Pakistan:Karikaturen-Streit um Facebook

Ein pakistanisches Gericht hat angeordnet, das soziale Netzwerk Facebook vorerst zu blockieren. Grund: Ein Mohammed-Malwettbewerb.

Aufregung im Netz nach dem Urteil eines pakistanischen Gerichts: Der Oberste Gerichtshof der Stadt Lahore hat angeordnet, das soziale Netzwerk Facebook im Land bis Ende Mai zu blockieren.

Facebook Draw Mohammed Day Controversy

Facebook-Malwettbewerb: Freiheit der Satire oder Hasskanal?

(Foto: Screenshot: Facebook.com)

Auslöser war eine Facebook-Gruppe, auf der Nutzer aufgerufen werden, am 20. Mai ein Bild des islamischen Religionsstifters Mohammed zu zeichnen. Eine pakistanische Anwaltsgruppe mit dem Namen "Islamic Lawyers Movement" hatte vor Gericht die Sperrung verlangt, da der Wettbewerb "blasphemisch" sei und die Gefühle von Muslimen verletze.

Mehr als 41.000 Menschen haben die Gruppe inzwischen mit dem Klick auf den "Gefällt mir"-Knopf unterstützt. In den Informationen ist zu lesen, dass die Aktion eine Reaktion auf die vermeintliche Selbstzensur des US-Fernsehsenders Comedy Central darstellen soll.

Dieser hatte vor einigen Wochen eine Folge der US-Zeichentrickserie South Park gekürzt, nachdem der Sender eine Drohung einer in New York ansässigen Extremistengruppe erhalten hatte. South Park hatte Mohammed in einem Bärenkostüm gezeigt.

Wüste Beschimpfungen

Die amerikanische Karikaturistin Molly Norris, die auf der Facebook-Seite als Urheberin der Idee genannt wird, hatte daraufhin ein Poster zum "Alle-Malen-Mohammed-Tag" entworfen. Auf ihrer Homepage erklärte Norris, dass es sich um ein fiktionales Poster gehandelt habe, das einige Menschen offenbar ernst genommen hätten. Mit der Facebook-Gruppe habe sie nichts zu tun. In ihrer Stellungnahme entschuldigt sich die Zeichnerin für die Idee und bittet um Absage des Tages.

Offenbar hatten die pakistanischen Behörden bereits länger versucht, die Facebook-Seite mit dem Wettbewerb zu blockieren. Die Kläger hatten jedoch erklärt, dass die Sperrung einer einzelnen Seite nicht möglich sei. Derzeit gibt es widersprüchliche Angaben darüber, ob Facebook in Pakistan noch erreichbar ist.

Bis Ende des Monats hat die Telekommunikationsbehörde nun Zeit, eine Stellungnahme zum Fall abzugeben. Das Gericht entschied auch, dass die pakistanische Regierung den Fall international zur Sprache bringen muss.

Auf Facebook hat sich inzwischen eine Gegenbewegung zum Mohammed-Maltag gebildet, der mehr als 55.000 Menschen ihre Unterstützung zugesagt haben. Die Maltags-Gruppe ist derweil zu einem Ort gegenseitiger Beschimpfungen geworden. Zwischen Mohammed-Karrikaturen finden sich Beiträge wie "Hindu-Mann heiratet einen Hund", "Jesus ist schwul", "jüdische Weltverschwörung" oder "Ich dachte, Mohammed wäre ein dreckiger Pädophiler". Facebook hat sich zu der Gruppe und dem Urteil bislang nicht geäußert. Schätzungen zufolge sind 2,4 Millionen Pakistaner bei dem Portal angemeldet.

Mangel an Transparenz

Bereits im Jahr 2006 hatte Pakistans Oberster Gerichtshof zwölf Internetseiten wegen der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitung Jyllands-Posten gesperrt. Blogger beschweren sich seit Jahren, dass die pakistanische Regulierungsbehörde für Telekommunkationsdienste in Sachen Internetzensur keinerlei Transparenz zulasse.

2008 hatte die Behörde die Videoseite YouTube für kurze Zeit geblockt, offiziell wegen blasphemischer Videos. Beobachter vermuten allerdings, dass der damalige Regierungschef Pervez Musharraf die Sperre initiiert hatte, um die auf dem Portal vorgetragene Kritik an ihm einzudämmen.

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