Ypsilanti und Kraft:Ein Rat unter Frauen

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Andrea Ypsilanti ist in Hessen als Ministerpräsidentin gescheitert. Ihrer NRW-Kollegin Hannelore Kraft will sie dieses Schicksal ersparen - und gibt Tipps.

Eine Postkarte der CDU deutete bereits vor dem 9. Mai an, was nun angesichts eines denkbar knappen Wahlergebnisses Realität geworden ist: Rot-Grün allein kann Hannelore Kraft nicht zur Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen machen, eine ungeliebte rot-rot-grüne Koalition hätte jedoch eine ausreichende Mehrheit. Damit teilt Hannelore Kraft das Schicksal ihrer Parteigenossin und Beinahe-Ministerpräsidentin von Hessen, Andrea Ypsilanti. Die meldet sich nun auch flugs zu Wort - und warnt vor Berührungsängsten mit der Linken.

Hannelore Kraft - eine zweite Andrea Ypsilanti? Die NRW-CDU mutmaßte schon vor der Wahl, dass die SPD-Spitzenkandidatin sich im Falle eines Falles auch mithilfe der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen würde. (Foto: Foto: dpa)

"Bei der Mehrheitsfindung geht es nicht um Berührungen oder Umarmungen. Für mich ging es immer um Inhalte und Schnittmengen", sagte die frühere Vorsitzende der Hessen-SPD dem Berliner Tagesspiegel. Ypsilanti wünschte ihrer nordrhein-westfälischen Kollegin bei den anstehenden Verhandlungen für eine Regierungsbildung "Kraft und Mut". Angst vor der Linkspartei sei dabei "kein guter Ratgeber", fügte sie hinzu.

Ypsilanti selbst war 2008 mit dem Versuch gescheitert, in Hessen eine von den Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden.

Gabriel erteilt Linke Absage

Bei der Wahl am Sonntag in Nordrhein-Westfalen hatte die CDU dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge 34,6 Prozent der Stimmen erhalten. Die SPD kam auf 34,5 Prozent. Die Grünen erzielten 12,1 Prozent, die FDP 6,7 Prozent und die Linken 5,6 Prozent. Im Düsseldorfer Landtag haben damit CDU und SPD jeweils 67 Sitze, die Grünen 23, die FDP 13 und die Linke elf. Damit sind rechnerisch nur eine große Koalition oder ein Dreierbündnis möglich. Sowohl Christ- als auch Sozialdemokraten erheben Anspruch auf die Regierungsbildung.

Der Bundesvorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, bekräftigte den Führungsanspruch seiner Partei in dem bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland. Die CDU sei der große Wahlverlierer, sagte Gabriel in einer TV-Sendung. Mit Blick auf den Gleichstand der Mandate trotz eines knappen Stimmenvorsprungs der CDU vor der SPD sagte der Parteichef: "Man wird von der SPD nicht erwarten können, dass wir sagen, wir sind zwar gleichstark, aber ihr dürft den Ministerpräsidenten stellen."

Einem möglichen Regierungsbündnis unter Einschluss der Linken erteilte Gabriel unter den jetzigen Voraussetzungen jedoch eine klare Absage: "Wir haben vor der Wahl gesagt, dass dies eine Partei ist, die mit ihrem Programm nicht regierungswillig und übrigens nicht regierungsfähig ist. An dieser Beurteilung hat sich jedenfalls bei mir nichts geändert."

Gabriel bekräftigte, dass die SPD nach dem Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat ihre gestärkte Position dort nutzen werde. "Wir sagen, wir würden das nicht mitmachen, was Menschen in Deutschland schadet." Als Beispiele nannte der SPD-Chef den Stopp des Ausbaus erneuerbarer Energien und die Fortführung der Atomenergie, sowie "Steuergeschenke an Leute, die es nicht nötig haben, weil dadurch Städte und Gemeinden ausbluten". In der Gesundheitspolitik wolle die SPD die Entwicklung hin zu einer "Drei-Klassen-Medizin" verhindern. "Wir wollen natürlich nicht einfach nur nein sagen, sondern wir wollen auch zeigen, was man besser machen könnte", sagte Gabriel.

Groß scheint indes die Angst der Grünen, trotz des guten Abschneidens der Partei möglicherweise nicht zum Zug zu kommen: Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hat die SPD vor einer großen Koalition mit der CDU in Nordrhein-Westfalen gewarnt. Es werde schon damit begonnen, die große Koalition zu verklären, sagte Roth dem Hamburger Abendblatt. "Wir haben auf Bundesebene gesehen, dass große Koalitionen nicht in der Lage sind, große Probleme zu lösen", sagte Roth.

Roth bekräftigte den Regierungsanspruch ihrer Partei in NRW nach dem Rekordergebnis von 12,1 Prozent. Sie forderte Linke und FDP auf, sich in der Frage einer möglichen Regierungsbeteiligung klar zu bekennen.

© dpa/AFP/AP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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