Gentechnik in der Landwirtschaft:Unerwünschtes auf dem Teller

Geklonte Tiere will in der EU niemand essen, der Verkauf ist verboten. Doch das Fleisch ihrer Nachfahren ist schon auf den Markt gelangt.

Katrin Blawat

Als er noch lebte, haben sich nur wenige Menschen für Dundee Paratrooper interessiert. Vergangenes Jahr wurde der Bulle in Großbritannien geschlachtet, sein Fleisch verkauft und gegessen - und nun beschäftigt sich die britische Lebensmittelaufsichtsbehörde FSA mit ihm. Mit seiner Herkunft vor allem, denn unter seinen Vorfahren gibt es einen Klon, hergestellt in den USA.

CLONED COWS

CLONED COWS Cloned cows Peggy Sue, right, and Anna Belle, left, are shown on a farm operated by Viagen, Tuesday, Oct. 4, 2005, outside of Austin, Texas. Austin-based ViaGen is seeking to create juicier steaks and cheaper milk by cloning prized meat producers and prodigious milkers for profit. (AP Photo/Thomas Terry)

(Foto: AP)

Dass in der Europäischen Union Fleisch von Nachkommen geklonter Tiere in den Handel gelangt, vermuten Verbraucherschützer und Umweltverbände schon lange. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Verbrauchern Produkte von geklonten Tieren unbemerkt untergeschoben werden, ist ziemlich groß", sagte Christoph Then, Geschäftsführer von Testbiotech, als er kürzlich eine von ihm erstellte Studie zum Thema veröffentlichte. Doch bestätigte Belege wie im Fall Dundee Paratrooper gibt es wenige.

Unklar ist noch, ob auch Milch von Nachkommen geklonter Rinder in Großbritannien in den Handel gelangt ist. Auf einen entsprechenden anonymen Hinweis hin hatte die FSA mit ihren Nachforschungen begonnen. Dabei stieß sie eher zufällig auf Dundee Paratrooper sowie einen weiteren, erst vor wenigen Tagen in Großbritannien geschlachteten Bullen, der ebenfalls einen Klon zu seinen Vorfahren zählt.

Sein Fleisch wird aber nicht mehr in den Handel kommen. Einem Zeitungsbericht zufolge wurden in Großbritannien in den vergangenen vier Jahren mehr als 100 Rinder gezüchtet, die die gleiche Entstehungsgeschichte haben wie die beiden Bullen. Stimmen diese Angaben, haben die britischen Verbraucher wahrscheinlich schon früher unbemerkt Fleisch von den Nachkommen geklonter Tiere verzehrt - "Klonfleisch", wie es oft genannt wird.

Diese Bezeichnung ist griffig, aber falsch. Denn nichts an Dundee Paratrooper ist geklont. Er wurde auf die übliche Weise gezeugt, er hat eine leibliche Mutter und einen Vater, deren Genome sich beide von seinem eigenen unterscheiden. Dies gilt auch für die Eltern des Bullen.

Erst in der Großeltern-Generation kommt die Klontechnik ins Spiel. Bei Rindern bedient man sich meist der sogenannten Zellkern-Transplantation. Dazu entnimmt man einem Tier eine Hautzelle, isoliert deren Zellkern und setzt diesen in die entkernte Eizelle einer anderen Kuh. Den so geschaffenen Embryo pflanzt man entweder sofort einer Leihmutter ein, die ihn austrägt. Oder man friert den Embryo ein, um ihn zu verschicken - beispielsweise aus den USA nach Großbritannien. Wie oft dies in den vergangenen Jahren geschehen ist, weiß die FSA nach eigenen Angaben nicht.

In den USA darf die Milch geklonter Rinder und das Fleisch ihrer Nachkommen seit zwei Jahren ohne besondere Kennzeichnung verkauft werden. In der Europäischen Union gibt es noch keine endgültige Entscheidung.

Zwar beschlossen die Mitgliedsstaaten im vergangenen Jahr, den Verkauf derartiger Produkte zu erlauben, nachdem die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) keine Sicherheitsbedenken gehabt hatte.

Das EU-Parlament allerdings sprach sich vor einem Monat dafür aus, den Verkauf der Milch von geklonten Tiere und das Fleisch ihrer Nachkommen zu verbieten. Weder in der EU noch in den USA darf das Fleisch geklonter Tiere selbst verkauft werden.

Es wäre auch ein sehr teures Steak. Ein Rind zu klonen, kostet bis zu 20.000 Dollar. Wer Rinder klont, will kein exotisches Essen schaffen, sondern das Erbgut von Hochleistungstieren erhalten, entweder für die Landwirtschaft, oder, wie kürzlich in Spanien geschehen, für den Stierkampf.

Ein guter Zuchtbulle in der Landwirtschaft kann eine halbe Million Euro wert sein. Vor allem in Südamerika, den USA, Japan und Korea ist das Klonen von Rindern mittlerweile nahezu Routine.

Doch da die geklonten Nutztiere in keinem Register erfasst sind, weiß niemand, wie viele es gibt. Vor drei Jahren schätzte die Efsa die Zahl der geklonten Rinder innerhalb der EU auf etwa 100, weltweit auf knapp 4000. Außer Rindern werden in geringerem Umfang auch Schweine geklont.

Verbraucherschützer wie die Organisation Foodwatch und Umweltschutzverbände kritisieren das Klonen von Nutzvieh vor allem aus ethischen Gründen, und auch das EU-Parlament hat sein ablehnendes Votum mit dem Tierschutz begründet.

Geklonte Tiere sind häufiger als andere missgebildet, ihre Organe arbeiten in vielen Fällen nicht richtig und sie sterben oft in jungen Jahren. Es sei außerdem unnötig, Rinder zu klonen, argumentiert Foodwatch, denn den steigenden Fleischbedarf helfe die Technik nicht zu befriedigen. Ähnlich sehen es die EU-Bürger. In Umfragen spricht sich immer wieder die Mehrheit dafür aus, den Verkauf von Produkten geklonter Tiere zu verbieten.

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