Brennende Kohleflöze:Feuer außer Kontrolle

An vielen Orten weltweit brennen Kohleflöze und setzen große Mengen Treibhausgase frei. Seit 1950 sind so vermutlich etwa vier Milliarden Tonnen Steinkohle verloren gegangen.

Eckart Roloff

Die aufstrebende Großmacht China deckt ihren Energiehunger vor allem mit Kohle. Sie wird nicht nur aus offiziellen Bergwerken unter teils prekären Sicherheitsverhältnissen gewonnen, sondern auch in Zehntausenden privater Gruben abgebaut - meist illegal, mit primitiver Technik.

Kohlebrand, AP

Brenende Flöze setzen giftige Stoffe und große Mengen Treibhausgase frei.

(Foto: Foto: AP)

Immer wieder kommt es dabei vor, dass die Kohle auch untertage in Brand gerät; teilweise schwelen solche Feuer seit vielen Jahrzehnten.

Ähnliche Kohlebrände gibt es weltweit, vor allem in den USA an mindestens 150 Orten, in Südafrika, Australien, Indien, Vietnam und auf Sumatra. Betroffen sind in Osteuropa auch Russland, Polen, Tschechien und die Ukraine. Doch China zählt zu den am stärksten betroffenen Staaten.

Nach offiziellen Zahlen gingen seit 1950 mindestens vier Milliarden Tonnen Steinkohle verloren. Diese Menge entspricht fast anderthalb Jahresproduktionen der Großmacht.

In Berlin versammeln sich darum von heute an Fachleute zur zweiten internationalen Kohlefeuer-Konferenz.

Die Brände vernichten schließlich nicht nur enorme Mengen an Energierohstoffen und machen die Förderung in angrenzenden Flözen unmöglich, sie setzen auch giftige Stoffe und große Mengen Treibhausgase frei. Neben Kohlendioxid schädigen vor allem Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid und Methan die Umwelt.

"Die Folgen dieser Feuer machen vor wissenschaftlichen, ökonomischen und politischen Grenzen nicht Halt", heißt es in der Einladung zur Konferenz.

Ein fast aussichtsloser Kampf

Nur wenige Fachleute befassen sich mit dem oft fast aussichtslosen Kampf gegen die ausgedehnten, meist unterirdischen Kohlefeuer. Wer es tut, ist auch selbst gefährdet, etwa weil möglichst nahe am Brandherd Proben entnommen werden sollen.

Zu den Experten zählt Jianzhong Zhang. "Normalerweise verstehen lokale Bergbauexperten die Probleme vor Ort am besten", sagt er. Gleichwohl sei man auf internationalen Austausch und ein Netzwerk von Forschern angewiesen. Das bestätigt Wang Jun, Leiter der zuständigen Behörde in Ruqigou im Nordwesten Chinas.

Nach vorsichtigen Schätzungen verbrennen pro Jahr weltweit mindestens 30 Millionen Tonnen durch Kohlefeuer. Das Zehnfache dieser Menge ist nicht zu nutzen, weil Brände den Abbau unmöglich oder unwirtschaftlich machen.

Die Treibhausgase, die dabei entstehen, machten drei Prozent vom gesamten menschlichen Ausstoß aus, heißt es oft - fast so viel wie der gesamte Luftverkehr.

Claudia Künzer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen allerdings hält diese Zahl für zu hoch gegriffen. "Ich schätze, dass es etwa 0,3 Prozent sind, doch auch das ist extrem viel."

In der Region Wuda in der Inneren Mongolei, in der Künzer lange geforscht hat, setzten Kohlefeuer "etwa dieselbe Menge CO2 frei wie der gesamte Münchner Autoverkehr".

Die Kohlefeuer entstehen, weil in den Stollen Wärme freigesetzt wird, sobald sich der Sauerstoff der Luft mit dem Kohlenstoff verbindet. Fehlt die Entlüftung, staut sich die Wärme. Steinkohle kann sich dann schon bei 80 Grad Celsius entzünden.

Es entwickeln sich Schwelbrände, die schwer zu stoppen sind. Außerdem verursachen Blitze, heißgelaufene Förderbänder und Schlampereien bei Spreng- und Schweißarbeiten Brände.

"Die Bekämpfung ist sehr schwierig", sagt Jia Yaorang, Leiter des Löschtrupps der Grube Wuda. "Man muss entweder die heiße Kohle wegschaffen, den Sauerstoff entziehen oder die Hitze reduzieren."

Große Mengen an Sand und Schutt

Die Helfer pumpen dazu Mischungen aus Wasser und Asche in die Stollen. Die Zufuhr an Sauerstoff lässt sich reduzieren, indem man "große Mengen an Sand und Schutt über das Deckgestein der Brandherde kippt", sagt Jia Yaorang.

Deutschland beteiligt sich seit 15 Jahren am Kampf gegen Kohlebrände. Hilfe kommt vor allem vom Bundesforschungsministerium, das die Sino-Deutsche Kohlefeuer-Initiative finanziert.

Das Fernerkundungsdatenzentrum des DLR hat sich die Suche nach Brandherden zur Aufgabe gemacht. Satelliten im All sollen einen Brand möglichst früh aufspüren, damit die Entzündung rasch erstickt werden kann. Auch die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit war mit deutschen Firmen am Löschen von Feuern in China beteiligt.

Modelle von Wissenschaftlern sagen dann, wo eine Bekämpfung effizient und welches Verfahren am besten geeignet ist - und wie viel Kohle verbrennt, mit den zugehörigen Mengen an Treibhausgasen.

Besonders diskutieren werden die Experten in Berlin die finanzielle Förderung von Löscharbeiten. Sie möchten gern den sogenannten Clean Development Mechanismus des Kyoto-Protokolls anzapfen.

Unter diesem Etikett werden Maßnahmen in Entwicklungsländern gefördert, die helfen, CO2 einzusparen: zum Beispiel durch die Installation von Solarkochern, den Bau von Wasserkraftwerken oder den Einsatz von Biomasse statt Erdöl in Zementfabriken.

Die Investoren bekommen für die eingesparten Treibhausgase Emissionszertifikate, die sie in ihren Heimatländern nutzen oder verkaufen dürfen. Sollte es gelingen, auch die Bekämpfung der Kohlefeuer unter dem UN-Mandat zu fördern, könnte dringend nötiges Geld in die Arbeit fließen.

"Damit wäre", sagt Geoffrey Schöning vom Organisationskomitee der Berliner Konferenz, "viel für den Klimaschutz getan."

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