Was sich zum 1. Juli ändert:E-Mails - 39 Cent das Stück

Kostenpflichtige E-Mails bei der Post, ein Pfändungsschutz fürs Konto und billigeres Telefonieren im Ausland - was sich zum 1. Juli alles ändert.

Varinia Bernau, Daniela Winderl und Oliver Bilger

Mit dem Brief im Internet will sich die Post fit für die Zukunft machen. Doch zunächst bleibt alles beim Alten: Wer den neuen Service mit dem Namen EPost-Brief nutzen möchte, muss erst einmal in eine Postfiliale gehen - und sich dafür anmelden. Dabei sollte man Ausweis oder Reisepass griffbereit haben.

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Auslaufmodell Briefkasten? Ab 1. Juni bietet die Post die sogenannte EPost an - sicher verschlüsselte Briefe über das Internet, mit denen auch sensible Daten wie Steuerbescheide oder Arzt-Diagnosen verschickt werden können.

(Foto: ag.getty)

Denn auch wenn der Internet-Brief einer E-Mail ähnelt, unterscheidet er sich doch in einem Punkt: Er ist vertraulich. Niemand soll mitlesen - und deshalb müssen sich Absender und Empfänger bei der Post registrieren lassen. Zudem wird der digitale Postweg verschlüsselt. In Zukunft können dann auch der Steuerbescheid fürs Finanzamt, eine Diagnose vom Arzt und selbst ein Einschreiben über diesen schnelleren Weg verschickt werden.

Wer sich für den Dienst anmeldet, erhält einen Benutzernamen und ein Passwort, um sich damit auf der Internetseite der Post einzuklicken. Das dortige Portal ist so etwas wie ein elektronischer Briefkasten. Mitte Juli soll es zugänglich sein: Dort und nur dort kann man sowohl Briefe abschicken als auch abholen. Zwar lassen sich auch Fotodateien oder eingescannte Dokumente an den Internetbrief hängen. Man kann ihn allerdings nicht automatisch in sein E-Mail-Fach einlaufen lassen - oder von dort verschicken.

Kein Dorfdepp23 mehr

Die Post hat aber bereits angekündigt, dass man über das Portal auch seine E-Mails sortieren und speichern kann. Zum Verschicken eines Briefes benötigt man eine sogenannte TAN-Nummer, ähnlich wie bei Bankgeschäften im Internet. Anders aber als beim Online-Banking, wird es die TAN-Nummern für den Briefversand nicht auf einem Papierblock geben. Die Nummern werden nur ans Handy geschickt. Das soll vor Missbrauch schützen.

Um nachzuschauen, ob man einen Internetbrief erhalten hat, muss man das Portal der Post anklicken so wie man auch in seinen heimischen Briefkasten schauen muss. Eine gesonderte Benachrichtigung gibt es nicht. Dafür sieht man sofort, von wem der Brief kommt. Niemand kann sich hinter einem Decknamen wie Dorfdepp23 verstecken.

Ein Internetbrief kann auch an jene verschickt werden, die keinen Internetanschluss haben. Schätzungen zufolge ist dies immerhin noch jeder dritte Deutsche. Der sogenannte Hybridbrief wird genau wie der Internetbrief zunächst als eine verschlüsselte E-Mail an ein Rechenzentrum der Post geschickt. Diese wird dann allerdings automatisch gedruckt, mit einer Briefmarke versehen und vom Briefträger mit der gewöhnlichen Post zugestellt. Diesen Service gab es bislang auch schon. Er soll nun dazu dienen, auch denjenigen einen Internetbrief zu schicken, die nicht beim Portal der Post registriert sind.

Vom Datennetz auf die Straße und dann in den Briefkasten

Ob sich die Liebhaber von Büttenpapier und Füllfederhalter auf den Briefversand übers Internet einlassen, wird sicherlich auch davon abhängen, wie teuer das Ganze wird. Die einzelnen Tarife sollen erst Mitte Juli bekanntgegeben werden. Für einen gängigen Brief, den man für den konventionellen Weg mit einer Marke von 55 Cent ausstatten muss, hat die Post ein Internetporto von 39 Cent beantragt. Ob es dabei bleibt, entscheidet noch die Bundesnetzagentur.

Der Hybridbrief allerdings dürfte noch etwas teurer werden. Denn das Porto deckt nur die Transportkosten ab - übers Straßenpflaster ganz genauso wie über das digitale Netz.

Wer sich also entscheidet, einen Internetbrief an jemanden zu schicken, der diesen nicht über das Portal der Post lesen kann, der muss mit zusätzlichen Kosten rechnen: Schließlich muss das Schreiben dann ausgedruckt und in einen Umschlag verpackt werden. Und das wird die Post mit Sicherheit nicht als einen kostenlosen Service anbieten.

