Finanzsteuer:Angela Merkel - kleiner Erfolg bei Hedgefonds

Bundeskanzlerin Angela Merkel kann einen kleinen Sieg gegen Großbritannien feiern. Die EU will Hedgefonds, gegen den Widerstand aus London, kontrollieren. Dass sich die Finanzminister der Euroländer für eine Finanztransaktionssteuer aussprechen, gefällt der CDU-Chefin weniger.

Nach all dem Rätselraten über den Umgang mit Spekuklanten kann Angela Merkel, die Getriebene, auf ein Ergebnis verweisen: Hedgefonds sollen in der Europäischen Union erstmals strengen Kontrollen unterliegen.

Börse, dpa

Plötzlich kann sich Kanzlerin Merkel doch mit dem Gedanken an eine Finanztransaktionssteuer abfinden.

(Foto: Foto: dpa)

Das ist schon mal etwas Konkretes. Auf eine entsprechende Richtlinie einigten sich die EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel. Für Fondsmanager gilt danach künftig eine Meldepflicht. Zudem müssen die Hedgefonds ihre Aktivitäten transparenter machen.

Es ist ein Sieg der Vielen über den Einen, über Großbritannien. Das Land hatte sich mit Rücksicht auf den wichtigen Finanzplatz London bis zuletzt gegen schärfere Regeln gewehrt. Jetzt ist es soweit, und Merkels Mann jubelt.

"Jetzt wird diese Regulierungslücke geschlossen", sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach der Einigung. Er zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Mitgliedstaaten nun schnell mit dem Europaparlament einigen können. Bevor die Richtlinie in Kraft treten kann, muss im Juli noch das Plenum des Parlaments zustimmen.

Zuvor hatte die EU in Brüssel Bundeskanzlerin Merkel düpiert: Nachdem eine breite Mehrheit der Euro-Finanzminister in der Nacht sich für die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen geeinigt hatte, entdeckt die Regierung in Berlin plötzlich die Kunst der Beschleunigung.

Auch die schwarz-gelbe Koalition will sich nun doch für eine internationale Finanzmarktsteuer einsetzen. Das lässt freilich offen, ob es eine Finanztransktionssteuer sein soll, die der Opposition sowie der CSU vorschwebt, und für die sich auch Jean-Claude Juncker, der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, ausgesprochen hat.

Auf die Formel "Finanzmarktsteuer" haben sich CDU, CSU und FDP immerhin einigen können. Kanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble sind nach wie vor für eine Steuer auf Finanzaktivitäten. Diese umfasst eine Abgabe auf Gewinne und Gehälter von Banken.

"Können uns nicht immer hinter den Amerikanern verstecken"

Wie es weiter hieß, soll das Gesetz für den deutschen Anteil am 750-Milliarden-Rettungspaket für den Euro an diesem Freitag abschließend vom Bundestag beraten werden.

Regierungschefin Merkel hatte stets eine Finanztransaktionssteuer mit dem Hinweis abgelehnt, sie halte in dieser Frage einen nationalen Alleingang für sinnlos. Vor einigen Tagen erklärte sie noch auf dem DGB-Kongress: "Wir müssen schauen, was auch international durchsetzbar ist."

Die meisten EU-Staaten kümmert das weniger. In Brüssel hatten die Euro-Länder angekündigt, sich nun doch international für die von Merkel abgelehnte Steuer einzusetzen. Die Eurozone wolle sich auf internationalem Parkett dafür stark machen, den Finanzsektor stärker an der Krisenbewältigung zu beteiligen, sagte Luxemburgs Premier und Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker.

Kein Euro-Land in der Runde habe sich diesem Kurs widersetzt. "Es wird so sein, dass diejenigen auch bezahlen müssen, die nicht unschuldig sind an dem Schlamassel, in dem wir alle stecken."

Er sei auch dafür, dies allenfalls nur auf europäischer Ebene zu machen, sagte Juncker. "Wir können uns nicht immer nur hinter den Amerikanern verstecken. Die Menschen ... erwarten, dass eine Gerechtigkeitslücke geschlossen wird."

In Brüssel versucht Schäuble, das Gesicht zu wahren. Es gebe vorerst nur geringe Chancen für eine Steuer auf Finanztransaktionen, erklärt er - ganz so, als sei Juncker nicht Stunden vorher aufgetreten. Es bestünden "erhebliche Zweifel", ob sich eine solche Abgabe global durchsetzen lasse.

Selbst einen europäischen Beschluss für eine solche Finanztransaktionsteuer schließt Schäuble aus: "Es geht nicht um Alleingänge."

Auch die französische Finanzministerin Christine Lagarde zeigt sich skeptisch: "Es wäre weit hergeholt anzunehmen, dass eine Steuer auf Finanztransaktionen erhoben wird." Zunächst müsse der Internationale Währungsfonds (IWF) den G-20-Staaten eine abschließende Bewertung vorlegen. Die Staats- und Regierungschefs der G-20-Länder treffen sich am 26. und 27. Juni in Kanada

Juncker unterstützt auch die Forderung der Europäischen Kommission nach mehr Kontrolle über die nationalen Haushalte. Der Vorschlag gehe in die richtige Richtung, sagte er. Es gehe dabei nicht darum, die Budgetbefugnisse der national gewählten Politiker zu durchkreuzen. Die Kommission solle auch keine "Schulleiterin" für den Haushalt der Länder werden, jedoch müssten diese sich auf genauere Prüfungen einstellen.

Erste Hilfen ausgezahlt

Unterdessen bekommt das angeschlagene Griechenland die ersten Hilfen überwiesen: insgesamt 20 Milliarden Euro - 14,5 Milliarden Euro von den Euro-Partnern, 5,5 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Eurozone und IWF hatten für das krisengeschüttelte Mittelmeerland ein Paket von bis zu 110 Milliarden Euro geschnürt.

Davon entfallen auf Deutschland bis zu 22,3 Milliarden Euro. Die obersten Kassenhüter der Eurozone verhandelten über Einzelheiten des gigantischen Rettungsschirms von 750 Milliarden Euro, der Staatspleiten verhindern soll. Es ging unter anderem um Details einer Finanzgesellschaft, die im Namen aller Euroländer Geld leihen und an finanzschwache Mitgliedstaaten weiterleiten kann.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies Spekulationen zurück, wonach Deutschland und Frankreich dabei hart aneinander geraten seien. Man sei beim "Innenausbau" des Rettungsschirms ein gutes Stück weitergekommen. Am diesem Freitag soll weiter beraten werden.

Angesichts der Talfahrt des Euro versicherten die Euro-Kassenhüter, dass er weiter eine "glaubwürdige Währung" sei. "Preisstabilität wurde über elf Jahre lang gewährleistet", sagte der luxemburgische Premier- und Schatzminister Juncker. Das werde auch in Zukunft so bleiben.

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