Opel in Not:Merkel brüskiert Brüderle

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Rainer Brüderle lehnt eine Milliardenbürgschaft für Opel ab, doch Kanzlerin Merkel fährt ihrem Wirtschaftsminister kurze Zeit später in die Parade: Das letztes Wort sei noch nicht gesprochen. Heute trifft sich die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten der betroffenen Bundesländer, um nach einer Lösung für den Autobauer zu suchen.

Thomas Öchsner, Marc Widmann und Thomas Fromm

In der Bundesregierung ist ein Streit über Staatshilfen für Opel ausgebrochen. Nachdem Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Mittwoch eine Milliardenbürgschaft für den angeschlagenen Autobauer abgelehnt hatte, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Das letzte Wort zur Zukunft von Opel sei ,,noch nicht gesprochen''. Sie werde alles dafür tun, dass die Mitarbeiter Hilfen erhielten. Darüber werde sie an diesem Donnerstag mit den vier Ministerpräsidenten sprechen, in deren Ländern Opel-Werke sind.

Die deutsche Flagge vor der Hauptverwaltung von Opel in Rüsselsheim. Die Frage, ob der Autohersteller Staatshilfen erhalten soll oder nicht, bewegt die Nation nun schon seit eineinhalb Jahren. (Foto: rtr)

Der Wirtschaftsminister hatte zuvor entschieden, dass der Autobauer keine staatlichen Hilfen aus dem Deutschlandfonds für krisengeschüttelte Firmen erhalten soll. Sein Nein begründete er mit dem Hinweis, dass es am Automobilmarkt weiter Überkapazitäten gebe. Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) habe genug finanzielle Mittel, um das deutsche Tochterunternehmen selbst zu sanieren. Als Minister dürfe er nicht auf einzelne Firmen schauen. Er sei jedoch zuversichtlich, dass Opel auch ohne Bürgschaften eine Zukunft habe. Brüderle hatte die Kanzlerin zuvor über seine Entscheidung informiert.

Die Länder Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Nordrhein-Westfalen könnten Opel nun auch alleine mit Bürgschaften unterstützen. Opel-Chef Nick Reilly sagte, er rechne mit einem ,,signifikanten Beitrag'' der Länder mit Opel-Standorten. Werksschließungen in großem Stil, wie sie die Gewerkschaften für den Fall einer Ablehnung der Staatshilfen befürchten, schloss Reilly aus. Es gebe ,,keine Pläne, den Sanierungsplan zu verschärfen''. Bislang will General Motors etwa 4000 von 25000 Jobs in Deutschland streichen. Opel-Betriebsratschef Klaus Franz sagte: ,,Der Wirtschaftsminister lässt die Opel-Beschäftigten im Regen stehen.''

Opel hatte eine staatliche Bürgschaft aus dem Deutschlandfonds in Höhe von 1,1 Milliarden Euro beantragt. Darüber sollte am Mittwoch der ,,Lenkungsausschuss Unternehmensfinanzierung'' entscheiden. Dabei kam es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung zu einem Patt. Die Vertreter des Kanzleramts und des CDU-geführten Bundesfinanzministeriums stimmten für Staatshilfen, die Vertreter des Wirtschafts- und Justizministeriums dagegen. Die beiden Ressorts werden von FDP-Ministern geführt. Das letzte Wort hatte deshalb der Wirtschaftsminister. Der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) kritisierte das Abstimmungsverhalten im Lenkungsausschuss: ,,Es ist kaum zu glauben, dass bei einer so wichtigen Entscheidung Mitglieder der Bundesregierung gegeneinander stimmen.'' Merkel sagte zu dem Dissens in der Regierung: ,,Es ist klar, dass wir in der Koalition verschiedene Meinungen haben.''

Merkel hatte bereits zu Zeiten der großen Koalition Staatshilfen für das Unternehmen in Aussicht gestellt. In Regierungskreisen war zu hören, dass als Alternative zu Bürgschaften aus dem Deutschlandfonds Hilfen der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Frage kämen. Auch dafür müsste der Staat bürgen. Die EIB-Hilfen könnte Opel für die Entwicklung neuer Technologien wie Elektroautos einsetzen. Der Autohersteller müsste jedoch eigenes Geld vorstrecken.

© SZ vom 10.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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