BMW Megacity Vehicle:Leicht und teuer

BMW stellt endlich Details des Elektrofahrzeugs Megacity Vehicle vor, das 2013 in Serie gehen soll. Wichtigste Nachricht: Carbon wird Stahl als Material ablösen.

Thomas Fromm

Bisher waren nur Eckpunkte des "Megacity Vehicle" bekannt. Einen Elektromotor soll es haben, und beim Material für sein neues Elektroauto setzt BMW auf den Leichtbaustoff Carbon. Doch jetzt lüftete der Hersteller das Geheimnis: Für den Einstieg in das Elektroauto-Zeitalter will BMW als erster Hersteller seinen Fahrzeugbau revolutionieren; er erfindet eine komplett neue Auto-Architektur.

Wie Manager des Konzerns in München erklärten, soll das Auto der Zukunft komplett aus leichtem Material gebaut werden. Das Gestell des Stadtautos, das 2013 in Großserie gehen soll, wird aus Aluminium bestehen. Die Fahrgastzelle darüber, also der Innenraum, wird ganz aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff, CFK, produziert.

BMW sucht damit nach einer Antwort auf die dringende Frage, die alle Wettbewerber antreibt: Was, wenn Elektroautos wegen ihrer nur geringen Reichweite von den Käufern nicht akzeptiert werden? Solange die Batterien noch groß und schwer sind, muss am Gewicht der Karosserie gearbeitet werden. Denn je leichter ein Auto, desto größer die Reichweite. Beispiel: Ein Mini wiegt 1100 Kilo, ein E-Mini schon 1460 Kilo - eben wegen der großen Batterie. "Die Batterie treibt in Zukunft die Fahrzeugarchitektur", sagt BMW-Entwickler Peter Ratz.

Carbon ist 50 Prozent leichter als Stahl und bis zu 30 Prozent leichter als Aluminium. Das Material aus Kohlenstofffasern rostet nicht und gilt als extrem crashfest. Schon heute wird das Material im Rennsport und in der Luftfahrtindustrie eingesetzt. BMW hatte bereits 2003 damit begonnen, den Baustoff in der Auto-Serienproduktion einzusetzen, so bei den Dächern für die Modelle M3 und M6. Das unter dem Arbeitstitel Megacity Vehicle konzipierte Stadtauto wäre nun das erste Auto, das in Großserie komplett auf den Leichtbaustoff zurückgreift.

2011 kommt bereits der Concept Active E

BMW geht damit einen anderen Weg als viele Wettbewerber, die bisher meist bestehende Automodelle nehmen und lediglich Verbrennungsmotor und Antrieb gegen einen Elektromotor austauschen. "Es genügt aber nicht, Autos mit traditionellen Verbrennungsmotoren einfach nur umzurüsten", sagt Entwicklungsmanager Ratz. Das Megacity Vehicle soll von 2013 an als neue Unter-Marke von BMW vertrieben werden. Das Projekt ist in mehrfacher Hinsicht ein Großexperiment: Der Hersteller testet nicht nur in großem Stil den Premiummarkt für Elektroautos, er geht auch bei der Fertigung vollkommen neue Wege und hat dazu eine eigene Produktionskette entwickelt.

Gemeinsam mit dem Joint-Venture-Partner SGL Carbon werden in den USA die Carbonfasern für das Auto hergestellt; diese werden dann in Wackersdorf zu Matten zusammengeknüpft. In Landshut schließlich entstehen daraus die eigentlichen Bauteile, die dann bei der Autoproduktion im Leipziger BMW-Werk verbaut werden. Noch ist über das endgültige Design des Autos nicht das letzte Wort gesprochen. Erste Skizzen, die BMW-Chefdesigner Adrian van Hooydonk in München präsentierte, zeigen: Das neue Elektroauto wird kein Kleinwagen, sondern ein sportlicher BMW mit großen Rädern. "Auch die Autos der Zukunft müssen solide, sicher und sportlich daherkommen", sagt van Hooydonk. Ein grünes Lifestyle-Auto, aber kein Öko-Auto.

Die neue Großserie ist das vorläufige Ende einer Entwicklung, die mit dem Feldversuch des E-Mini begann. Anfang 2011 dann kommt der Concept Active E auf die Straße, ein elektrischer Bruder des 1er als Coupé. Die letzte Vorstufe, bevor zwei Jahre später das Megacity Vehicle kommt. Die Konzernstrategen hoffen auf die Premium-Kundschaft, die auch den üblichen Premiumaufschlag wird zahlen müssen. Noch hüllt sich der Konzern über den Preis in Schweigen; Brancheninsider taxieren ihn auf "irgendwo zwischen 40.000 und 50.000 Euro". "Sie können davon ausgehen, dass wir vom Vorstand den Auftrag bekommen haben, damit Geld zu verdienen", sagt Ulrich Kranz, Leiter des BMW-Entwicklungsteams "project i", das alternative Motorenkonzepte vorantreiben soll.

Das Megacity Vehicle soll nur das erste Einstiegsfahrzeug sein. Danach soll es mit neuen Modellen weitergehen, bei BMW spricht man von einem "offenen Feld". Dem Konzern dürfte auch keine andere Wahl bleiben: Carbon ist als Rohstoff teurer als Stahl und Aluminium, das lohnt sich nur, wenn das Material möglichst breit zum Einsatz kommt. BMW könnte seine Carbonfasern irgendwann auch an Dritte weiterverkaufen. Eher unwahrscheinlich ist jedoch, dass man auch seine direkten Wettbewerber mit dem Material versorgen wird. Realistischer sei es, so BMW-Manager, dass man den Baustoff später etwa an die Hersteller von Windrädern verkauft.

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