Fußball-WM: Thomas Müller:"So ein lieber Bua!"

"Darf ich noch jemanden grüßen?", fragte der 20 Jahre alte Thomas Müller nach dem Achtelfinale Deutschland gegen England. Danach grüßte er seine Oma Erna aus dem Pfaffenwinkel.

Martin Zips

"Darf ich noch jemanden grüßen?", fragte der 20 Jahre alte Doppel-Torschütze Thomas Müller nach dem Achtelfinale Deutschland gegen England den Fernsehreporter. "Sehr gerne", sagte der Reporter. Dann grüßte der FC-Bayern-Spieler seine beiden Omas und seinen Opa: "Das ist schon lang mal überfällig." Oma Erna Burghart, 81, aus dem 1500-Einwohner Ort Pähl im Pfaffenwinkel ist mütterlicherseits eine der Gegrüßten.

Fußball-WM: Thomas Müller: Thomas Müller feiert seine Tore - und grüßt dann seine beiden Omas.

Thomas Müller feiert seine Tore - und grüßt dann seine beiden Omas.

(Foto: ap)

SZ: Frau Burghart, was war das bisher Aufregendste in Ihrem Leben?

Burghart: Achja, aufregend. Ich bin in Pähl geboren und bin zu meiner Heirat vom Oberdorf ins Unterdorf gezogen. Mein Mann und ich hatten eine kleine Landwirtschaft mit bis zu 40 Milchkühen. Mit drei Mädchen und einem Bub und mit so einer Landwirtschaft hat man keine großen Ansprüche, da muss man das Leben nehmen, wie es kommt.

SZ: Ihr Enkel Thomas hat im Spiel Deutschland gegen England zwei Tore geschossen und ein weiteres für Lukas Podolski vorbereitet. Ihr Bürgermeister lud zum Public Viewing ins Gemeindezentrum. Waren Sie dort?

Burghart: Nein, das ist mir zu laut. Ich bin lieber im Austragsstüberl (Wohnung für die Altbauern nach der Hof-Übergabe, d. Red.) gesessen und habe mir das Spiel alleine angeschaut. Ich verstehe ja nicht viel vom Fußball und habe auch bei früheren Spielen immer nur dann weitergeschaut, wenn der Thomas nicht ausgewechselt wurde. Aber diesmal habe ich alles bis zum Ende angesehen, mit einer Kerze auf dem Tisch.

SZ: Mit einer Kerze? Bringt das was?

Burghart: Schon. Nur diesmal habe ich vergessen, die Kerze anzuzünden. Mich wundert selber, dass es trotzdem geklappt hat.

SZ: Und nach dem Spiel hat Ihr Enkel Sie gegrüßt.

Burghart: Nett oder? So ein lieber Bua.

SZ: Absolut. Haben Sie gehört, wie Günter Netzer kurz darauf gesagt hat: "Jemand, der nach so einem Spiel auch noch seine Omas grüßt, das ist wahre Größe. Das ist Souveränität. Da muss man stolz sein auf so einen Jungen"?

Burghart: Ja, da hat er Recht. Insgesamt habe ich zwölf Enkel und sechs Urenkel. Von denen ist glücklicherweise keiner danebengeraten. Das freut mich am meisten. Und alle kommen gut miteinander aus, was nicht selbstverständlich ist. Ich glaube, dass der Thomas das mit dem Fußball von meinem Mann hat.

SZ: Von Ihrem Mann?

Burghart: Auf jeden Fall. Weil mein Mann so ein großer Fußballfan war, gehörten wir im Dorf zu den ersten mit eigenem Fernseher. Ende der 50er Jahre war das. Noch am Abend vor seinem Tod sagte mein Mann schwer krank: "Lasst mich nur noch ein Mal im Fernsehen meine Bayern sehen!" Dann starb er. Sein Club war immer der FC Bayern. Könnte schon sein, dass es mein Mann war, der von oben für den Thomas was gedeichselt hat. Der Thomas war bei uns in der Kirche übrigens Ministrant. Geheiratet hat er bisher allerdings nur standesamtlich. Ein Mädchen aus Unterhaching. Gut, die kirchliche Trauung, hat er mir gesagt, die will er auf jeden Fall noch nachholen. Er hat ja so viel zu tun.

SZ: Was ist aus Ihrer Sicht besser: Ein Leben mit nur einem Partner, so wie Sie es gemacht haben, oder die Abwechslung?

Burghart: Mit vielen Kindern und einem Bauernhof hat man auch mit einem Partner genügend Abwechslung.

SZ: Wann haben Sie Thomas zum letzten Mal gesehen?

Burghart: Bei einem Familienfest, glaube ich. Da hab ich alle zum Pizza essen eingeladen. 31 Personen.

SZ: Sind Ihre anderen Enkel auch begeisterte Fußballer?

Burghart: Schon, aber nicht vergleichbar mit Thomas. Der hat schon als kleiner Junge mit seinem Bruder und den Cousins immer unten im Hof gespielt, wenn er mich besucht hat. Später wurde er auf irgendwelchen Turnieren beobachtet. Man hat gesehen, dass er was kann. Für die Mutter war es eine rechte Fahrerei nach München. Jetzt wünsch' ich ihm halt nur, dass er gut durchkommt und immer auf dem Boden bleibt.

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