Leichter zahlen

Frank Reiser sagt, der Samsung-Fernseher sei an allem schuld. Für 2000 Euro hatte er den Flachbildschirm im Januar bei einem Online-Händler gekauft. Eigentlich ein gutes Geschäft - nur mit einem hatte der 56-jährige Lackierer aus München nicht gerechnet: Die Nebenkostenabrechnung seiner Wohnung wurde ebenfalls fällig; und sie fiel höher aus als gedacht. Auf einmal war Reiser zahlungsunfähig.

Der TV-Händler reagierte prompt, mahnte erst, dann pfändete er Reisers Konto. Vor zwei Wochen bekam der Münchner Post von seiner Sparkasse. "Begleichen Sie die Schulden nicht innerhalb von sechs Wochen, löschen wir ihr Konto, stand da", erzählt Reiser. Die ganze Sache sei ihm peinlich, deshalb will er auch nicht, dass sein richtiger Name in der Zeitung steht.

Ein Leben ohne Konto bedeutet einen harten Einschnitt. Miet- und Stromkosten lassen sich nicht mehr so einfach bezahlen. Unangenehm wird es auch, wenn ein Konto zwar vorhanden, aber aufgrund einer laufenden Pfändung gesperrt ist. Dann können Betroffene oft nicht einmal mehr auf das Geld für den täglichen Bedarf zugreifen.

P-Konto für weiteren Zugriff

Von 1. Juli an tritt nun ein neues Gesetz in Kraft, das Abhilfe schaffen soll. Profitieren werden in erster Linie Schuldner wie Reiser. Alle bestehenden Girokonten lassen sich ab sofort in ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto, umwandeln. Ein Antrag bei der Bank genügt. Im Falle einer Pfändung ist dann künftig ein monatlicher Pauschalbetrag von 985,15 Euro vor Gläubiger-Zugriffen geschützt.

Zwar gab es den Pfändungsschutz auch bislang schon, er musste den Betroffenen aber in einem verhältnismäßig zeitaufwendigen Gerichtsverfahren erst einmal individuell zugesprochen werden. Die Reform legt jetzt einheitliche Standards fest, mit denen die Bundesregierung die Schuldner besser schützen will.

Erstmals erhalten diese nun trotz Pfändung weiterhin problemlos Zugang zu dem Geld, das sie für Miete, Strom oder Versicherungen benötigen. Positiver Nebeneffekt: Die Gerichte werden entlastet, weil sie deutlich weniger Verfahren abwickeln müssen.

Beim bisher gültigen Pfändungsschutz spielte auch die Herkunft des Einkommens eine Rolle. Geschützt wurden vor allem Einkünfte von Arbeitnehmern, Selbständige waren im Nachteil. Sozialleistungen wiederum wurden nur dann von Pfändungsansprüchen ausgenommen, wenn sie die Schuldner rechtzeitig innerhalb einer Wochenfrist von der Bank abholten. Das alles fällt beim neuen P-Konto weg. Woher das Geld stammt, spielt in Zukunft keine Rolle mehr, auch die Bezüge aus der Sozialkasse sind besser geschützt.

Mehr Gebühren für mehr Aufwand

Banken und Sparkassen dagegen schränkt die Neuregelung ein. Sie dürfen ein P-Konto nicht kündigen, solange es der Inhaber nutzt und Gebühren dafür zahlt. "Die Pfändungsschutzkonten bedeuten für die Kreditinstitute einen Mehraufwand", sagt eine Sprecherin des Zentralen Kreditausschusses in Berlin. Sie müssten nun Aufgaben übernehmen, die bislang bei den Gerichten lagen. Ob sie den Mehraufwand in Form höherer Kontoführungsgebühren auf den Schuldner umlagern, steht noch nicht fest. Jedes Institut kann selbst darüber entscheiden.

Laut Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gäbe es allerdings "Anhaltspunkte dafür, dass viele höhere Entgelte verlangen wollen". Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hat die Banken deshalb aufgefordert, das P-Konto kostenfrei anzubieten, oder zumindest keine Aufschläge zusätzlich zu der normalen Gebühr zu verlangen.

Eine individuelle Erhöhung des Freibetrags über den Standardsatz von 985,15 Euro hinaus ist beim neuen Konto mit Pfändungsschutz nach wie vor möglich. Etwa dann, wenn der Betroffene Unterhalt zahlen muss. Dazu benötigt er eine Bescheinigung, die unter anderem die Schuldnerberatungen der Verbraucherzentralen ausstellen.

