Walter Mixa:Gescheiterter Hardliner

Mixas Ehrgeiz war ebenso bekannt wie seine persönlichen Schwächen. Die Gründe, warum er Bischof werden konnte, muss die katholische Kirche auch bei sich selbst suchen.

Andreas Roß

Welche Tragödie für die katholische Kirche und den deutschen Episkopat: Walter Mixa war der erste Bischof, den Joseph Ratzinger nach seiner Wahl zum Papst in Deutschland ernannt hat. Nach nur fünfjähriger Amtszeit musste ihn der Papst an diesem Samstag schon wieder aus dem Amt entfernen. Offiziell hatte Mixa zwar selbst um seinen Rücktritt nachgesucht, der Pontifex hätte ihn aber nicht zwangsläufig annehmen müssen.

Walter Mixa, Augsburg, dpa

Walter Mixa: Konservative Seilhaften halfen ihm auf dem Weg nach oben.

(Foto: Foto: dpa)

Doch in der Causa Mixa hatte Benedikt XVI. keine andere Wahl. Ein Bischof, der im Verdacht steht, sich selbst an einem Minderjährigen vergangen zu haben und dem überdies vorgeworfen wird, als Stadtpfarrer Kinder eines Waisenhauses geschlagen und in dieser Einrichtung auch Geld zweckentfremdet oder veruntreut zu haben, kann nicht im Amt bleiben.

Die Bistumsleitung selbst hatte den Missbrauchsverdacht beim Generalstaatsanwalt angezeigt. So etwas hat es in Deutschland bislang noch nicht gegeben. Zwar gilt auch für Bischof Mixa noch immer die Unschuldsvermutung. Aber schon allein die Schwere und die Umstände der Anschuldigungen haben das Ansehen des Oberhirten in einem Maße beschädigt, dass ein weiterer Verbleib im Amt nicht möglich war.

Unabhängig von der Klärung der Vorwürfe muss sich die katholische Kirche die Frage gefallen lassen, wie ein alkoholkranker Mann wie Walter Mixa in ein so hohes kirchliches Leitungsamt kommen konnte.

Mixa war in Kirchenkreisen kein unbeschriebenes Blatt, als er 1996 vom einfachen Stadtpfarrer zum Oberhirten des Bistums Eichstätt ernannt wurde.

Viele wussten um den brennenden Ehrgeiz des Priesters - Mixa wollte es nach ganz oben schaffen. Sie wussten um seine persönlichen Schwächen und sie wussten um seinen Lebensstil, der nicht von Einfachheit und Demut geprägt war, wie man es von einem guten Kirchenmann erwartet.

Schon 1992 hatte Mixa Nachfolger des früheren Augsburger Bischofs Josef Stimpfle werden wollen. Einflussreichen Kräften bis hinauf zum damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, gelang es jedoch, die Berufung Mixas zu verhindern. Vier Jahre später war der Stadtpfarrer aus Schrobenhausen dann doch am Ziel: Er wurde Bischof von Eichstätt, die konservativen Seilschaften in der katholischen Kirche in Deutschland und in Rom hatten ganze Arbeit geleistet.

2005 erfolgte schließlich der Wechsel auf den Stuhl des heiligen Ulrich in Augsburg. Wenn es denn objektive Auswahlkriterien für die Erennung eines Bischofs gibt, im Falle Mixa haben sie nicht gegriffen. Es waren konservative, innerkirchliche Netzwerke, die ihm den Aufstieg ins Bischofsamt ermöglicht haben.

Tröstlich daran ist nur, dass die Zeit erwiesen hat, dass Walter Mixa nicht die Größe für ein solches Kirchenamt hatte, das schließlich mit hohen moralischen Maßstäben verknüpft ist. Es hat sich bestätigt, was ihm schon 1992 der damalige Augsburger Diözesanadministrator Georg Beis ins Gesicht gesagt hatte: "Wir wollten dich nicht als Bischof, weil du ein Spalter bist."

Und in der Tat: Nach fünf Jahren Amtszeit von Walter Mixa geht ein tiefer Graben durch das Bistum.

Befürworter und Gegner des Oberhirten stehen sich unversöhnlich gegenüber. Er hat sich zwar volksnah gegeben, aber regiert wie ein absolutistischer Herrscher. Das Domkapitel war weitgehend entmachtet, nur wenige Vertraute hatten das Ohr des Bischofs. Für Wünsche und Bedürfnisse des Oberhirten war immer Geld vorhanden, das an anderen Stellen im Bistum schmerzlich fehlte. Und er genoss es, wenn er als Hardliner unter den deutschen Bischöfen in den Talkshows des Fernsehens herumgereicht wurde, obwohl sich viele Gläubige im Bistum nicht mit dessen Ansichten identifizieren konnten.

Der Diözesanadministrator, der bis zur Ernennung eines neuen Bischofs die Diözese leiten wird, ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Auf welche Weise er die Einheit im Bistum wieder herstellen kann, das weiß vermutlich nur der liebe Gott.

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