Solln-Prozess:Dominik Brunner wusste nichts von seinem Herzfehler

Schicksalhafte Erkenntnisse im Prozess um die Tat von Solln: Dominik Brunner wusste nicht, dass er herzkrank war.

Christian Rost

Dominik Brunner wusste nicht, dass sein Herzmuskel krankhaft vergrößert war. Somit konnte der Manager, der am 12. September 2009 an den Folgen einer Prügelattacke starb, auch nicht das Risiko eines stressbedingten Herzstillstands absehen, als er sich mit Markus Sch. und Sebastian L. am S-Bahnhof in Solln anlegte.

Neue Erkenntnisse: Brunner starb an Herzversagen

Tatort Solln: Hier prügelten die beiden Jugendlichen auf Dominik Brunner ein, nachdem dieser sich schützend vor Schüler gestellt hatte. Brunner starb nach den Schlägen, die bei ihm ein Herzkammerflimmern auslösten.

(Foto: dpa)

Die damals 18 und 17 Jahre alten Jugendlichen müssen sich wegen Mordes an Dominik Brunner vor dem Münchner Landgericht verantworten. Sie schlugen den 50-Jährigen brutal zusammen, weil er sich schützend vor vier Schüler gestellt hatte, die von Sch. und L. bedroht worden waren. Brunner hatte nach übereinstimmenden Zeugenaussagen allerdings den ersten Schlag gegen die angetrunkenen Jugendlichen geführt.

"Herr Brunner hat keine Medikamente eingenommen und, wie sein Umfeld auch, angenommen, dass er gesund ist", sagte Oberstaatsanwältin Barbara Stocker am Montag der SZ. Die Anklage habe auch keine Erkenntnisse darüber, dass er sich wegen des Herzproblems jemals habe behandeln lassen. Er habe Sport getrieben und sich "körperlich fit" gefühlt, so Stockinger. Auch Brunners Eltern und seine langjährige frühere Lebensgefährtin hatten angegeben, nichts von einer Vorerkrankung gewusst zu haben. Dominik Brunner habe nie über einen Herzfehler gesprochen, hieß es da.

Seit bekannt ist, dass der Manager nicht unmittelbar an den Folgen der 22 Verletzungen, die ihm die Angeklagten zugefügt hatten, gestorben ist, sondern letztlich ein Herzkammerflimmern zum Tod geführt hat, wurde darüber spekuliert, ob sich Brunner bewusst war, welchem Risiko er sich bei seinem couragierten Einsatz für die Schüler aussetzte.

Vorige Woche deutete im Prozess vor der Jugendstrafkammer noch einiges darauf hin, dass er von seiner Herzschwäche gewusst haben muss und deswegen möglicherweise auch Medikamente eingenommen hat. Im Körper des Getöteten wurden bei der Obduktion Rückstände von Lidocain gefunden. Der Wirkstoff kann als Medikament zur Unterdrückung von Herzrhythmusstörungen verordnet werden, wird aber ebenso im Notfall als Gleitmittel für die Intubation verwendet. Damit kann Patienten ein Schlauch besser zu Beatmung in den Rachen eingeführt werden.

Auch Brunner musste nach der Prügelattacke künstlich mit Sauerstoff versorgt werden. Da der Mann selbst keine Medikamente eingenommen hatte, muss das Gleitmittel hierbei verwendet worden sein.

Hoeneß: Brunner weiter Vorbild

Als weiteres Indiz für eine bekannte Herzschwäche lässt sich eine Vorsichtsmaßnahme Brunners interpretieren: Er hatte in seinem Handy 244 Telefonnummern gespeichert, wobei es sich bei den meisten um private und geschäftliche Kontakte handelte. Im Verzeichnis fanden sich aber außerdem viele Notrufnummern von Rettungsleitstellen, Polizei und Feuerwehr. Für einen Menschen, der mit einem Herzstillstand rechnen und dann rasch Hilfe anfordern muss, keine ungewöhnliche Maßnahme. Im Fall Brunner muss diese Nummernhäufung aber offenbar Zufall gewesen sein.

Für den Ausgang des Prozesses dürfte die medizinische Todesursache jedoch keine entscheidende Rolle spielen. Für die Staatsanwaltschaft steht weiter fest, dass Brunner nicht ohne die Attacke zu Tode gekommen wäre. Es bestehe ein kausaler Zusammenhang zwischen der Gewalteinwirkung durch die Angeklagten und dem Herzversagen.

Auch von Verteidigerseite heißt es, dass die Todesursache sich nicht unbedingt auf das Mordmerkmal auswirken müsse. Die Anwälte verweisen aber auf den ersten Schlag Brunners gegen die Jugendlichen, der die weitere Eskalation eingeleitet habe. Was dann passiert sei, könne allenfalls als Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge betrachtet werden. Die Angeklagten haben die Schläge und Tritte gestanden, sie bestreiten aber die Tötungsabsicht.

FC Bayern-Präsident Uli Hoeneß sieht in Dominik Brunner auch weiterhin ein Vorbild an Zivilcourage. Der Vorsitzende des Kuratoriums der Dominik-Brunner-Stiftung sagte der tz: "Da fangen ein paar Leute an, Opfer mit Tätern zu verwechseln." Obwohl Brunner zuerst zugeschlagen haben soll, stehe außer Frage, "dass er die Kinder beschützt hat". Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

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