Auflösung des CSU-Vorstands:"Das ist pure Show"

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Auf Drängen von Parteichef Edmund Stoiber soll der gesamte Vorstand der Münchner CSU zurücktreten. Während der amtierende Vorsitzende Otmar Bernhard damit einverstanden ist, erregt Stoibers Vorstoß bei anderen führenden Münchner Christsozialen Unverständnis und Unmut.

Von Jan Bielicki

Stoiber und sein Generalsekretär Markus Söder haben den Vorstand des Münchner Parteiverbandes für den kommenden Montag in das CSU-Hauptquartier in der Nymphenburger Straße bestellt. Dabei wollen sie der Führung des skandalgeschüttelten Bezirks klar machen, wie sie sich dessen Zukunft nach dem erzwungenen Rücktritt der bisherigen Parteichefin Monika Hohlmeier vorstellen.

In einem vorbereitenden Gespräch mit Bernhard hatte Stoiber bereits in dieser Woche auf einen Rücktritt des gesamten Münchner Vorstands gedrängt - und Bernhard hatte zugestimmt: "Ich bin damit einverstanden", erklärte der als künftiger Chef der München-CSU ausersehene Landtagsabgeordnete. So könne der Bezirksverband "einen Schlussstrich ziehen" unter die affärenbelastete Ära Hohlmeier und der Vorstand "neue Legitimation erlangen".

Erst vor einem Jahr gewählt

Ein Rücktritt des Gesamtvorstands setze "jedoch voraus, dass jeder Einzelne auch wirklich zurücktritt", schränkte Bernhard ein, "das lässt sich nicht mit Mehrheitsentscheidung machen". Tatsächlich hat ein Parteitag den jetzigen Vorstand vor ziemlich genau einem Jahr für eine Amtszeit bis 2005 gewählt.

Zum Rücktritt zwingen kann die Partei ein Vorstandsmitglied nicht. "Ich gehe aber davon aus, dass jeder mitzieht", sagte Bernhard. Das werde er jedenfalls "als Ziel anstreben".

Doch trifft Stoibers Vorschlag nicht auf ungeteiltes Wohlwollen. "Alle sind sich einig, dass wir einen dicken Schlussstrich ziehen müssen", sagt der Landtagsabgeordnete Ludwig Spaenle, will sich aber nicht darauf festlegen, "in welcher Form wir das am Montag gemeinsam tun werden".

Ein Rücktritt des Gesamtvorstands "ergibt einen Sinn, wenn der neue Vorsitzende einen loyalen und arbeitsfähigen Vorstand bekommt", erklärt der Vorständler Richard Quaas.

Hinter vorgehaltener Hand

Andere Vorständler äußern hinter vorgehaltener Hand heftige Kritik - gerade an Stoiber: Dessen nun demonstriertes Durchgreifen sei "pure Show", mit dem sich der Parteichef als Aufräumer profilieren wolle, nachdem "er monatelang seine Hausaufgaben nicht gemacht hat", zürnt ein Vorständler.

"Wir sind doch noch nicht in der KPdSU", vergleicht ein anderes Vorstandsmitglied den Druck von oben mit Verhältnissen in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. "Aufpassen" müsse auch der auserkorene Bezirkschef Bernhard: "Wenn der sich vor Stoibers Karren spannen lässt, wünsche ich viel Vergnügen bei seiner Wahl."

Unklar ist, ob der Vorstand am Montag überhaupt einen gemeinsamen Rücktritt verkünden kann. Rücktrittsunwillige Vorständler können sich dem nämlich entziehen, indem sie einfach nicht zur Sitzung kommen und unerreichbar bleiben - mit einer ganz harmlosen Ausrede: Urlaubszeit.

© SZ vom 14.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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