Angela Merkel zur Euro-Krise:"Scheitert der Euro, dann scheitert Europa"

Dramatischer Appell der Kanzlerin: Angela Merkel sieht das Jahrhundertprojekt Europa am Abgrund, sollten die Staaten den Euro nicht retten.

Angela Merkel ließ keinen Zweifel daran, was auf dem Spiel steht: "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa." In ihrer Laudatio auf Polens Ministerpräsidenten Donald Tusk, den diesjährigen Träger des Karlspreises, forderte sie in Aachen ein engeres Zusammenrücken Europas in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, um die gemeinsame Währung zu retten.

dpa, Angela Merkel

Ruft Europas Regierungen zu noch engerer Kooperation auf, um den Euro zu retten: Bundeskanzlerin Angela Merkel während ihrer Laudatio auf Donald Tusk in Aachen.

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Die Kanzlerin betonte, wie wichtig die gemeinsame Verteidigung des Euros sei. Die Regierungen hätten den Bürgern die Währungsstabilität versprochen, und "dieses Versprechen müssen wir einhalten", sagte die CDU-Chefin.

In der Wirtschafts- und Finanzpolitik sei eine engere Verzahnung nötig - auch im EU-Regelwerk. Würden Mängel darin offensichtlich, müssten sie auch über "vertragliche Konsequenzen" behoben werden.

Derzeit erlebe der Kontinent die schwerste Bewährungsprobe seit Jahrzehnten, sagte die Bundeskanzlerin. Eine Konsequenz aus der Krise müsse die Vertiefung der Integration sein, denn ein unvollendetes Bauwerk könne dem Zahn der Zeit nicht standhalten, sagte Merkel.

"Die Chance dieser Krise"

Europa sei seit dem Vertrag von Maastricht größer geworden, aber die Zusammenarbeit untereinander habe damit nicht Schritt gehalten. Es gelte nun, die Versäumnisse aufzuholen, die auch mit dem Lissabon-Vertrag nicht behoben worden seien. Die Union habe zwar eine gemeinsame Währung, aber kein politisches und wirtschaftliches Gebäude. "Das zu schaffen, darin liegt die Chance dieser Krise", sagte Merkel.

Die EU-Kommission hatte am Mittwoch Pläne vorgestellt, mit der sie in Ergänzung zum vereinbarten Rettungsschirm für Schulden-Notfälle unter den Euro-Ländern die Krise meistern will. Die EU will künftig schon früh eingreifen, wenn die Defizite eines Mitgliedslandes aus dem Ruder laufen. Die 16 Mitglieder der Währungsunion sollen deshalb ab 2011 ihre Haushaltspläne noch vor den nationalen Parlamenten der EU-Kommission und den Partnerländern vorlegen. Defizitsünder sollen schneller und frührer bestraft werden.

Merkel und Außenminister Guido Westerwelle sagten, die Vorschläge gingen in die richtige Richtung. Vorbehalte äußerte Westerwelle aber gegenüber dem Vorschlag, nationale Etats vor ihrer Verabschiedung in den Parlamenten zunächst der EU-Kommission vorzulegen. Merkel hält das dagegen für wenig problematisch. Westerwelle unterstrich zudem, die EU dürfe zu keiner Transferunion werden.

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