Bildungsstudie: Schlusslicht Bremen:Hoffnung, verzweifelt gesucht

"Bremen ist ein schwieriges Pflaster": Im nationalen Schulvergleich liegt die Hansestadt erneut ganz hinten. Das hat seine Gründe.

Ralf Wiegand

Überall in Bremen lasen die Menschen, die dieser Studie habhaft werden konnten. Sie lasen und sie fragten sich, ob hinter den nackten Punkten und Tabellenplätzen nicht doch auch ein bisschen Hoffnung keimen könnte. Beim Zentralelternbeirat der Hansestadt etwa erkannte man bald, dass Bremen zwar letzte Plätze einnimmt, der Abstand zwischen dem Bildungsstand der leistungsstarken Schüler aus Bremen und jenem der leistungsstarken Schüler aus Bayern gar nicht mehr so groß ist. An so etwas klammert man sich an solchen Tagen.

Schulschluss in Bremen

Schlechtes Zeugnis: Schüler in Bremen haben in ihrer Schullaufbahn häufiger mit widrigen Umständen zu kämpfen als Jugendliche in Bayern.

(Foto: dpa)

Tatsächlich aber "hat uns das Ergebnis der Studie nicht überrascht", sagt Mustafa Güngör, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft. Bildungspolitik in Bremen sei ein schwieriges Pflaster, sagt er, und das liege zu einem großen Anteil an den Umständen, besser, an den "Risikolagen". Schüler aus dem Stadtstaat an der Weser sammeln besonders viele Risiken, die das Lernen erschweren.

Von den drei Risikolagen Erwerbslosigkeit, Bildungsferne der Familie und Armut treffen auf 10,1 Prozent aller Schüler gleich alle drei zu - in Bayern tragen nur 1,7 Prozent diesen schweren Rucksack. 33,1 Prozent der Bremer Kinder haben mindestens eine dieser Risikolagen - in Bayern sind es lediglich 19,8 Prozent. Die Tatsache, dass die Trauben für Schüler mit sozial schwachem Hintergrund in Deutschland generell sehr hoch hängen, potenziert sich in Bremen noch einmal.

Dennoch, sagt Güngör, sei er enttäuscht, dass viele punktuelle Maßnahmen die Schüler nicht erreicht haben. Noch immer scheint etwa die Förderung der Sprache, schon nach den Pisa-Vorläufern der aktuellen IQB-Studie als Problem erkannt, nicht ausreichend zu sein. Rechnete man alle Bremer Neuntklässler, deren Eltern aus dem Ausland stammen, aus der Studie heraus, würde das kleinste Bundesland im Mittelfeld landen. Güngör, selbst Sohn türkischer Einwanderer, hält die Schwierigkeiten dieser Schüler dennoch nur bedingt für ein Migrationsproblem: "Sie sind schließlich alle hier sozialisiert." Der Zentralelternbeirat weist dennoch darauf hin, dass in den aktuellen Grundschulklassen bereits mehr als 50 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund hätten.

Güngör setzt nun voll auf die Schulreform in Bremen. Im zweigleisigen System sollen mehr Lehrer weniger Kinder unterrichten, die Mischung aus starken und schwachen Schülern soll besser werden. Auf zehn Jahre Schulfrieden haben sich alle Parteien geeinigt. Die Hoffnung ist, dass die Zeit reicht. Denn "Bremen muss besser werden, das ist klar", sagt Mustafa Güngör.

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