Rauchverbot:Sebastian Frankenberger - an die frische Luft geschickt

Opfer oder Provokateur? Sebastian Frankenberger, Initiator des rigorosen Rauchverbots in Bayern, sagt, er sei eines Bierzelts verwiesen worden. Der Festwirt sieht das anders.

Kathrin Haimerl

Sebastian Frankenberger mag es zünftig: "Eine Schweinshaxn und eine Apfelschorle" lasse er sich im Bierzelt gerne schmecken, hatte der überzeugte Abstinenzler im Chat von sueddeutsche.de verraten. Am Sonntag nun, dem ersten Tag des rigorosen Rauchverbots in Bayern, für das Frankenberger an vorderster Front gekämpft hatte, besuchte der Passauer - begleitet von Kameras des Bayerischen Rundfunks - ein Bierzelt in Waldkirchen, einer Stadt im Bayerischen Wald ungefährt 30 Kilometer von Frankenbergers Heimat Passau entfernt. In dem Ort findet derzeit das Volksfest statt.

Rauchverbot: Eckt in seiner Heimat an: der Initiator des rigorosen Rauchverbots in Bayern, Sebastian Frankenberger.

Eckt in seiner Heimat an: der Initiator des rigorosen Rauchverbots in Bayern, Sebastian Frankenberger.

(Foto: Dietrich Mittler)

Frankenberger also wollte am Sonntag die rauchfreie Luft im Zelt testen. Knappe fünf Minuten habe er sich umgeschaut und dann an einen Biertisch gesetzt. Daraufhin hätten sich andere Besucher demonstrativ zu ihm gesetzt, und sich Zigaretten angezündet. "Es gab Buhrufe", sagt Frankenberger zu sueddeutsche.de. Dann sei er "unter dem Applaus der Bedienungen aus dem Festzelt katapultiert" worden. Er habe sich der Anweisung gefügt, sagt Frankenberger. "Ich wollte nicht provozieren, ich habe mich auch nicht provokant verhalten. Im Gegenteil, ich habe versucht, zu deeskalieren."

Stimmt nicht, sagt indes Festzeltwirt Werner Pongratz. Der Waldkirchener schildert das Geschehene anders: Frankenberger hätte sich mit den Kameras in der Mitte des Festzelts postiert und demonstrativ Interviews gegeben. Die Volksfest-Besucher hätten sich dadurch regelrecht provoziert gefühlt. "Ich habe Herrn Frankenberger dann gebeten, das Festzelt zu verlassen - zu seiner eigenen Sicherheit", sagt Pongratz und fragt: "Warum muss er mit Radio und Fernsehkameras mitten im Festzelt Interviews geben?" Sebastian Frankenberger hätte ihn dann aufgefordert, den Platzverweis in die Kameras zu sprechen, Pongratz aber habe sich geweigert: "Er hat bei mir nicht Hausverbot."

Seit sechs Jahren betreibt Werner Pongratz das Festzelt auf dem kleinen Waldkirchener Volksfest. "Und kein einziges Mal habe ich Herrn Frankenberger unter meinen Gästen gesehen", sagt Pongratz, den die Lokalpresse als "leidenschaftlichen Raucher" bezeichnet.

Sebastian Frankenberger gibt sich am Telefon entspannt: "Das muss man locker sehen." Außerdem sei er zufrieden mit dem, was er in Waldkirchen gesehen habe: "Das Zelt war rauchfrei, die Leute sind zum Rauchen rausgegangen." Das sagt auch Festzeltwirt Werner Pongratz: Mit der Durchsetzung des Rauchverbots habe es keine Probleme gegeben. Auch wenn die Stimmung im Festzelt darunter leide: "Viele Besucher stehen einfach häufig draußen vor dem Zelt, um zu rauchen."

In seiner niederbayerischen Heimat polarisiert Frankenberger stärker als anderswo: Beim Volksentscheid am 4. Juli fuhr der ÖDP-Politiker in Passau eines der schlechtesten Ergebnisse in Bayern ein, lediglich 51,9 Prozent stimmten mit "Ja", bayenweit waren es 61 Prozent. Der Passauer macht dafür unter anderem die Berichterstattung eines lokalen Sonntagsblatts mitverantwortlich.

Seither sieht er sich ständigen Anfeindungen ausgesetzt, dabei gibt er sich seit des durchschlagenden Erfolgs des Volksentscheids zahm. Gegen die Ausnahme der "geschlossenen Gesellschaft", die das bayerische Umweltministerium in den Vollzugshinweisen zum Nichtraucherschutzgesetz vorsieht, wolle er nicht vorgehen. Stattdessen kündigt nun ein Münchner Anwalt an, gegen die Schlupflöcher vor Gericht ziehen zu wollen. Der Jurist ist der Ansicht, das Ministerium setze sich über den Willen des Gesetzgebers hinweg, sagte er dem Münchner Merkur.

Auszeit in Rom

In München hat das Kreisverwaltungsreferat am Sonntag mit den stichprobenartigen Kontrollen der früheren Raucherkneipen begonnen. 41 Lokale seien kontrolliert worden, teilte ein Sprecher des Kreisverwaltungsreferats mit. Das KVR habe drei Bußgeldverfahren eingeleitet. Dass das Rauchverbot eingehalten werde, lasse sich aus diesen Zahlen aber noch nicht ablesen, sagt der Sprecher. "Eine Prognose, wie das Rauchverbot eingehalten wird, ist noch schwierig", sagt der Sprecher.

Trotzdem gibt sich das KVR wie auch der Bayerische Städtetag zuversichtlich: Es werde keine Raucherpolizei geben, kündigten Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle und Städtetags-Geschäftsführer Reiner Knäusl an: "Wir gehen davon aus, dass das eingehalten wird", sagte Knäusl.

Und auch Sebastian Frankenberger gibt sich zuversichtlich, was die heftigen Reaktionen auf seine Person betrifft. Er glaubt, dass der Zorn seiner Mitbürger bald verrauchen werde. "In ein paar Wochen beruhigt sich das schon wieder", sagt er. Derzeit nimmt er sich übrigens eine Auszeit von Passau: Er ist gemeinsam mit etwa 45.000 bayerischen Messdienern bei der Internationalen Ministrantenwallfahrt in Rom. Das mit dem Nichtraucherschutz, sagt Frankenberger gutgelaunt, klappe im Vatikan bereits bestens.

Doch selbst im Kirchenstaat gilt das Rauchverbot nicht ausnahmslos: Die Weihrauchfässer dürfen die Ministranten weiter schwenken.

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