Sebastian Frankenberger:Rauchverbot - ein Mann verändert Bayern

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Vom Vorsitzenden der Schülerunion zum obersten Verfechter des Nichtraucherschutzes. Nicht alles im Leben hat Sebastian Frankenberger so konsequent verfolgt, wie den Kampf gegen die Kippe.

Dietrich Mittler

Gebannt starrt Sebastian Frankenberger auf die große Leinwand im Münchner Traditionsgasthof Stemmerhof, wo jede Minute das vorläufige Endergebnis des Volksentscheids über ein verschärftes Rauchverbot erscheinen soll. "Es ist ein wunderbares Gefühl", wiederholt er wie ein Mantra, nachdem die eingehenden Meldungen ihm den klaren Sieg vorhersagen. "Dann plötzlich ruft er mit sich überschlagender Stimme: "Wir haben gewonnen."

Sebastian Frankenberger, Initiator des Volksbegehrens. (Foto: ag.ddp)

Im Saal bricht frenetischer Jubel aus, und Frankenberger macht für die vielen Kameras das Victory-Zeichen. Anschließend sagt er: "Beim Volksbegehren konnten wir aus den laufenden Prognosen bereits herauslesen, dass wir es schaffen - aber diesmal wusste ich selbst nicht, wie es ausgeht."

Stunden zuvor hatte er noch gesagt, er könne sich schon gar nicht mehr erinnern, wann er das letzte Mal nervös war. Nun aber beschleicht ihn dieses Gefühl - das bekommt allerdings keiner mit. "Ich weiß, dass ich vor der Kamera ein gutes Bild abgeben muss", gibt er zu. In diesem Augenblick bricht im Saal ohrenbetäubender Jubel aus: Der Volksentscheid ist durch.

Wildfremde Menschen, die über Monate hinweg für einen konsequenteren Nichtraucherschutz in Bayern Plakate geklebt, nachts Flyer in die Briefkästen ihrer Heimatgemeinden geworfen hatten, oder sich an Informationsständen als "Ökofaschisten" beschimpfen lassen mussten, fallen sich in die Arme. Frankenberger greift zum Mikrofon.

"Der Kerl hat es drauf", sagt Sofie Langmeier, die Pressesprecherin des Aktionsbüros Volksentscheid Nichtraucherschutz. Im Mai 2009, als die Kampagne "Für echten Nichtraucherschutz" begann, war Frankenberger noch einer, der eher in der zweiten Reihe saß: stellvertretender ÖDP-Geschäftsführer zwar, auch Stadtrat und Pfarrgemeinderatsvorsitzender in Passau. Doch keiner, der zehn Interviews am Stück geben muss wie jetzt.

Ein Blickfang war er aber damals schon. Einer, der mit gepuderter Perücke und Rokoko-Gewand Touristen durch Passau führte. Einer, der nicht weniger auffiel, wenn er die weiße Perücke abnahm und seine langen dunklen Haare über die Schulter fallen ließ.

Ein Paradiesvogel ist der Mann aus Passau, sein Lebenslauf voller Brüche: Bevor sich Frankenberger als junger ÖDP-Aktivist an bedrohte Bäume kettete, war er Vorsitzender der CSU-nahen Schülerunion in Passau. Das Lehramtsstudium in den Fächern Mathematik/Physik brach er ab, studierte stattdessen Theologie und brach auch das wieder ab. Nebenbei ließ er sich als Notfallseelsorger ausbilden, wurde staatlich geprüfter Fremdenführer in Österreich.

Er hilft als Religionslehrer aus und leitet ein Unternehmen für "Kostümtheaterstadtführungen". Und wenn noch Zeit bleibt, leuchtet er als Installationskünstler den Linzer Mariendom mit 400 Lampen aus - ein "Kaleidoskop des Glaubens". Er führt Ministranten als Senator verkleidet durch Rom und gestaltet Vernissagen und Tanzvorführungen.

Der Vater, der Zivilangestellter bei der Bundeswehr war, hätte sich für seinen Sohn eine andere Laufbahn gewünscht - etwas Handfestes. "Von ihm habe ich nie gehört, dass er stolz auf mich ist", sagt Frankenberger. Doch vom Vater hat er die Redegewandtheit geerbt und das Gespür, wie man Menschen begeistert.

Reaktionen zum Rauchverbot
:"Wenn das Volk entscheidet, hat es recht"

Ausgequalmt: In der bayerischen Gastronomie gilt künftig das bundesweit strengste Rauchverbot. Die Reaktionen in Bildern.

Ob als Fremdenführer mit gepuderter Perücke oder als erfolgreicher Aktivist, Frankenberger spielt ein Spiel. "Ich versuche stets herauszufinden, was die Menschen von mir wollen, was sie brauchen", sagt er. Das gilt auch im Umgang mit den Medien. Spricht er im Internetfernsehen zu jungem Publikum, klingt seine Stimme anders als in der Bayernchronik auf Bayern 2. "Ich bin halt einfach der kleine Schelm, dem das Spaß macht", sagt er. Manchmal macht ihm sein Spiel mit den Menschen selbst Angst: "Ich hoffe, dass ich nie mein Ziel aus den Augen verliere, meine Fähigkeiten für etwas Positives einzusetzen."

Er glaubt "an das Göttliche im Menschen" und daran, dass Menschen die Welt zum Besseren verändern können. Ist er von seiner Sache überzeugt, gibt er alles. In den Wochen des Volksbegehrens schaffte er es vor Erschöpfung nicht mehr in seine Wohnung und schlief ein Stockwerk darunter auf der Treppe ein. Sein ganzes angespartes Geld hat er in das Volksbegehren zum Nichtraucherschutz gesteckt. "Ich hab' jetzt nichts mehr", sagt er, "aber meine Mutter unterstützt mich total."

Im Dezember hatte Frankenberger einen ersten Erfolg. Am Abend des 3.Dezember 2009 brüllte er mit heiserer Stimme: "Wir haben soeben die Millionengrenze geknackt, unser Volksbegehren ist das erfolgreichste, das je in Bayern gestartet wurde."

Frankenberger arbeitet an sich. Und er hat noch viel vor - vor allem mit seiner Partei ÖDP. "Ich zähle zu denen, die diese Partei weiterbringen können", sagt er ohne Anflug von Bescheidenheit. Einen wichtigen Förderer hat er in Bernhard Suttner gefunden, dem bayerischen ÖDP-Landesvorsitzenden.

Frankenberger denkt gar nicht daran, wieder in die zweite Reihe zurückzutreten - egal, wie dieser Volksentscheid ausgeht. "Ich will etwas bewegen", sagt er. Ob in Passau, Rom oder irgendwo. Er hat gute Chancen.

© SZ vom 05.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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