Wallis Simpson:Die Broschenkönigin

Sie war die Frau, die König Edward VIII. zum Abdanken brachte. Nun kommt der Schmuck der Amerikanerin Wallis Simpson, deren Leben für Luxus und Müßiggang stand, unter den Hammer.

Wolfgang Koydl

Für die meisten Europäer dürfte das Jahr 1940 keine Zeit ausufernder Lebensfreude und reinen Genusses gewesen sein. Der Zweite Weltkrieg hatte den Kontinent erfasst, die Zukunft war dunkel und ungewiss, und auch wirtschaftlich machten sich die ersten Engpässe bemerkbar.

Ein Paar jedoch lebte sorgenlos in den Tag hinein, ohne Gedanken zu verschwenden an Krieg und Krise: Seit seinem Verzicht auf den englischen Thron genossen Edward, der Herzog von Windsor, und seine Frau, die Amerikanerin Wallis Simpson, ein Leben des Luxus und des Müßiggangs auf den Bahamas, in der Schweiz und in Frankreich. Sie bereisten die Welt, besuchten die schicksten Kurorte und dinierten in den besten Restaurants. Vor allem aber überhäuften sie einander mit ausgesuchten Juwelen: Broschen, Colliers, Armbändern, Manschettenknöpfen und Zigarettenetuis. Und im Jahr 1940 überraschte Edward seine Wallis mit einem besonders edlen Stück: einer Brosche aus dem Haus Cartier in Form eines farbenprächtig funkelnden Flamingos aus Diamanten, Rubinen, Smaragden und Saphiren.

Der Flamingo gehörte zu jener außergewöhnlichen Sammlung der Windsors, die als teuerste private Juwelen-Kollektion des 20. Jahrhunderts bezeichnet wurde. Ein kleiner Teil, insgesamt 20 Stücke, wird demnächst vom Londoner Auktionshaus Sotheby's versteigert - erst zum zweiten Mal seit dem Tod der Herzogin im Jahr 1986. Die erste Auktion in Genf war eine weltweite Sensation gewesen. Die insgesamt 306 Stücke erzielten einen Gesamtpreis von mehr als 75 Millionen Schweizer Franken; mehr als 2000 Bieter in Genf und in New York hatten sich beteiligt.

Die Pretiosen, die im Herbst unter den Hammer kommen und vom Auktionshaus gerade der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, dürften nach Erwartungen von Sotheby's gut drei Millionen Pfund einbringen. Die Identität des Verkäufers ist nicht bekannt. Auch als er die Stücke vor mehr als 20 Jahren kaufte, war er anonym geblieben. Sotheby's will lediglich preisgeben, dass es sich um einen privaten Sammler handele.

Prunkstück der Auktion dürfte zweifellos die Flamingobrosche sein, die angefertigt wurde, als deutsche Truppen auf dem Vormarsch nach Paris waren und deren Wert heute auf eine bis anderthalb Millionen Pfund taxiert wird. Nicht weniger entscheidend sei die persönliche, ja fast intime Dimension. Es seien Schmuckstücke, "deren Gravuren die Geschichte der vielleicht größten Liebesgeschichte des 20. Jahrhunderts erzählen, einer Romanze, die Edward VIII. dazu veranlasste, als König von Großbritannien abzudanken", erklärt David Bennett, Leiter der Juwelenabteilung von Sotheby's für Europa und den Nahen Osten. Immer wieder taucht das Monogramm der Buchstaben W und E auf. Es steht für Wallis und Edward, doch gemeinsam ergibt es das englische Wörtchen "we" für wir.

Auf einem Satz diamantener Manschetten- und Hemdbrustknöpfe findet sich die Aufschrift "Hold tight" - "halte fest". Was als Aufforderung an den Knopf gelesen werden könnte, seine Aufgabe zuverlässig zu erfüllen, war jedoch die Ermahnung, die Wallis Simpson, die zweimal geschiedene und vom Hof in London angefeindete Amerikanerin, ihrem Edward einimpfte: Bleibe stark und wanke nicht.

Eines der persönlichsten Schmuckstücke ist ein Sammelarmband aus neun schlichten Kreuzen, das Rückschlüsse darauf zulässt, was den Windsors im Leben wichtig erschien. Jedes Kreuz markiert ein besonderes Ereignis: Saphir, Smaragd und Diamanten zum Andenken an die Hochzeit des Paares und eines aus Aquamarin als Dank, dass ein Attentat auf Edward missglückte. Andere Kreuze stehen für Wegmarken, die vielleicht nicht ganz so entscheidend waren: ein Amethyst beispielsweise zur Erinnerung an eine Blinddarmoperation der Herzogin, und ein Smaragd zum feierlichen Gedenken an eine Röntgenaufnahme, der sich Wallis Simpson unterzog. Immerhin wurde dabei festgestellt, dass ein Magengeschwür der Duchess verheilt war.

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