Augsburg: Kirchenaustritte:Mixa, der Hirte, verliert Schäfchen

Missbrauchsdebatte und die Affäre um Bischof Walter Mixa waren zu viel: Im Bistum Augsburg treten Katholiken in Scharen aus der Kirche aus.

Andreas Roß

Die Schwaben gelten gemeinhin als bodenständig, konservativ und gut katholisch. Doch nach der Debatte um Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen und der Affäre um den Augsburger Diözesanbischof Walter Mixa war es auch den Schwaben zu viel. Sie haben ihre Scham und ihren Ärger in unmissverständlicher Weise kundgetan. 5100 Katholiken haben allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres im Bistum Augsburg den Austritt aus der katholischen Kirche erklärt.

mixa, ddp

Die Gläubigen und Priester des Bistums Augsburg sind in ihrer Meinung über Bischof Mixa tief gespalten.

(Foto: Foto: ddp)

Zum Teil seien es "zwischen 150 bis 180 Gläubige täglich gewesen", zitiert die Augsburger Allgemeine Weihbischof Anton Losinger. Und diese Abstimmung mit den Füßen beschränkte sich nicht nur auf die sogenannten Wackelkandidaten, wie der Diedorfer Gemeindepfarrer Hans Fischer beobachtet hat. "Da waren auch etliche kirchlich engagierte Leute darunter, die gesagt haben, jetzt will ich ein Zeichen setzen."

Für das Bistum, dessen Gläubige und Priester in ihrer Meinung über Bischof Mixa tief gespalten sind, zeichnet sich für die Zukunft nun auch ein tiefer finanzieller Einschnitt ab. Nach den Angaben von Finanzdirektor Klaus Donaubauer kann der Diözesanhaushalt 2010 mit einem Volumen von 278 Millionen Euro bislang zwar noch planmäßig vollzogen werden. Aber für 2011 wird der Finanzchef mit Einnahmeverlusten in einem höheren zweistelligen Millionenbereich kalkulieren müssen. Bereits bei der Etatvorstellung hatte Donaubauer erklärt, das Bistum werde bis 2015 seine Ausgaben um wenigstens 15 Prozent senken müssen.

Im Bistum wartet man nun mit Spannung auf die Entscheidung des Papstes über Mixas Rücktrittsgesuch. Anhänger des konservativen Oberhirten halten es längst noch nicht für ausgemacht, dass Rom das Gesuch annehmen wird. Sie stricken noch immer an der Legende, der Augsburger Hirte sei Opfer einer "medialen Hinrichtung" geworden. Aufschlussreich ist hier das Editorial, das die beiden Chefredakteure Erich Maria Fink und Thomas Maria Rimmel in der Zeitschrift Kirche heute veröffentlicht haben.

Die katholische Welt sei erschüttert vom Rücktrittsangebot des Diözesanbischofs. "Ein Großteil der Gläubigen und des Klerus steht hinter ihm und schätzt seinen Hirtendienst", heißt es da. Und dann versteigen sich die beiden Autoren in einen fragwürdigen Vergleich mit dem Leben von Heiligen. "Alle großen Gestalten der Kirchengeschichte, die in ihrem Leben fruchtbar gewirkt haben, mussten dafür auch persönlich leiden. Ohne Opfer gab es noch nie echte Bekehrungen", schreiben Fink und Rimmel.

Fink und Rimmel gehören zu jenen Priestern, die bis heute kein Fehlverhalten beim Augsburger Bischof erkennen wollen. Fink war einst Kaplan bei Mixa, stand dann im Dienst der Gebetsstätte Marienfried, wo katholische Erscheinungsphantasien ebenso wilde Blüten trieben wie in der Gebetsstätte Wigratzbad, deren Direktor Thomas Rimmel ist. Beide Einrichtungen wurden seinerzeit von Mixas Vorgänger, Bischof Viktor Josef Dammertz, einer spirituellen Reinigung unterzogen und unter Aufsicht gestellt. Pfarrer Fink, der eine langjährige Freundschaft zu Joseph Ratzinger unterhält, ging im Jahr 2000 dann nach Russland, um dort eine Kirchengemeinde aufzubauen.

"Fragwürdige Amtsführung"

2007 nutzte Mixa eine Russland-Reise in seiner Eigenschaft als Militärbischof, um von Moskau in den Westural zu fliegen, wo er seinem Freund Erich Maria Fink die Ulrichsmedaille des Bistums Augsburg überreichte. Die Leiterin des Militärbischofsamtes in Berlin, die Mixa nach Beresniki begleitet hatte, schrieb darüber einen blumigen Bericht in der von Fink und Rimmel herausgegebenen Postille Kirche heute. Nachfragen von Grünen-Chefin Claudia Roth, ob dieser Privatbesuch des Bischofs im Westural etwa auf Kosten des Steuerzahlers erfolgt sei, versandeten in den Tiefen des Verteidigungsministeriums.

Klaus Arntz, Inhaber des Lehrstuhls für Moraltheologie an der Universität Augsburg, überraschen solche Dinge nicht. Arntz gehört zu jenen Pfarrern, die unlängst in einer Predigt gegen Mixa Stellung bezogen haben. "Es kann und darf nicht länger so sein, dass die Gläubigen eine fragwürdige bischöfliche Amtsführung hilflos ertragen müssen. Ich bin deshalb auch nicht bereit, mich für seinen Rücktritt zu bedanken. Die Zeiten fürstbischöflichen Gottesgnadentums sind endgültig vorbei", hatte Arntz gesagt.

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