Obwohl diese die neue Pfändungsschutz-Regelung als überfällig begrüßen, sehen sie speziell darin auch ein Problem: "Die bescheinigenden Stellen sind für diese zusätzliche Aufgabe finanziell überhaupt nicht ausgestattet", moniert Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.

Günstiger telefonieren

Vor zehn Jahren stand der Begriff Roaming erstmals auf der Agenda der Europapolitiker. Roaming bedeutet, dass Kunden einer Mobilfunkgesellschaft im Ausland das Netz eines anderen Anbieters benutzen - und für die internationale Erreichbarkeit höhere Telefongebühren zahlen.

Damals wurden viel zu hohe Gebühren fällig, wie der EU-Wettbewerbskommissar fand. Seitdem kämpft die EU-Kommission gegen überteuerte Handykosten bei Auslandsgesprächen. 2007 führte Brüssel erste Preisobergrenzen ein. Zum 1. Juli verbucht die Kommission jetzt einen weiteren Erfolg. Europas Mobilfunkbetreiber müssen pünktlich zur Ferienzeit erneut ihre Preise senken.

Künftig kostet ein ausgehender Roaming-Anruf innerhalb der Europäischen Union maximal 39 Cent pro Minute plus Mehrwertsteuer. Wer mit seinem deutschen Handy ein Gespräch im europäischen Ausland annimmt, zahlt einen Höchstpreis von nur noch 15 Cent. Erstmals reguliert die EU auch Preise für das Datenroaming, also die Nutzung von internetfähigen Laptops und Smartphones im Ausland.

Warnung gegen den Rechnungsschock

Eine automatische Kostenobergrenze liegt bei 50 Euro, sofern der Nutzer nicht selbst ein niedrigeres oder höheres Limit gewählt hat. Alle Preise gelten zuzüglich Mehrwertsteuer. In Deutschland beträgt die gesetzliche Obergrenze somit 46 Cent für das ausgehende Gespräch, 18 Cent für den eingehenden Anruf, die Daten-Obergrenze liegt bei 59,50 Euro.

"Touristen und Geschäftsreisende, brauchen nun keine Rechnungsschocks mehr zu fürchten", sagte die für Telekommunikation zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes. Die Preise für ein- und ausgehende Anrufe auf Reisen innerhalb der EU sind heute um 73 Prozent niedriger als noch im Jahr 2005. Zum Vergleich: Ein Deutscher, der nach Frankreich reiste, zahlte 1,49 Euro für eine ausgehende Gesprächsminute.

Die Betreiber müssen ihren Kunden bei jeder Einreise in ein anderes EU-Land künftig außerdem die geltenden Datenroaming-Tarife mitteilen. Sie sind zudem verpflichtet, dem Nutzer eine Warnung schicken, sobald er 80 Prozent der festgelegten Kostenobergrenze erlangt hat. Wenn diese Grenze erreicht ist, muss der Betreiber die Mobilfunk-Internetverbindung unterbrechen, sofern der Kunde nicht ausdrücklich erklärt, dass er die Nutzung von Datenroamingdiensten fortsetzen möchte.

Außerdem sinkt die Obergrenze bei den Preisen für Datenroaming, die sich die Betreiber in Rechnung stellen von einem Euro auf 80 Cent pro Megabyte. Im kommenden Jahr fällt der Preis weiter auf dann 50 Cent.

Der Kampf geht weiter

Auch die Handypreise werden sinken: Für ausgehende Gespräche liegt die Preisgrenze ab Juli 2011 bei 35 Cent, für eingehende Telefonate bei elf Cent.

Damit ist der Kampf der EU-Kommission noch nicht beendet: "Ich bin entschlossen, für mehr Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt zu sorgen", erklärte Kroes. Die Kommission wird bis zum 30. Juni 2011 die Auswirkungen ihrer Verordnung überprüfen.

Die 2007 eingeführte Regelung gilt zunächst bis zum Jahr 2012. Bis 2015 sollen Roaminggebühren ganz abgeschafft werden. Der Kampf der EU müsse weitergehen, sagen auch Verbraucherschützer. Jede Preissenkung sei erfreulich, doch die Kosten halten sie nach wie für zu hoch.

Erst Anfang Juni wurde die Gebührenverordnung vom Europäischen Gerichtshof bestätigt. Die führenden europäischen Mobilfunkanbieter Vodafone, Telefonica O2, Orange und T-Mobile hatten gegen die Verordnung geklagt. Ihrer Ansicht nach hatte die EU unzulässig in den Markt eingegriffen und überzogene Preissenkungen erzwungen. Die Richter entschieden jedoch, die Begrenzung der Auslandstarife sei "geeignet und erforderlich" gewesen.

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