Amnesty gegen Financial Times:Vergiftetes Wasser

Die Financial Times warf eine fertige Amnesty-Anzeige aus der Zeitung. Sie hatte bissig den Ölkonzern Shell kritisiert.

Franz Baden

Alles war vorbereitet. Die Zeitungsanzeige zeigte ein Champagnerglas mit schmutzigem Inhalt. Der Text war ironisch: "Während Shell auf 9,8 Milliarden Dollar Gewinn anstößt, trinken 23 Millionen Menschen im Niger-Delta vergiftetes Wasser."

Amnesty International

"Während Shell auf 9,8 Milliarden Dollar Gewinn anstößt, trinken 23 Millionen Menschen im Niger-Delta vergiftetes Wasser." - Kampagne von Amnesty International.

(Foto: Plakat: Amnesty International)

Gute Chancen also, dass die Leser der Financial Times dies bemerken würden. Doch dann, kurz vor Redaktionsschluss, warf die britische Wirtschaftszeitung das Inserat vom Amnesty raus. Die Menschenrechts-Organisation schaltete somit nur im Evening Standard und in der Gratiszeitung Metro.

Amnesty-Mann Tim Hancock empfand die Entscheidung der FT als "sehr enttäuschend". Amnesty habe der Zeitung schriftlich zugesichert, die volle Verantwortung für die Kommentare und Meinungen in der Anzeige zu übernehmen.

Das aber genügte der Financial Times - anders als dem Evening Standard - nicht. Sie führt rechtliche Unsicherheiten an. Redaktionell sei die FT "mehr als bereit" gewesen, die Werbung abzudrucken, doch die Zusicherungen von Amnesty hätten nicht ausgereicht. Es sei, so die FT, nicht genügend geprüft worden, was da veröffentlicht wurde.

Offenbar fürchtete die Zeitung juristische Streitigkeiten mit dem Großkonzern Shell, dessen Aktionäre just zum Zeitpunkt der verhinderten Veröffentlichung tagten. Die Ölförderungen in Nigeria sind seit Langem ein Debattenthema.

Intransparente Begründung?

Das Geld für die britischen Amnesty-Anzeigen kam im Internet von 2000 Unterstützern zusammen. Zugleich veröffentlichte die Organisation ein Anti-Shell-Video.

Für den Stopp bei der Financial Times hat der Blogger Padraig Reidy vom Index on Censorship überhaupt kein Verständnis. Nach seinen Informationen hatten die Zeitungsleute Angst gehabt, dass die Werbung missverstanden werden könnte. Der Guardian, der über den Fall berichtete, kritisierte die Begründung der FT als intransparent.

Amnesty wiederum ist stolz darauf, dass die Werbebotschaften auch direkt bei den Shell-Aktionären platziert werden konnten. Die Aktivisten fuhren einen großen Van vor die Versammlungshalle der Teilhaber - auf der Außenwand war das inkriminierte Anzeigenmotiv zu sehen.

In der Financial Times aber fehlte es.

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