehr als 3,6 Millionen Dollar vor.

Die USA werden seit langem wegen der von ihnen eingesetzten Waffen kritisiert. Im Irak-Krieg setzte die US-Armee auch umstrittene Streubomben ein.

Menschenrechtler fordern ein Verbot dieser Waffen, weil sie auf einer großen Fläche niedergehen, oft Zivilisten treffen, und durch nicht detonierte Teile eine langfristige Gefahr für die Bevölkerung darstellen.

Streubomben öffnen sich nach dem Abwurf und setzen dabei zahlreiche Splitterbomben oder Minen frei.

Zudem setzten die US-Truppen mit abgereichertem Uran gehärtete Munition ein, die besonders dicke Panzerungen durchschlagen kann. Zwar ist die Strahlung der Munition gering, bei der Explosion der Geschosse wird jedoch Uranstaub frei, der im Verdacht steht, krebserregend zu sein.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: